Der Sommer versorgte uns heuer mit traumhaftem Wetter und aufgrund dessen zog es wieder zahlreiche Leute – so auch mich – an die adriatische Küste. Als Anreiseweg dorthin wurde diesmal die Strecke über Bosnien gewählt, wo bereits die unteren Ligen ihren Betrieb aufgenommen hatten. Dies war auch bitter nötig, denn die bereits im Juli gestartete Premijer Liga teilte ihren Spieltag aufgrund des Marienfeiertages von Freitag bis Montag auf. An und für sich hätte man da sogar aus dem Vollen schöpfen können, aber da die Hotels bereits gebucht waren, sollte natürlich am Samstag kein Erstligaspiel mehr auf unserer Strecke liegen. Verzagen mussten wir deswegen noch, zumal die erste Station auf unserer Tour die Stadt Višegrad sein sollte, denn glücklicherweise hatte der FK Drina HE Višegrad gerade an diesem Samstag ein Heimspiel in der Prva Liga Republika Srpska, einer der beiden zweiten Ligen Bosnien-Herzegowinas.
FK Drina HE Višegrad – FK Kozara Gradiška 0:0
Einmal nahezu das gesamte Land durchqueren muss man, will man die Stadt Višegrad, die durch ihre Brücke über die Drina und den gleichnamigen Roman Weltruhm erlangte, erreichen. Zwar sind die Landstraßen allesamt gut ausgebaut und in einem guten Zustand, aber aufgrund der Topographie des Landes doch sehr kurvenreich. Das bedeutet, dass man in Bosnien für eine Strecke wie hierzulande mitunter fast doppelt so viel Zeit investieren muss. Mit zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass dort der Schwerverkehr nicht auf die Autobahnen ausweichen kann.
Nichtsdestotrotz wurde die Stadt Višegrad zeitgerecht erreicht und nach dem Einchecken im Hotel konnte das Gradski Stadion Višegrad auch bequem zu Fuß erreicht werden. Das Herzstück dieses Stadions ist eine zweirangige aber unüberdachte Haupttribüne, die mit Sitzschalen versehen ist und mit denen der Schriftzug „FK Drina“ dargestellt wird. Ein Platzregen zu Spielbeginn ließ wohl einige Zuschauer vom heutigen Spiel abbringen, aber dennoch war die Kulisse mit 100 Besuchern mehr als schütter. Am Eintrittspreis kann es jedenfalls nicht gelegen haben, dass die Leute der Stadt am Zweitligafußball in keiner Weise interessiert sind, denn dieser betrug nur eine konvertible Mark (umgerechnet etwas mehr als 50 Cent).
In der zweiten Runde der Prva Liga Republika Srpska war der FK Kozara Gradiška, aus dem Nordwesten des Landes, in Višegrad zu Gast. Bei der Heimspielpremiere in dieser Saison, gab es an diesem Nachmittag für die Zuschauer allerdings nicht wirklich viel zu sehen. Ein 0:0 mit leichten Vorteilen für die Heimmannschaft, aber eben auch ohne sonstige Höhepunkte. Nach dem Schlusspfiff überwiegte es aber, dass man in Višegrad ein Spiel im Stadion gesehen hat, zumal es selbst in Bosnien zahlreiche Orte gibt, die leichter erreichbar sind. Eigentlich sind nur die Zweitligisten in Foča und Goražde ähnlich mühsam zu erreichen, während der wirklich exponiert liegende Zweitligist aus Trebinje über die kroatische Route ganz gut angefahren werden kann.
FK FAP Priboj – FK Šumadija 1903 Kragujevac 3:2 (1:0)
Am Sonntagmorgen wurden in Višegrad noch die Drina-Brücke und der neuerrichtete Stadtteil Andrićgrad (benannt nach Literaturnobelpreisträger Ivo Andrić) besichtigt, ehe es weiter ins montenegrinische Bijelo Polje gehen sollte. Der ideale Weg dorthin führt aber größtenteils über serbisches Staatsgebiet und so wurde übermäßig viel Zeitpuffer eingeplant, denn man weiß im Vorhinein nicht, welche Wartezeiten einem an den Grenzübergängen blühen. Unmittelbar hinter der bosnischen Grenze liegt die serbische Stadt Priboj, die wir um Punkt 11.00 Uhr erreichten. Bei unserer Durchfahrt sahen wir von der Umfahrungsstraße aus Leute im Gradski Stadion Priboj, der Heimstätte des Drittligisten FK FAP Priboj, sitzen und änderten daher sofort unsere Fahrtrichtung. So kamen wir direkt zum Anpfiff einer Partie der 2. Omladinska liga – Grupa Morava, bei der sich die Juniorenmannschaften des FK FAP Priboj und dem FK Šumadija 1903 Kragujevac zum Saisonauftakt gegenüberstanden. Da erwies sich der große Zeitpuffer als Glücksfall, denn so konnte dieses Spiel in voller Länge gesehen werden.
Priboj ging bald in Führung und das sollte vor rund 100 Besuchern auch der Pausenstand sein. In der Halbzeitpause ging es ins Stadionrestaurant, wo es für rund umgerechnet 30 Cent einen wahrlich empfehlenswerten türkischen Kaffee gab. Da die Kaffeepause dann doch etwas länger als die Halbzeitpause dauerte, wurde der Ausgleich der Gäste verpasst. Aber die Jungs auf dem Rasen nahmen sich ein Herz und gaben in der Schlussphase noch einmal so richtig Gas. Mit zwei wahrlich schönen Spielzügen gelang dem Gastgeber ein Doppelschlag. Zwar war das 3:1 die Vorentscheidung in dieser Partie, aber die Gäste aus Kragujevac gaben nicht auf und erzielten noch den Anschlusstreffer. Dies war übrigens ein sehenswerter Weitschuss ins Kreuzeck, der allerdings nichts mehr an der Punktverteilung im diesem Spiel änderte.
FK Jedinstvo Bijelo Polje – FK Ibar Rožaje 3:0 (2:0)
Nach dem Spiel in Priboj ging es weiter ins nordostmontenegrinische Bijelo Polje. Da es an der serbisch-montenegrinischen Grenze nur Wartezeit in Richtung Serbien gab, erreichten wir Bijelo Polje rund zwei Stunden vor Spielbeginn. Nun gab es in der Kleinstadt wahrlich nicht viel zu sehen, sodass vor dem Spielbeginn noch ein ausgiebiger Restaurantbesuch eingeschoben werden konnte. So ging es mit vollem Magen an diesem Sonntag zur Saisoneröffnung der zweiten montenegrinischen Liga ins Gradski Stadion von Bijelo Polje. Der FK Jedinstvo Bijelo Polje hatte hierbei den FK Ibar Rožaje, aus dem äußersten Winkel im Nordosten des Landes – nahe der kosovarischen Grenze – zu Gast.
Bei freiem Eintritt kamen 500 Besucher ins Stadion, die eine überlegene Heimmannschaft sahen. 2:0 war der Pausenstand und obwohl der FK Ibar tapfer kämpfte, fiel nach dem Seitenwechsel ein weiterer Treffer für die Gastgeber. Durch das 3:0 war die Partie spätestens zu diesem Zeitpunkt entschieden, weshalb sich auf dem Rasen nicht mehr allzu viel abspielte. Eine nennenswerte Szene gab es in der Schlussphase aber noch. Der Tormann der Gäste klärte einen Angriff Bijelo Poljes außerhalb des Strafraumes, in dem er einen Schuss seiner Brust entschärfen konnte. Der Schiedsrichter sah allerdings ein Handspiel und stellte den Keeper ungerechtfertigterweise vom Platz. Es folgte schöne Geste des Publikums, denn bei seinem Abgang des Tormannes, applaudierte das ganze Stadion für ihn.
Somit war der erste Teil des Fußballprogrammes beendet, aber vor uns lagen noch ein Wochenende mit zwei Spielen in Bosnien und ein Cupspiel in Kroatien unter der Woche.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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