Die Monatsvignette für die ungarischen Autobahnen hatte noch ihre Gültigkeit und der Spielplan wies aus, dass die beiden mir noch fehlenden Drittligavereine Ostungarns jeweils... Groundhopper’s Diary | Drittligafußball in Ostungarn

Ungarn Flagge_abseits.atDie Monatsvignette für die ungarischen Autobahnen hatte noch ihre Gültigkeit und der Spielplan wies aus, dass die beiden mir noch fehlenden Drittligavereine Ostungarns jeweils am Samstag und Sonntag spielen. So wurde eine Fahrt über das Wochenende in diese Region organisiert, doch bevor es überhaupt zu diesen beiden Spielen kam, gab es schon einiges an Kuriositäten zu berichten.

SC Reisenberg – SVg Pottendorf 12:0 (6:0)

Vor der Fahrt nach Ungarn stand am Freitagabend noch ein Besuch beim SC Reisenberg auf dem Programm. Der Tabellenführer der 2.Klasse Ost-Mitte empfing auf dem Sportplatz in Reisenberg, das Tabellenschlusslicht SVg Pottendorf. Im Kader des SC Reisenberg befinden sich die ehemaligen Regionalligakicker Pokernus und Reitprecht, sodass man dank dieser Verstärkungen in dieser Saison noch keinen einzigen Punkt abgegeben hat. Die Gäste verloren hingegen in der Vorwoche gegen den Tabellenzweiten aus Unterwaltersdorf bereits mit 0:8 und so stellten sich die 100 Zuschauer nur die Frage, ob es heute zweistellig werden würde. Ziemlich bald war in dieser einseitigen Partie klar, dass dieses Ziel erreicht wird. In der 77. Minute fiel der zehnte Treffer, doch damit war der Torhunger Reisenbergs noch immer nicht gestillt. Zwei weitere Tore folgten und sorgten für den Endstand von 12:0. Mit diesem nicht alltäglichen Resultat im Gepäck ging es direkt weiter nach Budapest, wo bereits am Samstagvormittag der Ball wieder rollte.

Pestújhelyi FC – Respect SE 1:2 (1:1)

Am nordöstlichen Stadtrand der ungarischen Hauptstadt befindet sich der Vasgolyó utcai Sportpálya. Dort spielt nicht nur der Nachwuchs des Drittligisten REAC, sondern auch der Pestújhelyi FC. Dieser hatte bereits um 10.00 Uhr Respect SE zu Gast. Der Sportplatz ist zwar umgeben von Plattenbauten und Industrieanlagen, befindet sich aber dennoch mitten im Grünen. Das Spiel an sich war – trotz Unterklassigkeit (die IV. Liga im Budapester Verband ist siebtklassig) – auch in Ordnung. Es stand lange 1:1 mit Chancen auf beiden Seiten, ehe in der Schlussminute die Gäste ein zweites Mal zuschlagen konnten und sich so die drei Punkte sicherten.

Tuzsér SE – Sényő FC 1:1 (1:1)

Von Pestújhely war man schnell auf der Autobahn, die einen in zwei Stunden in den Ostteil des Landes bringt. Weniger als 10 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt befindet sich dann das beschauliche Städtchen Tuzsér. Abgesehen von einem Schloss, in dessen Park sich auch der örtliche Fußballplatz befindet, kennt man Tuzsér vor allem von den Erfolgen seines Fußballvereins, Tuzsér SE, der vor nicht ganz zehn Jahren seine Hochblüte in der zweiten Liga hatte. Zu dieser Zeit kam auch Ferencváros als Zweitligist in die Grenzregion und sorgte hier für ein volles Haus.

Mittlerweile spielt man wieder in der viertklassigen Megye-bajnokság, aber der Lónyai Kastélykerti pálya ist seither eine Kultstätte in der ungarischen Fußballlandschaft. Zum Spiel gegen den Sényő FC kamen bei tollem Frühlingswetter rund 300 Besucher. Sie sahen ein ausgeglichenes Spiel, das 1:1 endete, wobei der Ausgleich für Sényő noch vor der Pause und kurz nach einem von Tuzsér vergebenen Elfmeter fiel. Mit dem Halbzeitpfiff musste man mit Wehmut dieses wirklich idyllische Stadion in Tuzsér verlassen, denn es sollte zeitgerecht das Drittligaspiel in Cigánd erreicht werden.

Cigánd SE – Kazincbarcikai SC 3:1 (1:1)

Eine Liga höher als Tuzsér spielt Cigánd in der NB III. Man muss rund 30 Kilometer zurücklegen und einmal die Theiß überqueren, um diese bereits im Komitat Borsod-Abaúj-Zemplén liegende Kleinstadt zu erreichen. In einem schmucken Kleinstadion spielt der örtliche Verein, Cigánd SE, bereits die zweite Saison in der Ostgruppe der NB III und auch diesmal ist man – wie in der Vorsaison – im vorderen Tabellendrittel zu finden.

Das heutige Komitatsderby gegen den ehemaligen Zweitligisten aus Kazincbarcika war mit 300 Zuschauern ganz gut besucht, zumal die Gäste nur zwei Plätze hinter Cigánd auf dem fünften Tabellenrang liegen. Der Kazincbarcikai SC ging bereits in der Anfangsphase in Führung und wenig später verhinderte die Innenstange einen zweiten Treffer der Gäste. Doch nach diesem Stangenschuss schien Kazincbarcika den Faden verloren zu haben und Cigánd kam immer besser ins Spiel. So fiel noch vor der Pause der Ausgleich und nach dem Seitenwechsel wurden zwei weitere Treffer durch die beiden rumänischen Legionäre nachgelegt. Cigánd gewann somit ungefährdet mit 3:1 und sicherte den dritten Tabellenplatz ab. In dieser Saison ist der Rückstand auf den Titel und  einen möglichen Zweitligaaufstieg bereits zu groß, aber die Hausaufgaben in der dritten Liga wurden mehr als gut erfüllt, sodass das nächste Ziel des Vereins nur die Zweitklassigkeit lauten kann.

Tokaji Amazonok FC – Nyíregyháza Spartacus NLC 0:5 (0:2)

Es war am Sonntag noch genügend Zeit bis zum Drittligaspiel in Tállya, als man durch Tokaj schlenderte und sich den Sehenswürdigkeiten des berühmten Weinortes widmete, doch da stach einem plötzlich ein Ankündigungsplakat für einen Benefiznachmittag eines Damen- und eines Herrenspiel am Sportplatz im nahegelegenen Bodrogkisfalud ins Auge. Also nichts wie ab nach Bodrogkisfalud, wo die Tokaji Amazonok bereits gegen den Zweitligisten aus Nyíregyháza spielten. Der Amateurverein hat aber bei diesem Testspiel nicht den Funken einer Chance und muss sich gegen die durchtrainierten Gäste mit 0:5 geschlagen geben. Sportlich war dieses für die Damen des Nyíregyháza Spartacus NLC als bessere Trainingseinheit zu bezeichnende Benefizspiel zwar nicht der große Wurf, aber das Panorama mit der Kirche im Hintergrund und den zahlreichen Löwenzahnblumen auf dem Rasen war doch einzigartig.

Tállya KSE – Debreceni VSC-DEAC 1:1 (1:0)

Nach dem Spiel in Bodrogkisfalud und dem Besuch des Weinmuseums in Tokaj ging es weiter ins beschauliche Tállya. Hier ist man besonders stolz auf die Drittligazugehörigkeit des örtlichen Fußballvereins, Tállya KSE. Man schlägt sich in der NB III zwar recht wacker, aber die Ergebnisse passen nicht immer. Durch zahlreiche knappe Niederlagen fiel man in der Tabelle bereits auf den vorletzten Platz zurück, aber vor rund 200 Besuchern sollte nun gegen die zweite Mannschaft Debrecens, DVSC-DEAC, voll gepunktet werden. All diese Infos erfährt man vom Publikum aus erster Hand, denn fremde Leute mit einer Kamera sind hier anscheinend eine Seltenheit und daher gibt man ihnen gerne Auskunft.

Ein sehenswertes Weitschusstor bringt Tállya noch vor der Pause in Führung, doch nach dem Seitenwechsel wird Debrecen stärker. Ein Vater, der seinen Sohn erstmals auf den Sportplatz mitnahm, kommentierte das Spiel dahingehend, dass er jetzt 14 Jahre nicht hier war, sich aber an den schwachen Darbietungen nichts geändert habe. Woraufhin er von einem Zuschauer aufmerksam gemacht wurde, dass man vor 14 Jahre wohl nicht gegen Debrecen gewonnen hat.

Es sah zwar lange Zeit auch nach einem Sieg aus, aber drei Minuten vor dem Ende gelang den Gästen der nicht ganz unverdiente Ausgleich. So wurde es nichts mit den drei Punkten und das macht den Klassenerhalt und das Verbleiben auf der überregionalen Fußballbühne wohl nicht einfacher. Aber selbst im Falle des Abstiegs ist man hier niemandem böse, zumal die Erinnerungen an diese Drittligasaison noch lange Bestand haben werden.

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Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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