Obgleich Niederösterreich das flächenmäßig größte Bundesland der Republik ist und auch einwohnermäßig auf Platz zwei liegt, hat es dort noch keinen Verein gegeben, der... Groundhopper’s Diary | Ein Besuch in St.Pölten

Obgleich Niederösterreich das flächenmäßig größte Bundesland der Republik ist und auch einwohnermäßig auf Platz zwei liegt, hat es dort noch keinen Verein gegeben, der längere Zeit als Aushängeschild des Bundeslandes fungiert hat. Dass dem so ist, hat vor allem historische und geographische Gründe. Jedoch hat es seitens der niederösterreichischen Landesregierung in den letzten zwanzig Jahren vermehrt Bemühungen gegeben, die dies hätten ändern und Spitzenfußball in die jüngste Landeshauptstadt Österreichs bringen sollen.

Da in St. Pölten bis dato noch immer kein erstklassiger Fußball geboten wird, obwohl andere Vereine des Bundeslandes – wenn auch nicht immer ganz sportlich – bereits zu diesen Ehren kamen, mussten diese Projekte wohl als gescheitert betrachtet werden. Inspiriert von den im Zuge der für die EURO 2008 notwendigen Bautätigkeiten im Bereich der Stadien der Austragungsorte, wurde ein neuer Plan ins Leben gerufen: Ein neues Stadion sollte den in die Jahre gekommenen und nur mehr bedingt bundesligatauglichen Voithplatz ersetzen.

Ende November 2008 wurde mittels Beschluss der niederösterreichischen Landesregierung der Bau eines neuen Fußballstadions abgesegnet. Dass dieser Beschluss diesmal auch etwas mehr Wert als der Gegenwert des Papiers hatte, wurde spätestens im Zuge der Auftragsvergabe an die Baufirma Alpine im November 2009 verdeutlicht. Schon damals war der Eröffnungstermin der neuen Arena mit 2012 festgelegt worden. Auch wenn zum Zeitpunkt des Spatenstichs am 17. 03. 2011 dies kaum jemand für möglich erachtet hätte,  wurde der Zeitplan eingehalten und die 26 Millionen Euro teure Arena mit einem Blitzturnier am 07. 07. 2012 feierlich eröffnet.

Gerade wenn man die österreichische Stadionlandschaft betrachtet, fällt einem auf, dass insbesondere bei Bau der modernen Kleinstadien mit einer Kapazität von 4.000 bis 10.000 Plätzen doch ein erheblicher Nachholbedarf vorherrscht. Viele Vereine der Bundesliga haben entweder ein zu großes oder ein nicht mehr zeitgemäßes Stadion. Angesichts dessen muss man über jeden Neubau in unserer Republik froh sein und am Beispiel St. Pölten wird auch deutlich, wie schnell so ein Projekt umsetzbar ist, wenn die Politik mit im Boot ist und auch an einer Durchsetzung wirklich interessiert ist. Lobend gilt es hierbei noch zu erwähnen, dass im Umkreis des Stadions auch ein echtes Sportzentrum entstanden ist, wobei man auch Rücksicht auf den Breitensport und weniger populäre Sportarten genommen hat. So sind in St. Pölten noch ein Mehrzweckfreiplatz, zwei Trainingsplätze sowie Anlagen für Tennis, Leichtathletik, Beachvolleyball und diverse Eissportarten entstanden. Auch für andere Sportarten gilt in diesem Land leider dasselbe wie für den Fußball. Deren Sportstätten sind im internationalen und ganz allgemein gehaltenen Vergleich auch eher unterdurchschnittlich ausgebaut.

Aber nun soll es zum eigentlichen Event gehen: Dem ersten Pflichtspiel in der NV Arena. An diesem Freitag spielte das Wetter nicht unbedingt mit, denn zu den Wolken sollte sich auch noch ein lästiger Dauerregen gesellen. Immerhin erreicht man das Stadion aber sehr einfach, in dem man bei der Ausfahrt „St. Pölten Nord“ von der S33 ab- und man einfach weiter Richtung Stadt zurückfährt. Nebenbei weisen auch noch grüne Hinweisschilder den Weg zur „Sportwelt NÖ“. Parkplätze stehen beim Stadion auch reichlich zur Verfügung und das Parkleitsystem ist ebenfalls verständlich ausgeschildert. Eine rechtzeitige Anreise ist dennoch empfehlenswert, denn viele Besucher kamen ziemlich knapp zu Spielbeginn. Dadurch wurde ein Stau verursacht, sodass nicht alle pünktlich zum Anpfiff im Stadion waren. An die Radfahrer hat man auch gedacht und beim Stadion einen großzügigen Abstellplatz für Fahrräder errichtet. Auch sonst wurde beim Bau auf den Umweltschutz nicht vergessen, denn beim Dach wurde einerseits viel Holz als Baumaterial verwendet und andererseits dieses mit Sonnenkollektoren ausgerüstet. Diese decken den gesamten für den Stadionbetrieb benötigten Strombedarf. Einzig zu bekritteln ist die Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Ein Auto- bzw. Fahrradloser bewältigt die Strecke zu Fuß vom Bahnhof nicht unter einer halben Stunde – eine regelmäßige Busanbindung fehlt. Ein Shuttleservice ist an Matchtagen zwar angedacht, jedoch hat sich das Konzept noch nicht bewährt. Dieser Service müsste noch massentauglich gemacht werden, wobei es aber zu hoffen bleibt, dass diese Anfahrtsmöglichkeit noch wenig mehr forciert und von den Stadionbesuchern auch angenommen wird.

Wie bei allen Neubauten mutet auch das neue Stadion in St. Pölten von außen etwas steril an. Von der Weite betrachtet, konnte auch ein Baumarkt in Landschaft gestellt worden sein. Ist man jedoch in der Nähe des Stadions, dann schaut alles doch wieder mehr nach einem Fußballstadion aus. Kommt man von den Parkplätzen über die Brücke, die übrigens einen schönen Blick auf die Arena bietet, zum Stadiongelände, erblickt man gleich den „Fantreff“ und den Fanshop. Da Einkaufsmöglichkeiten und sonstige Gastronomie rund um die Arena mehr als spärlich gesät sind, bietet der Fantreff auch die einzige Gelegenheit noch Speisen und Getränke außerhalb des Stadions zu sich zu nehmen. Der Fanshop ist allerdings auch mehr als in Ordnung. Er bietet eine gute Auswahl an allermöglichen Fanutensilien und könnte auch in der Bundesliga mithalten. Auch wenn dieser jetzt kein Megastore ist, so sind selbst die meisten Fanshops englischen Dritt- oder Viertligisten nicht viel größer. Rund um das Stadion sind die Wege zu den Sektoren auch gut ausgewiesen und vor den Eingängen standen zahlreiche hilfsbereite  Mitarbeiter für den Fall, dass einmal jemand den falschen Eingang erwischt hatte. Der Auswärtssektor befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite der Fantribüne und geht weitläufig über eine halbe Hintertortribüne. Im Endeffekt bietet er dem Auswärtsfan denselben Komfort wie für den Heimfan. Einziger Unterschied hierbei ist es, dass der Auswärtsfan einheitlich zehn Euro für die Karte zahlen muss, während man sonst als Einheimischer schon um acht Euro eine Karte für den Platz hinter dem Tor bekommen kann. Stadionbesucher, die lieber in der Mitte sitzen wollen, sind am besten auf der Gegengerade aufgehoben, denn auf der Haupttribüne sind die meisten Plätze für den VIP-Bereich reserviert und Tickets für normale Sitzplätze gibt es erst ab der Strafraumhöhe. Der VIP-Bereich ist modern und großräumig angelegt. Auch hier wurden die Zeichen der Zeit erkannt und man setzt vermehrt auf die zahlungskräftigen Gäste. Dass dies allerdings auch ein Kundenwunsch ist, zeigen die Abo-Verkaufszahlen des Vereins. Von den insgesamt 1.500 verkauften Saisonkarten wurde die Hälfte für den VIP-Bereich ausgestellt. Neben dem VIP-Bereich befindet sich auf der Haupttribüne noch der Bereich für die Medienvertreter. Abseits des Spielgeschehens ist deren Platz aber eine Etage tiefer. Der Raum für die Pressekonferenz ist nämlich direkt bei den Umkleidekabinen, der Mixed-Zone und dem Fitnessraum. Eine Etage über dem VIP-Bereich befinden sich die Kabinen für TV- und Radioübertragungen.

Zum Auftaktspiel gegen die Vienna fanden sich immerhin 4.200 Besucher ein. Da es immerhin das erste Pflichtspiel im neuen Stadion war, waren sicher nicht alle mit dieser Zuschauerzahl zufrieden. Man kennt aber bereits die Weisheit gründlich: Ob das Glas noch halbvoll oder schon halbleer ist, liegt im Auge des Betrachters. Die Leute, die sich das neue Stadion einmal anschauen wollten, waren bereits beim Blitzturnier hier und an sich ist die Zuschauerzahl doch dreimal höher als der Zuschauerschnitt der St. Pöltner in der vergangenen Saison.

Ein Fakt ist, dass das Stadion einmal grundlegende Rahmenbedingungen für einen höheren Zuschauerschnitt geschaffen hat. Nun wird es wichtig sein, dass man die Leute aus der Region auch an den Verein binden bzw. man diesen auch erfolgreichen Fußball bieten kann. Gerade ein Blick in den Fansektor macht deutlich, dass hier noch ein großer Aufholbedarf herrscht. Es sind einfach noch zu wenige Leute im Bann des Vereins, dass eine Stimmung aufkommen könnte. Gegner Vienna brachte die doppelte Anzahl an Fans zu einem Auswärtsspiel mit als St. Pölten im Heimsektor hatte. Der Verein darf es in keiner Weise unterschätzen, dass es auch wichtig ist, wenn Leute im Stadion für Stimmung sorgen. An diesem Abend klappte für den SKN sportlich zwar alles perfekt, denn das Spiel wurde klar mit 5:2 gewonnen, jedoch kam kaum eine Atmosphäre auf, wie man sich diese bei 4.200 Zuschauern erwarten würde.

Alles andere als fanfreundlich war die Einführung einer Arenakarte, die als einziges Zahlungsmittel im Stadion akzeptiert wird. Gerade das Auf- und Entladen sind eigentlich Sachen, die sich der Zuschauer ersparen möchte. Wirklich interessant ist dieses Konzept erst dann, wenn das Stadion immer ausverkauft und ein Großteil der Zuschauer bereits Dauerkartenbesitzer sind. Falls die Zuschauer einmal ausbleiben sollten, sollte man sich immer noch die Innovation parat halten, dass man zu einem Kartenkauf auch eine mit zehn Euro aufgeladene Arenakarte dazubekommt. Das kommt zwar einer Freikarte gleich, aber man bindet vielleicht die Zuschauer ans Stadion.

Als Fazit kann gesagt werden, dass das Stadion an sich absolut gelungen ist. Es bleibt nur zu hoffen, dass der Verein dieses auch in Zukunft füllen kann und die Dinge nicht den Lauf wie in Klagenfurt nehmen. Gelingt es, diesem abschreckenden Beispiel entgegenzuwirken und kann der Verein seine Aufgaben weiterhin positiv erfüllen, könnte auch einmal der Vollausbau auf 13.000 Plätze in Frage kommen.

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Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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