Das Fußballjahr neigt sich seinem Ende zu und so verabschieden sich auch die Ligen in Mitteleuropa nach und nach in die Winterpause. Während die obersten Ligen dieser Länder noch in den Dezember reinspielen, ist für das Unterhaus bereits meistens an einem Wochenende im November Schluss.
Da es nicht immer zur Europa League nach Weißrussland oder zur EURO 2016-Qualifikation nach Portugal gehen kann, muss man auch damit zufrieden sein, dass in der viertklassigen Csongrád megye, I. osztály (= 1. Komitatsklasse), noch im Dezember eine Meisterschaftsrunde gespielt wurde. Der Grund dafür ist auch ganz einfach erklärt. Die zusätzlichen Runden in diesem Komitat ergaben sich daher, weil – statt der üblichen 14 oder 16 Teams – 17 Mannschaften an dieser Meisterschaft teilnehmen. Geographisch gesehen, befindet sich das Komitat im Südosten des Landes und grenzt sowohl an Serbien als auch Rumänien. Fast die Hälfte seiner Einwohner leben in Szeged, sodass dieser Verwaltungsbereich abseits seiner Hauptstadt als ländlich beschrieben werden kann.
So gegensätzlich wie der strukturelle Aufbau dieser Region, so gegensätzlich waren auch die beiden Plätze in der Liga, auf denen sich die Moderne und die Nostalgie widerspiegelten.
Mórahalom VSE – Tiszasziget SE 4:1 (1:0)
Dank der Bilder des Kollegen Saša Grujić, der in der nur 20 Kilometer von Mórahalom entfernten serbischen Stadt Subotica lebt, wusste ich, dass am Platz des Mórahalom VSE eine neue Tribüne errichtet wurde. Grund genug, warum die Wahl auf dieses Samstagspiel fiel. Doch bereits zwei Kilometer vor dem Ziel tauchte rechter Hand am Ortsrand ein neugebauter Sportplatz auf, auf welchem bereits die Reservemannschaften kickten. Da die von den Fotos bekannte Tribüne auch sofort wiedererkannt wurde, war klar, dass das geplante Spiel hier stattfinden würde und auf dem alten Sportplatz doch keine neue Tribüne errichtet wurde.
Móradomb körut Sportpálya ist der Name dieser im Frühjahr 2015 eröffneten Anlage, auf der sich noch ein Kunstrasenplatz befindet. Es sieht dort zwar alles ein wenig steril aus, aber die Vereinsoffiziellen sind glücklich über ihren neuen Platz, der sich neben dem Mini-Hungary (einer Art Minimundus mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten des ungarischen Sprachraums) befindet. Die Kabinen samt Nassräumen und ein Café befinden sich ebenerdig unter der Tribüne, auf der die Sitze in den Vereinsfarben gehalten sind und in schwarzen Lettern der abgekürzte Vereinsame „MVSE“ dargestellt wird.
Eigentlich erkennt man keinen Unterschied zu den in Österreich in einer Vielzahl neugebauten Sportplätzen. Die bautechnische Vorgehensweise ist hierzulande hinlänglich bekannt. Ein Fußballfeld wird am Ortsrand errichtet und an einer Seite gibt es eine Tribüne, in der das gesamte Vereinsleben integriert ist. Logischerweise halten sich während eines Spiel auch alle Besucher in diesem Bereich auf, während der Rest des Platzes meistens vollkommen verwaist ist.
Immerhin ist der alte Platz in Mórahalom noch in Betrieb. Er wird vom Verein an kleinere Fußballmannschaften vermietet, sodass eine Nachnutzung gegeben ist und dieser nicht einem Wohnbauprojekt weichen musste.
Gespielt wurde an diesem Nachmittag auch noch. Mórahalom war, so wie Tabellenführer aus Algyő, bis zur Ligenreform im Sommer 2013 noch drittklassig, rutschte danach in die Viertklassigkeit ab und möchte sobald als möglich wieder in die NB III zurückkehren. Somit erwarteten sich die meisten der rund 100 Besucher drei weitere Punkte des Tabellenzweiten gegen den Mittelständler Tiszasziget SE. Zur Pause stand es bereits 1:0 und nach dem zweiten Treffer kurz nach Wiederbeginn, schien die Partie bereits entschieden zu sein. Tiszasziget erzielte allerdings wenige Augenblicke später den Anschlusstreffer, sodass erst ein verwerteter Elfmeter in der 81. Minute wieder Ruhe ins Spiel der Gastgeber brachte. In der Schlussminute fiel noch der vierte Treffer für Mórahalom und da Algyő nur unentschieden spielte, könnte der Rückstand auf den Tabellenführer vor der Winterpause sogar noch verkürzt werden.
Szőregi RSE – Mindszent SE 0:6 (0:2)
Da dieses Spiel in Szeged-Szőreg am Sonntag als einzige Partie zur Auswahl stand, wurde dieser Sportplatz mangels Alternativen angefahren. Der bereits oben erwähnte Kollege Saša aus Subotica machte sich ebenfalls auf den Weg in den Vorort der Komitatshauptstadt und so gab es an diesem Nachmittag ein Wiedersehen. Wenn auch mit etwas Verspätung, denn seitdem die ungarische Regierung den Grenzzaun zu Serbien errichtet hat, wartet man bei den Grenzkontrollen gleich einmal 45 Minuten länger. Auch wenn Saša diese Zeit bereits einberechnet hatte, konnte er nicht an den Plätzen in Újszentivan und Tiszasziget vorbeifahren ohne Fotos davon zu machen. So kam es, dass er erst zum Anpfiff sein Auto vor dem Sportplatz einparkte.
Daran konnte man schon erkennen, dass nicht besonders viele Besucher zu diesem Heimspiel des diesjährigen Aufsteigers erschienen sind. Rund 50 Zuschauer verliefen sich auf dem Areal des Szőregi Sportpálya. Dort sucht man vergeblich eine Tribüne oder moderne Sitzgelegenheiten. Man könnte diesen Platz auch als nostalgisch beschreiben. Er ist sogar so nostalgisch, dass er von Mitte Oktober bis Mitte November ein Monat lang gesperrt wurde, damit die notwendigsten Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden konnten.
Am Charakter des Sportplatzes änderten diese Arbeiten jedoch nichts, zumal es noch immer so aussieht als würden sowohl die Sitzgelegenheiten als auch die Auswechselbänke den kommenden Winter nicht überstehen. Dafür findet man im Gegenzug aber einige kuriose Fotomotive. Von diesen sind der Maulwurfshügel auf Spielfeld und die mittels Zwirn an einen kleinen Holzpflock befestigten Eckfahnen wohl am außergewöhnlichsten.
Aus sportlicher Sicht traf der Tabellenvorletzte auf den Tabellendrittletzten der I. osztály des Csongrád megye. Sehr schnell war klar, dass Mindszent SE aber mindestens eine Klasse besser war, denn auch wenn beide Teams nur ein Tabellenplatz trennte, so hatten die Gastgeber lediglich drei Punkte, die Gäste aber deren dreizehn, auf ihrem Konto. So fielen in einer einseitigen Partie insgesamt sechs Treffer für Mindszent, dass durch diesen Sieg in der Tabelle sogar einige Plätze nach oben klettern konnte. Der Szőregi RSE wird nach einer Saison in der höchsten Spielklasse des Komitats wohl bald wieder eine Liga tiefer spielen.
Somit endete auch mein Einblick in ungarische Unterhaus, wo mittlerweile auch schon schön langsam in neue Sportstätten investiert wird, es aber nach wie vor etliche Plätze gibt, die man hierzulande wohl kaum mehr antreffen würde. Zum Glück, wie wohl auch viele Stadionnostalgiker meinen.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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