Es war wieder soweit, Italien lockte zum wiederholten Male unsere diesmal vierköpfige steirische Reisegruppe. Es ging für fünf Tage zum südlichen Nachbarn um den... Groundhopper’s Diary | 6 1/2 Spiele in Bella Italia

Italien - Flagge_abseits.at

Es war wieder soweit, Italien lockte zum wiederholten Male unsere diesmal vierköpfige steirische Reisegruppe. Es ging für fünf Tage zum südlichen Nachbarn um den womöglich schönsten Dingen rund um den Erdball nachzugehen: Calcio, pizza, birra e belle ragazze!

Motiviert bis in die Haarspitzen ging es am 8. Dezember zu einer morgendlichen, jedoch humanen Zeit von Graz per ÖBB Intercity Bus und Zügen über Klagenfurt, Venedig und Bologna nach Reggio nell’Emilia. Am Programm stand das Europa League Gruppenspiel US Sassoulo – KRC Genk. Es ging vom Hochnebel geprägten, trist wirkenden Österreich, ins erhofft freundliche und warme Italien. Doch der Nebel vermochte nicht zu verschwinden. Denkste! Der Nebel wurde immer dichter und ließ angekommen am Zielort erste Befürchtungen aufkommen, ob bei solchen Bedingungen überhaupt gespielt werden kann.

Bei der Taxifahrt vom Bahnhof zum Hotel belehrte uns der Taxifahrer, dass dieser dichte Nebel ganz normal für die Region sei und schmunzelte verwegen ob unseres Unwissens. Angekommen beim Hotel gleich die nächste Hiobsbotschaft! Ein großer Mob von Belgiern nutzte unser in unmittelbarer Nähe des Stadions gelegenes Hotel um sich für das Spiel einzustimmen/trinken. Wie sich herausstellte brauchten die „Genkis“, wie die belgischen Fans in blau liebevoll genannt werden, die Bierreserven des Hotels nämlich zur Gänze auf. Sehr zu unserem Unmut, denn Supermärkte waren in dieser Umgebung, erst recht durch den Nebel „nicht aufzufinden“.

Und so gingen wir, als die letzten mitgebrachten österreichischen Birre geleert waren, auf Stadionsuche. Diese wurde wahrlich zur herausfordernden Suche, denn laut Google Maps befanden wir uns ca. 300 Meter vom Mapei Stadion entfernt – erkennen konnte man das Stadion trotz eingeschalteten Flutlichts nicht! Endlich den richtigen Weg gefunden und drinnen angekommen, war dann auch jedem hier anwesenden klar, dass man unmöglich ein Spiel durchführen kann! Wir waren beim Aufwärmen der Teams zwar anwesend, konnten die Spieler jedoch nicht erkennen. Die beiden Fanszenen machten sich zwar hin und wieder akustisch bemerkbar – über die Anzahl der im Stadion befindlichen Person können aber, wegen der geringen Sichtdistanz von etwa 40 Meter, nur Annahmen getroffen werden.

Nach zwei maliger Verschiebung des Anstoßes wurde das Match auf den nächsten Tag zur Mittagszeit verschoben. Eigentlich eine Hopper freundliche Anstoßzeit, doch für unsere Gruppe nicht dem Reiseplan entsprechend, da kurzfristige Umbuchungen unserer Weiterreise per Zug unser Budget immens belastet hätte. Also neun Stunden Anreise um einen schon bedeutungslosen Kick in der Rapid-Gruppe zu sehen, welcher dann wegen unglaublich dichten Nebels abgesagt wurde.

Wir nahmen es mit Humor und checkten noch das Stadion bzw. was wir davon sahen ab. Kurioserweise befand sich im Stadiongraben Wasser – viel Wasser sogar. So viel Wasser dass dieser Stadiongraben auch von Fischen beheimatet wird, welche durch die Stadionbesucher auch großzügig mit Popcorn gefüttert werden. Zurück im Hotel angekommen wurde der Kick Inter Mailand – Sparta Prag im TV verfolgt und währenddessen diskutiert ob der Ground nun als besucht zählt oder nicht. (Wir waren immerhin 90 Minuten anwesend).

Tags darauf ging die Weiterreise per Zug über Florenz nach Pisa, wo am Abend das Serie B Spiel AC Pisa – AS Bari stattfand. In der Arena Garibaldi dürfen sich trotz einer viel höheren Kapazität sicherheitstechnisch nur 8.000 Personen einfinden und diese 8.000 Karten waren einige Stunden vor Matchbeginn vergriffen. Also solltest du einen Trip nach Pisa planen, würde ich dir anraten unbedingt im Vorfeld Karten online zu kaufen, denn so mancher Hopper konnte sich, wie wir herausfanden, keine Tickets mehr für das Spiel sichern. Der Fan- bzw. Ticketshop von Pisa ist übrigens eine unscheinbare Tankstelle direkt neben dem Stadion.

Nach dem klassischen touristischen Programm, wobei wir auch zufällig einen Kollegen aus der Kurve in Graz trafen, stimmten wir uns bei einem Pizzawirten unweit des Stadions mit Panini e Birre auf das Spiel ein. Da zwischen den Fanclubs von Pisa und Sturm eine enge Fanfreundschaft besteht, wurden wir vom Wirt, aber auch von den unzähligen Imbiss-, als auch Stadiongästen äußerst offen und freundlich empfangen. Sogar einzelne Fanartikel fanden den Austausch bzw. haben nun einen fixen Platz für die Ewigkeit bei einem kleinen italienischen Pizzawirten gefunden.

Im Stadion selbst herrschte eine hervorragende Stimmung. Die Heimkurve scheute nicht den Einsatz von Pyrotechnik und auch von den ca. 150 mitgereisten, süditalienischen Gästen gab es ab und an Pyro, sowie netten Support. Das Spiel endete wie es für Gennaro Gattusos Mannen aus Pisa üblich ist mit 0:0. Trotz der europaweit rekordverdächtigen Tordifferenz (derzeit 8:12 nach 22 Spielen) gab es einen offenen Schlagabtausch und dadurch ein sehr ansehnliches Spiel, welches Pisa aufgrund der Großchancen für sich entscheiden hätte müssen. But that’s football!

Gut gelaunt auf dieses erste kleine Highlight zurückblickend ging es am Samstag mit dem Zug weiter nach Genua. Nach einem kurzen Sightseeing-Programm und Mittagessen in der Geburtsstadt von Christopher Columbus fuhren wir wiederum per Zug nach Chiavari. Die kleine Hafenstadt beheimatet den Zweitligisten Virtus Entella, welcher nach dem direkt neben dem Stadio Comunale von Chiavari ins Meer mündeten Flusses Entella benannt wurde. Es stand das Spiel Virtus Entella – Trapani Calcio auf dem Programm.

Angekommen beim Stadion gab es ca. eine halbe Stunde vor Spielbeginn verdutzte österreichische Gesichter. Stromausfall in der ganzen Straße des Stadions! Beim Ticketshop ging erst einmal nichts mehr. Die Einheimischen nahmen es noch gelassen und so lauschten wir einige Minuten lang die unzähligen Signaltöne der umliegenden Alarmanlagen, welche einen Funktionstest von sich gaben, sowie beobachteten das Notstromprogramm des Stadion-Flutlichtes, welches in dieser kuriosen Situation getestet wurde. Erst wenige Minuten vor Anpfiff der Partie wurde die Allgemeinheit unruhig und es wurden kurzerhand handgeschriebene und für Italien trotzdem übliche „personalisierte“ Tickets ausgegeben.

So ging es mit etwas Verspätung ins kleine, aber brauchbare Stadio Comunale. Die etwa 50 Mann starke Ultra-Gruppierung von Entella, probierte über 90 Minuten lang für Stimmung zu sorgen. Dem Gegenüber stand eine beachtliche Zahl von 46 mitgereisten Trapani Fans. (Achtung kein Sarkasmus! Denn Trapani liegt wirklich am letzten Eck in Siziliens – der Landweg würde 1470 km und eine Fährüberfahrt betragen). Die Auswärtsfans vermochten aber nur nach Toren sich zu zeigen und bejubelten ihre Treffer frenetisch, besonders – wenig überraschend – den 2:2-Ausgleichstreffer für die Sizilianer in der späten Nachspielzeit.

Nach dem Spiel ging es schnurstracks zurück in die Hauptstadt Liguriens um ein Spiel zu besuchen, welches zum Highlight des Trips avancierte. Sampdoria Genua empfing zum Samstagabendspiel Lazio Rom. Zurück in Genua wurde der schnellste Weg zum Stadion gewählt. Und so führte uns die Route direkt vorbei an der Curva Sud, welche die Ultras Tito Cucchaiaroni beheimatet. Dies wurde uns fast zum Verhängnis, denn an unserer Route mussten wir an gefühlten 20 Pubs vorbei, welche von der genuesischen Szene zum Einstimmen auf das Spiel bei einer angenehmen Dezembernacht (Temperaturen von rund 12 Grad die ganze Nacht lang) genutzt wurde. Obwohl wir uns im „Inkognito“-Modus befanden (also nicht offensichtlich Casual-Style und ohne Fan-Utensilien/Farben einer der beiden Clubs), fielen wir im Vorbeimarschieren, den nach Laziali Ausschau haltenden Genuesen auf. Nichts wissend wurde unsere Gruppe von fünf Sampdoriani verfolgt. „Questa serra? Questa serra?“ konnten wir zwar mehrmals aus dem Hintergrund vernehmen, jedoch angesprochen fühlte sich niemand aus unserer Gruppe. Erst nachdem sich ein Sampdoriani zwei von uns packte, und uns wieder nach dem heutigen Abend fragte, war uns der Lage bewusst. Schnell entgegneten wir, dass wir Österreicher und definitiv keine Lazio-Fans seien. Den Sampdoriani war dieses Missverständnis sichtlich peinlich und einer von ihnen entschuldigte sich bei uns, bevor sie schnell wieder in der Menge von tausenden Sampdoria-Ultras direkt vor dem Stadion verschwanden.

Nachdem ein Sampdoria Schal gekauft wurde und die Sicherheit somit gegeben war, betraten wir das Stadion. Samstagabend, das Stadio Luigi Ferraris im Flutlicht, ein wunderbarer Anblick für jeden Groundhopper! Die Curva Sud von Sampdoria zeigte eine wunderbare Fahnenchoreo und geizte auch nicht mit dem Einsatz von Pyrotechnik. Voll bis zum letzten Winkel war auch der Auswärtsblock aus der Hauptstadt. Die Laziali waren jedoch nur vor Spielbeginn gut hörbar – während des Spiels war der Support der Heimkurve viel zu stark. Trotz eines 0:2-Rückstandes aus Sicht von Sampdoria war der Support von der Curva Sud überwältigend gut. Wir waren uns alle einig, dass wir selten solch eine Lautstärke in einem Stadion beigewohnt haben. Sampdoria schaffte zwar kurz vor Ende durch den jungen Tschechen Patrik Schick den Anschlusstreffer, der Ausgleich vermochte jedoch nicht mehr zu gelingen.

Sonntag, 10. Dezember 2016 – es standen wieder zwei Partien an einem Tag auf dem Programm. Zuerst ging es per Zug nach Turin zum Derby della Mole! Der FC Torino empfängt den verhassten Stadtrivalen Juventus im ausverkauften Stadio Olimpico von Turin. Nachdem wir uns mit im Zug kennengelernten schwedischen Groundhoppern die schöne Innenstadt Turins im Schnelldurchlauf gegönnt haben und bei den öffentlichen Verkehrsmitteln an diesem Sonntag offensichtlich Chaos herrschte, waren wir schon in höchster Eile um den Ankick /die Choreographie zu erleben.

Auf Seiten der Curva Maratona gab es eine schöne Choreo welche den Stier („Il Toro“) präsentierte. Das Spiel startete aus Sicht des neutralen Zuschauers perfekt! Der Underdog erzielte durch Toptorjäger Andrea Belotti schnell das 1:0 und ließ das ganze Stadion beben. Spätestens mit diesem Tor glaubten rund 25.000 Mannen in granatrot dem großen Rekordmeister Italiens ein Bein stellen zu können. Doch Juventus lies dies nicht lange auf sich sitzen und glich noch in der ersten Halbzeit durch „Il Pipita“, Gonzalo Higuain aus.

Der Favorit setzte sich schlussendlich in einem Spiel dank der individuellen Klasse gegen die tapfer kämpfenden und gut mitspielenden Granatroten mit 3:1 durch. Die Stimmung enttäuschte uns ob der Erwartungen an dieses Spiel doch ein wenig, denn abgesehen von den Zeitpunkten nach den geschossenen Toren, erinnerte das Stadio Olimpico nur wenig an einen Hexenkessel.

Direkt nach dem Spiel holten wir unser Gepäck von der Gepäcksaufbewahrung am Bahnhof ab und fuhren ebenfalls wieder mit unseren schwedischen Kollegen nach Mailand weiter wo das Spiel Inter Mailand – FC Genua stattfand! Dort angekommen, ein ähnliches, wenn auch nicht gleiches Bild wie am ersten Tag in Reggio’nell Emiglia. Ein nebelverhangenes Mailand – doch die Tribünen des mächtigen San Siro (Guiseppe-Meazza-Stadion), hielten den Nebel ziemlich gut raus aus dem Stadion.

Die Curva Nord von Inter hielt sich in der ersten Halbzeit, aufgrund der „nicht Inter würdigen Leistungen in letzter Zeit“ mit einem Stimmungsboykott raus aus der Partie. Die Leistung in Halbzeit Eins war im Grunde genommen ebenfalls eher als schlecht als passabel einzuordnen. Genua machte das Spiel und hatte einige hochkarätige Chancen. „Doch wer die Tore vorne nicht macht, der bekommt sie dann eben hinten“, lautet die alte Fußballweisheit, die sich hier wieder bewahrheitete. Inter traf kurz vor der Halbzeit durch den Kroaten Marcelo Brozovic. In Halbzeit zwei traf zwar wieder Brozovic zum 2:0, jedoch das Spiel – als auch der Support von Inter waren wie es schon die Fans vor dem Spiel ansprachen – „nicht Inter würdig“. Genua baute ebenfalls gehörig ab und hatte in der zweiten Halbzeit nicht mehr viel entgegenzusetzen und passte sich dem Spielniveau Inters an. Die Fans von FC Genua waren durch den NATÜRLICHEN Nebel unter dem Dach dieses eindrucksvollen Stadions wieder nicht visuell wahrzunehmen.

In der Halbzeit marschierten wir die Längsseite entlang um die Zahl der mitgereisten Genuesen zu sehen. Und man muss zugeben, dass wir sie aufgrund der akustischen Darbietung in deutlich größerer Zahl geschätzt hatten, als sie nun wirklich nach Mailand gereist waren. Es dürften um die 500 Genua-Fans in Mailand gewesen sein. Nach dem Spiel ging es mit den am Vormittag kennengelernten Schweden in einen Club um sich über den Fußball in Österreich und Schweden auszutauschen, aber auch auf ein paar Bier, welche in Mailand ein kostspieliges Unterfangen werden können.

Am Montag ging es dann wiederum per Zug von Mailand nach Florenz. Am Abend wartete noch als letztes Spiel des Trips das Spiel AC Fiorentina – US Sassuolo. Angekommen in Florenz nutzten wir das wunderbare, sonnige Wetter und stimmten uns mit Kaltgetränken aus dem Supermarkt auf das abendliche Spiel im Stadio Artemio Franchi ein. Die reichliche Zeit wurde dann für Sightseeing und zum Entspannen genutzt. Dabei bestätigte die Altstadt von Florenz ihren guten Ruf allemal.

Das Spiel am Abend begeisterte weniger als die Schönheit der mittelalterlichen Großstadt. Ebenso konnte man der Curva Fiesole anmerken, dass die glorreichen Zeiten vorüber sind. Man konnte nicht einmal ansatzweise an die geleisteten Darbietungen von Pisa und Sampdoria anschließen. Im Auswärtsblock fanden sich etwa 30 Anhänger des „Dorfclubs“ Sassuolo ein, die den Weg zu diesem „kleinen Derby“ fanden. Das Spiel endete mit 2:1 für die Fiorentina welche durch einen Doppelpack, des in China begehrten Kroaten, Nikola Kalinic früh entschieden wurde.

Nach dem Spiel ging es per ÖBB Nachtzug zurück nach Österreich, wo Teile aus der steirischen Reisegruppe dann in Graz direkt zur Arbeit bzw. Universität gingen. Es war wieder einmal ein perfekter Ausflug nach Bella Italia, welcher auch nicht durch den italienischen Nebel getrübt werden konnte. Stattdessen sind weitere Trips, in das Land des Weltmeisters von 2006, schon wieder während des Aufenthaltes geplant worden und werden mit Sehnsucht erwartet. Bis dahin heißt es: „Ciao a tutti e presto in Italia!“

Maximilian Stelzl, abseits.at

Maximilian Stelzl

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