Während ganz Mitteleuropa unter einer Wolkendecke lag, die den Herbst bereits Mitte August beginnen ließ, machte ich mich auf den Weg zur dalmatinischen Küste. Dort war der Sommer tatsächlich noch ein Sommer und so konnten auch einige Badetage mit insgesamt acht Spielen in der Region verbunden werden. Um auch dem Verkehr und den Grenzwartezeiten zu entgehen, wurde die Anreise über Bosnien gewählt. Die Hauptstraßen befinden sich in einem sehr guten Zustand, wobei das einige Manko die mangelnden Überholmöglichkeiten sind. Immerhin wird im ganzen Land fleißig an der Autobahn gebaut, sodass auch dieses Szenario einmal ein Ablaufdatum hat. Wirklich abraten kann ich dort nur von den (weißen) Nebenstraßen.
Aber nun wieder zurück zum Fußball, der mich sogleich wieder aus Bosnien – trotz einiger gute Ansetzungen – wegführte, denn es stand in Kroatien ein Leckerbissen der besonderen Art auf dem Programm.
NK Imotski – NK Pomorac Kostrena 2:0 (0:0)
Im dalmatinischen Hinterland liegt, nahe der bosnischen Grenze, die Kleinstadt Imotski. Diese ist nicht nur aufgrund des blauen Sees, sondern auch aufgrund der einzigartigen Lage des Fußballstadions vielen ein Begriff. Dieses wurde in einem Kessel am Fuße einer Burgruine errichtet und wird an einer Hintertorseite durch den anschließenden Felsen begrenzt.
Mittlerweile sorgt nicht nur das Stadion für Schlagzeilen, sondern auch der NK Imotski selbst. In der letzten Saison gelang der Aufstieg in die 2. kroatische Liga und so kam es im Auftaktspiel zum Duell mit dem NK Pomorac Kostrena, einem Vorortverein Rijekas. Offiziell befanden sich 1100 Zuschauer im Stadion Gospin Dolac, doch mit freiem Auge konnte man ausmachen, dass sich deutlich weniger Personen zu diesem Spiel eingefunden haben. Selbst mit den zahlreichen Gratisblitzer von diversen Haus- und Burgmauern ist die angegebene Zuschauerzahl nicht zu erreichen gewesen.
Die Gastgeber waren in der Partie über weite Strecken überlegen, wobei sie es in der ersten Halbzeit verabsäumten, sich zwingende Tormöglichkeiten zu erspielen. Kostrena stand kompakt, aber gegen die beiden Weitschusstore Imotskis hatte die Defensive der Gäste keine Mittel gehabt. So sicherte sich der NK Imotski verdient drei Punkte.
Abgesehen von den großartigen Eindrücken rund um das Stadion gab es noch ein interessantes Detail am Rande: Das Spiel wurde erst um 18.00 Uhr angepfiffen, sodass es nach dem Spielende auch ziemlich bald dunkel wurde. Eine längere Unterbrechung hätte es da nicht geben dürfen, denn mit einer Flutlichtanlage kann das Stadion Gospin Dolac leider nicht aufwarten.
GOŠK Gabela – NK Bratstovo Gračanica 2:0 (1:0)
Zum ersten Heimspiel der neuen Saison empfing GOŠK Gabela in der 1. Liga FBiH (1. Liga der Föderation = 2. Liga) den NK Bratstovo Gračanica. Rund 300 Besucher kamen ins Stadion Podavala, welches übrigens vor drei Jahren mit dieser großen Tribüne versehen wurde. Damals kickte Gabela, das nur einen Steinwurf von der kroatischen Grenze entfernt liegt, für ein Jahr in der Premijer Liga mit. Über das Rohbaustadium ist die Tribüne aber nicht wirklich hinweggekommen und es scheint auch kein großer Wert auf die Wartung der Plastiksitze gelegt zu werden, zumal diese schon ziemlich vergilbt und schmutzig waren.
Andererseits ist Gabela ein klassischer Dorfverein und zählt auch in der Zweitklassigkeit nicht wirklich zu den Zuschauermagneten. Eine Fanbasis sucht man ebenfalls vergeblich, aber immerhin waren die Vereinsverantwortlichen sehr zuvorkommend und interessiert an unserem Besuch. Eine Einladung nach dem Spiel mussten wird leider ablehnen, weil es danach unmittelbar zum Abendspiel in Široki Brijeg ging. Bei sommerlichen Temperaturen entwickelte sich eine hart geführte, spielerisch allerdings schwache Partie. Der Gastgeber aus Gabela hatte aber über gesamte Spielzeit mehr Spielanteile und erspielte sich die besseren Torchancen, weshalb der Sieg in der Höhe von 2:0 auch in Ordnung war.
NK Široki Brijeg – NK Vitez 2:1 (2:0)
Von Gabela ging es via Mostar weiter nach Široki Brijeg, den Hauptort der Kantons West-Herzegowina. Das Aushängeschild dieser Kleinstadt ist der NK Široki Brijeg, der regelmäßig an der Qualifikation zur Europa League teilnimmt. Daher hatten sogar der SK Sturm Graz (2009) und der FK Austria Wien (2010) schon das Vergnügen im Stadion Pecara – übrigens benannt nach dem gleichnamigen Ortsteil der Stadt – aufzulaufen. An diesem Abend war jedoch kein Gegner von internationalem Format in Široki Brijeg zu Gast. In einem Spiel der dritten Runde der Premijer Liga war der NK Vitez aus Mittelbosnien krasser Außenseiter. Der NK Široki Brijeg stellte seine Favoritenrolle von Beginn an unter Beweis und erspielte sich zahleiche Tormöglichkeiten. Vor der enttäuschenden Kulisse von lediglich 500 Zuschauern führte der Gastgeber zur Pause bereits mit 2:0. Nach dem Seitenwechsel änderte sich wenig an den Spielanteilen. Der NK Široki Brijeg war drückend überlegen, aber eben nicht mehr so konzentriert wie in den ersten 45 Minuten. Dies hätte noch fast fatale Folgen gehabt, denn der NK Vitez kam in der Schlussphase zum überraschenden Anschlusstreffer, dem wenige Minuten später noch ein Stangenschuss folgte. Danach erlöste der Schlusspfiff die Mannschaft Široki Brijegs. Der Sieg der Gastgeber war zwar mehr als verdient, aber auf das Zittern in den letzten Minuten hätten wohl die meisten Besucher im Stadion, sofern sie nicht aus Vitez kamen, verzichtet.
NK Sloga Ljubuški – NK Novi Travnik 5:2 (2:1) – Abbruch in Minute 65
Nach einem Badetag öffnete ich meinen Facebook-Account und es lachte mir die Ankündigung eines Spiels in der Vorrunde des Cups der Föderation BiH an. Diese Partie sollte einen Tag später im Stadion Babovac in der bosnischen Kleinstadt Ljubuški angepfiffen werden. Da es nur rund 50 Kilometer zum Spielort waren, war dies natürlich ein Pflichttermin. Der drittklassige NK Sloga Ljubuški verpasste in der vergangenen Saison lediglich um einen Punkt den Aufstieg in die Zweitklassigkeit und war daher haushoher Favorit gegen den viertklassigen NK Novi Travnik.
Rund 100 Besucher, darunter auch eine kleine Fangemeinde aus Novi Travnik, kamen bei freiem Eintritt zu diesem Cupspiel.
Hochklassiger Fußball wurde an diesem Nachmittag im Stadion Babovac nicht wirklich geboten, wobei der NK Novi Travnik anfänglich besser mithielt als erwartet. Bis zur Pause konnten die Gäste aus Mittelbosnien das Spiel offen halten, wobei sie nur durch einen haarsträubenden Torwartfehler in Rückstand gerieten. Nach dem Seitenwechsel trafen die Gastgeber dann aber nach Belieben. Der Torwart der Gäste hatte dabei nicht wirklich seinen besten Tag und bekam auch einige haltbare Treffer. So stand es in der 60. Minute bereits 5:2 für den NK Sloga Ljubuški und zu allem Überfluss gab es noch einen Platzverweis gegen die Gäste. Dass sich dieser als folgenschwer erweisen sollte, stellte sich fünf Minuten später heraus. Ein Spieler der Gastgeber machte aufmerksam, dass im Kabinentrakt etwas passiert. Anfangs wollten selbst die Spieler von Novi Travnik noch weiterspielen, doch als die Betreuer und der Verbandsdelegierte über den Platz laufen, war allen klar, dass hier etwas mehr vorgefallen sein musste. Der eben ausgeschlossene Spieler wurde von unbekannten Tätern in der Kabine zusammengeschlagen. Nach kurzen Beratungen trat Novi Travnik ab und die Polizei sowie ein Krankenwagen rückten an.
Mit diesen unschönen Szenen endete dieser Fußballabend, wobei wieder einmal deutlich wurde, dass Bosnien noch lange nicht zur Ruhe gekommen ist und die ethnischen Spannungen nach wie vor leider alltäglich und meistens auch völlig grundlos auslebt werden.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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