Wenn die Tage wieder länger werden und die Fastenzeit ihr Ende nimmt, dann ist Ostern nicht mehr weit entfernt. Wie jedes Jahr eignet sich... Groundhopper’s Diary | Football’s coming home – zu Besuch in England und Schottland (Teil 1)

Wenn die Tage wieder länger werden und die Fastenzeit ihr Ende nimmt, dann ist Ostern nicht mehr weit entfernt. Wie jedes Jahr eignet sich dieser Zeitpunkt sehr, um auf die Insel zu fliegen, wo der zu Osterfeiertagen stattfindende Doppelspieltag immer zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten in den Profiligen Englands zu bieten hat. Da auch die unteren Profiligen zu dieser Zeit vermehrt unterschiedliche Beginnzeiten haben, war dies mitunter auch einer der Hauptgründe, warum diesmal auch kein Spiel der englischen Premier League besucht wurde. Um aber dem Bericht nicht zu viel vorweg zu nehmen, werden alle weiteren Gründe im Laufe der Erzählung sowieso näher erörtert.

Da wir mit der Flugbuchung knapp zwei Monate vor Ostern doch etwas spät dran waren, konnten wir zwar nicht mehr die günstigsten Angebote erhaschen, jedoch schon vom Spielplan her sehen, dass vom Karfreitag bis zum Dienstag nach Ostern durchgehend gespielt wird. So haben wir eben diesen Zeitraum als Dauer unserer Reise festgelegt. Leider machten uns dennoch die Vereine aus Manchester einen Strich durch die Rechnung, da sie durch ihre (wenn auch nur kurze) Europa-League-Anwesenheit auch unsere Planungen beeinflussten. Die F.A. setzte die Spiele der beiden Clubs auf Ostersonntag fest, wodurch sich von unserer Seite geplante Spiele der Premier League vom Ostermontag oder dem darauf folgenden Dienstag auf den Mittwoch verschoben haben. So fiel der eigentlich fix eingeplante Besuch vom Spiel Wolverhampton gegen Arsenal leider ins Wasser. Dennoch war der Ostersonntag tatsächlich der entscheidende Tag für die nähere Tourplanung. Da an diesem Tag nur in der Premier League gekickt wurde und diesmal kein passendes Spiel für uns dabei war, müssten wir über die Grenzen Englands schauen. Selbst die puncto Anstoßzeiten oftmals gut anzufahrende walisische Liga hat uns im Stich gelassen hat und so waren die Schotten unsere letzte Rettung. Diese hatten auch ein Einsehen mit uns und terminisierten das Spiel der Hibs aus Edinburgh gegen Motherwell auf Sonntag. Da mir der Länderpunkt Schottland sogar noch fehlte, war klar, dass die diesjährige Inseltour auch einen Abstecher nach Schottland beinhalten wird.

Begonnen hat die Tour allerdings viel weiter südlich von Schottland. Da wir über London Heathrow geflogen sind, war dies auch mehr als verständlich. Am Karfreitag spielte Reading gegen Leeds United bereits um 14 Uhr. Reading belegte sogar einen Direktaufstiegsplatz belegte, wodurch das Interesse an dieser Partie erwartungsgemäß groß war. Mit nahezu 23.000 Zuschauern war das Spiel im Madejski Stadium fast ausverkauft und Leeds brachte seinerseits auch eine ordentliche Anzahl an Supportern nach Berkshire. Auf dem Rasen fiel Leeds anfangs nur durch eine überharte Gangart auf. Dies hatte bereits nach 13 Minuten einen Platzverweis für das Team aus Yorkshire zur Folge. Auch mit zehn Mann holzte United munter weiter, jedoch blieben zwei weitere brutale Attacken vom Schiedsrichter ungeahndet. Reading machte zwar spielbestimmend weiter, zollte aber Leeds nunmehr mehr Respekt. In der zweiten Halbzeit entwickelte sich ein Geduldsspiel auf ein Tor, jedoch brachten die Royals den Ball nicht über die Linie. Es bleib daher weiter spannend. Leeds hatte zwar nicht viele Chancen, eine verfehlte das Gehäuse aber nur sehr knapp. Eine Führung für die Gäste wäre jedenfalls mehr als unverdient gewesen. Manchmal hat der Fußballgott eben doch ein Einsehen und so siegte an diesem Nachmittag die Gerechtigkeit. Die Entscheidung brachte die Einwechslung von Adam Le Fondre. Der Readinger Publikumsliebling stand in der Schlussphase zweimal goldrichtig und sicherte mit diesen beiden Treffern drei wichtige Punkte für die langersehnte Rückkehr in die Premier League.

Wir mussten uns allerdings zum Auto beeilen, denn es sollten in den nächsten drei Stunden rund 300 Kilometer zurückgelegt werden, um in die Region von Manchester zu gelangen. Normalerweise verbindet man dies mit Agglomeration und Vorstadtatmosphäre, aber in Macclesfiled, das sich nur 25 Kilometer weit vom Stadtzentrum Manchesters entfernt befindet, ist die ländliche Idylle vorherrschend. Die Kleinstadt in Cheshire liegt an der Grenze des Peak-District-Nationalparks und fernab von den Hauptverkehrsadern des Landes. Seit nunmehr 15 Jahren spielt Macclesfield Town in den englischen Profiligen und seitdem der Hauptort Chester von der Bildfläche des Profifußballs verschwunden ist (derzeit nur mehr achtklassig!), ist man auch das fußballerische Aushängeschild der Grafschaft. Doch wie es nun aussieht, müssen die Silkmen wohl in Conference absteigen. Durch ein katastrophales Frühjahr wurde man auf die Abstiegsplätze durchgereicht, die man aufgrund der derzeitigen Formkurve wohl auch nicht mehr verlassen wird.

An diesem verregneten und kühlen Abend war das Team aus Shrewsbury der Gegner. Die Gäste und deren zahlreiche mitgereisten Anhänger, die sich größtenteils auf der unüberdachten und alten Stehplatztribüne befanden, gingen vor 3.403 Zusehern sehr motiviert an ihre Aufgaben. So gelang Shrewsbury Mitte der ersten Halbzeit der Führungstreffer. Danach wurde das Ergebnis gekonnt verwaltet, ehe sich doch noch eine spannende Schlussphase entwickelte. Auf das 2:0 der Gäste folgte postwendend der Anschlusstreffer, wodurch auch beide Fanlager aus ihrer Lethargie erwachten und nochmals alles gaben. Shrewsbury gelang aber noch ein dritter Treffer, was die Gästefans endgültig in Extase versetzte, denn der Direktaufstieg ist den Shrews – nach einem erneuten Auswärtssieg – wohl nicht mehr zu nehmen. Macclesfield wurde von uns zwar unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Richtung Carlisle, wo wir unser Quartier gebucht hatten, verlassen, jedoch wird uns der Verein als Sinnbild für den in der Football League immer weniger werdenden Fußball aus einer kleinen Stadt mit einem älteren Kleinstadion in Erinnerung bleiben.

Durch die späte Ankunft und die zeitige Abreise blieben wir in Carlisle wirklich nur zum Übernachten und zum Auftanken. Da in Kilmarnock schon um 12 Uhr der Anpfiff war, konnten wir uns auch nicht richtig ausschlafen und mussten zeitig los. Zum Glück loste uns das Navi nach dem Grenzübertritt den direkten Weg über die Landstraße durch Südwestschottland nach Kilmarnock. Zeittechnisch wird dies wohl nicht der optimale Weg gewesen sein, allerdings konnten wir so die wirklich beeindruckende Landschaft genießen. Falls jemand schon einmal in Island war, wird er in Schottland wieder an die grünen Hügel und die sich zwischenzeitlich doch abrupt ändernde Landschaft erinnert. Steinwüsten und Erdhügel in den bizarrsten Farben kommen dann in Schottland aber doch nicht so häufig vor wie in Island. Wenn dazu aber noch Hochlandrinder am Straßenrand auftauchen, wird auf jeden Fall ein Fotostopp eingelegt. Jedenfalls kamen wir aber zeitgerecht in Kilmarnock an, sodass wir noch problemlos einen Parkplatz in der nahen Umgebung des Stadions fanden. Weiter ging es dann per pedes und je näher wir zum Stadion kamen, desto größer wurden die Fanströme in Grün-Weiß. Ein unbeirrbares Zeichen: Heute ist Celtic Glasgow zu Gast. Wir entzogen uns diesem schon fast einer Invasion gleichenden Rummel und besorgten uns Tickets für die Haupttribüne. Eine andere Kategorie wäre sowieso nicht verfügbar gewesen, denn alle drei weiteren Tribünen waren bereits fest in grün-weißer Hand. Wir staunten nicht schlecht über diesen Anblick und waren begeistert vom Support Celtics, der von drei Tribünen kam! Warum der 18.000 Zuschauer fassende Rugby Park an diesem Samstag rappelvoll war, war anfangs doch sehr verwunderlich, denn mittlerweile schaffen es nicht einmal mehr Celtic oder die Rangers bei ihren Auswärtsspielen – abgesehen vom Old Firm – das Stadion des Gegners voll zu bekommen. Ohne die beiden Großklubs aus Glasgow wäre die schottische Premier League sowieso sehr schwach besucht. Aber wer im eigenen Land selbst eine Vielzahl an Vereinen in Bundesliga hat, deren Zuschauerzahlen unter ferner Liefen sind, sitzt bekanntlich im Glashaus und soll daher nicht mit Steinen werfen.

Der Grund für die hohe Anzahl der Gästefans war auch schnell ausfindig gemacht, denn Celtic konnte sich mit einem Sieg definitiv zum Meister küren. Objektiv betrachtet ist Meisterschaft bereits durch den 10-Punkte-Abzug gegen die Rangers aufgrund der Eröffnung ihres Konkursverfahrens entschieden worden. Aber wer selbst einmal am Tag der Meisterschaftsentscheidung zu Gunsten des eigenen Vereins miterlebt hat, kann die Völkerwanderung der Bhoys mehr als nachvollziehen. Celtic schien von Kulisse sehr angetan zu sein und legte auf dem Rasen so motiviert los, als würde es kein morgen geben. Bereits nach acht Minuten fiel der erste Treffer für Celtic und als es nach 17 Minuten  2:0 stand, begann die Party auf den Rängen so richtig. Die letzte Anspannung wich der Gewissheit des heutigen Sieges und dem einhergehenden Gewinn der Meisterschaft. Zur Pause stand es dann schon 4:0 für Celtic, sodass man bei diesem Spielstand schon fast Mitleid mit den Killies haben musste. In der zweiten Halbzeit wurde ausschließlich auf den Rängen gefeiert, auf dem Rasen tat sich wenig bis gar nichts mehr. Erst in der Schlussphase gab es wieder Torjubel und wie konnte es anders sein, es trafen die Gäste aus Glasgow. Ein Doppelschlag fixierte den Endstand von 0:6 aus der Sicht Kilmarnocks. Nach dem Schlusspfiff brachen dann alle Dämme und die Gästefans feierten mit ihrer Mannschaft den Gewinn der Meisterschaft. Wir konnten dieser Feier leider nicht beiwohnen, denn es hieß rund 30 Kilometer in den Norden zu fahren, um rechtzeitig zum Heimspiel der Glasgow Rangers zu gelangen.

Wider erwarten hatten wir weder bei der Zufahrt zum Ibrox Stadium noch beim Finden eines Parkplatzes gröbere Probleme, sodass wir ohne Zeitnot unsere Karten abholen und kurz vor Spielbeginn unsere Plätze einnehmen konnten. Auch wenn die Rangers finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen und sich mit Bocanegra, Edu und dem Ex-Austrainer Sasa Papac nur mehr wenige namhafte Legionäre in der Startaufstellung gegen den FC St. Mirren befanden, war das Stadion mit fast 47.000 Zuschauern nahezu ausverkauft. Im Ibrox Stadium gab es vor Spielbeginn eine Choreographie, die als Protest gegen die drohende Liquidierung des Vereins anzusehen war. Auf jedem Platz wurde ein roter A4-Zettel verteilt, der beim Einlauf der Mannschaften in die Höhe gehalten wurde. Die Devise war mit „say no to liquidation“ einfach und klar und es war zugleich eindrucksvoll wie die Fans ihren Unmut über eine mögliche Auflösung ihres Vereins kund taten. Aber nicht nur wegen dieser Choreographie war es wichtig, zu Spielbeginn im Stadion zu sein, denn schon in der ersten Minute fiel der erste Treffer für die Rangers. Es war ein wahrlich schlechter Start für St. Mirren, die das Spiel quasi mit einem 1:0-Rückstand beginnen mussten. Wenn man aber denkt, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann, dann irrt man sich meistens. Nach einer Attacke im Strafraum der Rangers gab es bereits nach zwölf Minuten Elfmeter gegen St. Mirren! Doch der Strafstoß wird neben das Tor gesetzt und die Gäste können vorerst einmal durchatmen. Ab diesem Zeitpunkt war die Pechsträhne St. Mirrens bis zur 40. Minute unterbrochen, doch dann schafften es die Rangers endlich einen ihrer zahlreichen Angriffe im Tor zu versenken. Mit 2:0 ging es auch in die Pause und wenige Minuten nach Wiederanpfiff wurde es noch einmal spannend. Wider den Spielverlauf kam auch St. Mirren einmal vor das Tor der Rangers und nach einem rüden Einsteigen gab es Elfmeter für die Gäste. St. Mirren zeigte den Rangers wie man erfolgreich einen Strafstoß verwertet und verkürzte auf 2:1. Nur zwei Minuten später gab es dasselbe Szenario auf der anderen Seite des Spielfeldes, wobei St. Mirren nicht nur mit einem Elfmeter, sondern auch noch mit einer klaren roten Karte, aufgrund des Torraubes, bestraft wurde. Das Publikum zückte erneut die vor Spielbeginn verteilten roten Karten und so wurde der Spieler Tesselaar von etwa 45.000 roten Karten in die Kabine begleitet. Auch wenn diesmal ein anderer Spieler vom Punkt die Verantwortung übernahm, wollte es an diesem Nachmittag mit den Rangers und den Elfmetern einfach nicht klappen. Diesmal entschärfte der St. Mirren Goalie Samson den Strafstoß. In der 60.Minute dachte sich der Schiedsrichter, dass aller guten Dinge drei sind und er sprach den Rangers den dritten Strafstoß zu. Der gerade eingewechselte Lafferty dürfte von der Bank aus seine Teamkollegen sehr gut beobachtet und daraus gleich gelernt haben, wie man einen Elfmeter eben nicht schießen sollte. Er verwandelte diesen Elfmeter trocken zum 3:1. Danach war die Luft aus dem Spiel draußen. Die Rangers führten klar und waren in Überzahl, sodass sich bis zum Schlusspfiff nichts Nennenswertes mehr ereignete. Die Vizemeisterschaft und die Qualifikation für die Europa League wurden seitens der Rangers sportlich problemlos erreicht. Ob sie im nächsten Jahr international antreten dürfen oder ob sie überhaupt an der schottischen Premier League teilnehmen werden, entscheiden wohl der Konkursrichter, die schottische F.A. und die UEFA.

Wir blieben noch ein wenig in Glasgow und besuchten die Innenstadt, ehe wir zu unserem in Falkirk gelegenen Quartier weiterfuhren. Dieser Tag in Schottland täuschte mit den zwei nahezu ausverkauften und unterhaltsamen Spielen schon ein wenig über die wahre Lage des in der Krise befindlichen schottischen Fußballs. Immerhin hatten die Hibs aus Edinburgh und Motherwell bei unserer nächsten Station noch die Möglichkeit uns das wahre Gesicht der schottischen Premier League zu zeigen.

Ob uns Edinburgh derart enttäuscht hat und wie es am Ostermontag in England weiterging, ist dann Inhalt des zweiten Teils der Inseltour!

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Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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