Nachdem das Heimspiel von Leganés am Samstag und das von Atlético am Sonntag angesetzt wurde, war ein Saisonauftakt in Madrid ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Da auch die Preise für Flug, Quartier und Mietauto im unteren Bereich lagen, zögerten Martin und ich nicht besonders lange und so ging es am Samstag bei Wind und Schneedecke zeitig in der Früh zum Flughafen. Drei Stunden später empfing uns die spanische Hauptstadt mit Sonnenschein, doch auch hier waren die Temperaturen noch frisch, was sich im Laufe des Tages aber ändern sollte. Nachdem gestern der erste Teil unseres Berichts erschien, geht es nun mit dem Heimspiel von Atletico Madrid weiter!
Atlético de Madrid – UD Levante 1:0 (0:0)
Die Anreise zum Estadio Wanda Metropolitano gestaltete sich kurz, doch einen der begehrten Parkplätze rund um das Stadion konnte man nur mit einer eigens ausgestellten Parkkarte benutzen. So wurden wir mit einem „Abajo“ wieder bestimmt vom Stadiongelände verwiesen und so mussten wir unser Glück in einer der Nebenstraßen versuchen, wo wir nach langer Suche endlich fündig wurden.
Bei der rund zwei Kilometer Wegstrecke zurück zum Stadion hatten wir bei einem „Mahou Clasica“, das in der wohl bekanntesten Brauerei Madrids hergestellt wird, etwas Zeit zum Nachdenken und so kamen wir darauf, dass Madrid und London Olympiastadien für die Spiele 2012 haben, die ein Fußballverein nachnutzt. Nur hatte Madrid eben keine olympischen Spiele und so wurde das bereits 1994 erbaute Leichtathletikstadion, das als Olympiastadion vorgesehen war, ab dem Jahr 2011 zu einem reinen Fußballstadion um- und ausgebaut.
Der Bau, in dem Atlético Madrid seit 2017 seine Heimspiele austrägt, ist prinzipiell gelungen, aber wie in jeder modernen Arena ist eine gewisse Sterilität vorhanden und darunter leidet auch die Stimmung, die bei weitem nicht mehr so gut ist, wie damals im Estadio Vicente Calderón.
Immerhin kommen 57.093 Besucher heutigen Spiel gegen den in Valencia beheimaten UD Levante. Der Tabellenzweite aus Madrid ist gegen den Mittelständler auch klarer Favorit und geht in der Anfangsphase bereits durch Koké vermeintlich in Führung. Doch im Jubel auf dem Rasen und auf den Rängen gibt es wütende Proteste der Levante-Spieler, sodass der Schiedsrichter sich des VAR (Video Assistant Referee) bedient. Ein Rechteck ins Publikum gezeigt, ein paar Sekunden auf den Bildschirm geschaut und es geht mit einem Freistoß für Levante weiter, zumal ein Foul im Mittelfeld regelwidrig diesen Treffer für die Madrilenen einleitete.
„Atléti“ verliert nach dieser regelkonformen Entscheidung völlig den Faden und da Levante das Spiel offenhalten kann, ist der Pausenstand von 0:0 auch mehr als leistungsgerecht. Nach dem Seitenwechsel kommen die Gastgeber wieder besser ins Spiel, aber zwingende Torchancen bleiben aus. So wird Nikola Vukčević in der 57.Minute zu tragischen Figur als ihm eine flache Hereingabe bei einer Grätsche an die Hand springt. Zwar ist das Vergehen des Montenegriners offensichtlich unabsichtlich, aber der Elfmeter ist ebenso offensichtlich. Antoine Griezmann, französischer Nationalspieler und amtierender Weltmeister, lässt sich diese Chance nicht entgehen und verwertet diesen Strafstoß mit einem satten Schuss.
In weiter Folge dominiert Atlético, aber man hat das Gefühl, dass die Hausherren den Ball ins Tor tragen wollen, sodass beste Spielzüge leider nicht ordentlich vollendet werden. So kommt Levante in der Schlussphase noch zu zwei guten Möglichkeiten, in denen Torhüter Oblak aber seinen Mann steht und Atlético die drei Punkte sichert. Somit bleiben die Hauptstädter weiterhin der erste Verfolger des FC Barcelona.
Aravaca CF – La Moraleja CF 1:0 (0:0)
Trotz des etwas längeren Fußmarsch vom Wanda Metropolitano und etwas Abreisestau ging es flott über die Stadtautobahn in den Nordwesten Madrids, wo der Stadtteil Aravaca unser Ziel war. Bis zum Anpfiff im Estadio Antonio Sanfiz war bei unserer Ankunft noch Zeit für ein weiteres „Mahou Clasica“, ehe wir das kleine Stadion betraten. Die aufmerksame Kassiererin war eine ganz Genaue und verlangt sogar nach einem Akkreditierungsschreiben für ein Spiel der fünften Liga. Aber nachdem sie sah, dass ich den weiten Weg aus Australien (Austria kennt man dort anscheinend nicht) auf mich genommen habe, ließ sie mich auch so passieren.
Der Aravaca CF, der vor zwei Saisonen noch in der viertklassigen Tercera spielte, kämpft mittlerweile in der ersten Gruppe der fünftklassigen Preferente um Punkte. Man ist zwar hier im oberen Mittelfeld der Tabelle angesiedelt, aber nach einem Wiederaufstieg sieht es hier derzeit nicht aus. Auch erinnert die Sportstätte eher an Gänserndorf Süd oder einen Sportplatz in Ungarns oder Rumäniens Unterhaus. Zwischen verfallenen Kabinen und einer einsturzgefährdeten Bar befindet sich eine kleine fünfreihige Tribüne aus Steinstufen. Die Zuschauer werden dort mit einer einfachen Wellblechdachkonstruktion vor Wind und Wetter geschützt. Auf der Gegenseite und hinter den Toren gibt es Stehplatzbereiche, die heute etwas weniger frequentiert sind.
Ohne Erwartungen erleben wir den Einlauf der Teams und schätzen die Zuschauerzahl beim Spiel gegen den Nachzügler La Moraleja CF auf rund 120 Besucher. Was wir nicht wussten ist, dass die Fanatics Aravaka mit rund 30 Personen auf der Tribüne vertreten waren und in den nächsten 90 Minuten lang für Stimmung sorgten. Durch denselben Namen des Fanclubs und des ähnlichen Namens zu Admira/Wacker waren unsere Assoziationen mit den Südstadt Fanatics unausweichlich. Wobei man Aravaca schon zugestehen muss, dass es so einen tollen Support in Spanien sehr, sehr selten gibt und dies wohl die positivste Überraschung während unseres Madridaufenthalts war.
Spielerisch waren die Gastgeber in den ersten 45 Minuten die klar bessere Mannschaft, aber Tore wollten keine gelingen. Die Defensivleistung von La Moraleja war sehr solide, sodass der torlose Zwischenstand zur Pause für die Gäste mehr als verdient war. Nach dem Seitenwechsel hat auch La Moraleja mehr Spielanteile und kommt zu einigen Chancen, allerdings hat man beim Zuschauen das Gefühl, dass das bei beiden Mannschaften heute nichts mehr mit einem Treffer wird. So sind die meisten Zuschauer in der 65.Minute auch gar nicht fokussiert, als Aravaca in der eignen Hälfte in Ballbesitz kommt. Aber Aravacas Alejandro Jose Fernandez Seidel erfasst die Situation am schnellsten und zieht aus rund 60 Metern ab. Der mitten im Strafraum stehende Tormann hat auch nur mehr das Nachsehen als sich der Ball über ihn in die Maschen senkt.
Der Jubel ist sowohl auf den Rängen als auch auf dem Rasen grenzenlos. Es sollte auch der Lucky Punch in dieser Begegnung sein, denn bis zum Abpfiff sollten keine weiteren Treffer mehr fallen. Aravaca holt an diesem Nachmittag drei Pflichtpunkte und wird bei uns wohl – aufgrund des alten Platzes und der tollen Fans – noch länger positiv in Erinnerung bleiben.
Atlético de Madrid B – AD Unión Adarve 2:0 (1:0)
Von Aravaca ging es rund zehn Kilometer westwärts in die Stadt Majadahonda. Dort befindet sich das Trainingszentrum von Atlético Madrid, dessen Herzstück das Miniestadio Cerro del Espino ist. Durch den Aufstieg von Rayo Majadahonda in Spaniens zweite Liga wurde dieses Stadion umgebaut. Das markante Zeltdach musste Presseplätzen und VIP-Logen weichen. Ein neues Flutlicht, neue Sitzschalen und meterhohe Planen sollen zumindest bei den Liveübertragungen für das TV-Publikum das Flair des Trainingszentrums vergessen machen.
Wir besuchen aber heute nicht den FC Liefering Spaniens, sondern gehen noch eine Liga tiefer, wo zumindest auf dem Papier die B-Mannschaft Atléticos kickt. Während die Nachwuchskicker Atléticos in der ersten Gruppe der Segunda B eine gute Rolle spielen und einen der vorderen Plätze belegen, findet sich der heutige Gegner AD Unión Adarve in der Abstiegszone wieder. Der ebenfalls aus Madrid stammende Verein bringt auch ein paar Fans mit und sorgt so wohl für die einzigen Einnahmen aus Ticketverkäufen, zumal Atlético-Mitglieder die Spiele der B-Mannschaft gratis verfolgen dürfen und die meisten der rund 300 Besucher wohl eine Mitgliedskarte von „Atléti“ ihr Eigen nennen.
Noch vor der bald einbrechenden Dunkelheit legen Altlétis Jungspunde so richtig los und gehen bereits in der fünften Minute durch Borja Garcés in Führung. Diese hätte in weiterer Folge noch erhöht werden können, denn Adarve ist noch nicht wirklich am Platz und kommt erst ab der 30.Minute ins Spiel. Die Gäste bleiben aber harmlos und somit ist Pausenführung für Atlético mehr als verdient. In der Halbzeit wärmen wir uns in der Caféteria auf. Dort läuft natürlich unser „Lieblingssender“ Gol-TV, wo augenblicklich Barcelonas Führungstreffer live nachgestellt und diskutiert wird. Live-Bilder vom Spielgeschehen darf der Sender jedoch nicht zeigen. Dies zieht uns so sehr in den Bann, dass wir fast den Wuzzler in der Madridversion mit Spielern in den Trikots von Atlético und Real übersehen hätten. Dieser Kickertisch ist wohl ein einzigartiges Unikat.
Da wir all unsere Bilder bereits vor der Pause im Kasten hatten, verfolgen wir das Spiel nun gemütlich von der Tribüne aus. Die Minuten vergehen schneller als gedacht und mit dem 2:0 durch Oscár Pinchi in der 72.Minute ist diese Begegnung auch entschieden. Mit diesem Favoritensieg im Gepäck geht es zu unserer letzten Station dieser Reise, nämlich in den Nachbarort Pozuelo, wo eigentlich um 20.00 Uhr ein Unterhauskick stattfinden hätte sollen. Doch da dieses Spiel kurzfristig vorverlegt wurde, erreichten wir den Platz in völliger Dunkelheit und so ging es unverrichteter Dinge weiter in unser Hotel. Wir verkraften diesen Spielausfall, denn auch mit sechs Spielen in zwei Tagen sollte man mit dieser Madridreise alles andere als unzufrieden sein.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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