An diesem Sonntagmorgen sollten wir sogar unserer Liga, der der Gruppe C sechstklassigen Promozione in der Provinz Kampanien treu bleiben, jedoch mussten wir einige Kilometer von Sarno in den Norden fahren, wo in Saviano gekickt wurde. Nicht nur geographisch ging es „hinauf“, sondern auch in der Tabellenregion, denn sowohl der ASCD Saviano 1960 als auch der AC Baiano befinden sich in der oberen Tabellenhälfte.
ASCD Saviano 1960 – AC Baiano 1:0 (1:0)
Der Austragungsort dieser Begegnung war das Stadio Comunale Peppino Pierreo. Doch hinter diesem klingenden Namen verbarg sich ein Ascheplatz mit einer kleinen Tribüne. Die Gegengerade fungierte als Gästebereich mit ebenerdigen Stehplätzen und bei einer Hintertorseite befanden sich die Umkleideräume. Während einige hier sicher die Nase rümpfen, sind wir voll in unserem Element.
Rund 300 Besucher kommen zu diesem Spitzenspiel, wodurch die Tribüne sehr gut gefüllt ist und sogar entlang des Zaunes tummeln sich doch eine beachtliche Anzahl an Zuschauer. Amateurfußball unter diesen Bedingungen lässt mein Herz natürlich höherschlagen, zumal ich in meiner Jugend selbst noch auf diversen Ascheplätzen gekickt habe. Heute gesellt sich zu dieser Atmosphäre aber noch der gute Zuschaueranspruch und die doch hohe Spielklasse für solch einen Untergrund.
Die Akteure geben zur Mittagszeit unter der kampanischen Frühlingssonne auf dem Platz alles. So staubt es bei jeder Ballannahme und jedem Zweikampf. Es sind dann die Gastgeber, die in der 24.Minute in Führung gehen. Allerdings bugsiert hierbei ein Spieler Baianos den Ball über die Linie. Dieses Eigentor sollte auch der einzige Treffer in den ersten 45 Minuten bleiben.
Nach dem Seitenwechsel ist Saviano bemüht, um eine schnelle Entscheidung herbeizuführen, aber die Stange verhindert noch einen weiteren Treffer der Heimelf. Aber auch die Gäste versuchen ihr Glück in der Offensive und haben jetzt mehr von Spiel. Allerdings steht Savianos Defensive sehr gut und so sind zwingende Chancen Mangelware.
Saviano ist in der Schlussphase mit der Absicherung des Ergebnisses bedacht und versucht es daher nur mehr durch Konter zu einem Torerfolg zu kommen, während Baiano nur das Tor der Gastgeber belagert, um noch einen Punkt aus der Provinz Napoli in die Provinz Avellino entführen zu können.
Allerdings pfeift der Schiedsrichter nach etwas Nachspielzeit beim Stande von 1:0 ab und somit bleiben die drei Punkte in Saviano, das somit auch im Rennen um den Aufstieg bleibt. Für uns endet somit der Ausflug in den italienischen Amateurfußball, denn wir begeben uns weiter nach Cava de` Tirreni, wo am frühen Nachmittag ein Spiel der Serie C auf dem Programm stand.
SS Cavese 1919 – SS Viterbese Castrense 1:1 (1:0)
Cava de’ Tirreni ist wohl den wenigsten Leuten ein Begriff. Die knapp über 50.000 Einwohner zählende Stadt liegt nur wenige Kilometer nördlich von Salerno und gehört zur dichtbesiedelten Metropolregion um Neapel.
Der Verein SS Cavese 1919 hatte seine erfolgreichste Zeit in den 1920er Jahren, wo man nach einer Fusion mit dem Ortsrivalen sogar drei Jahre lang erstklassig spielte. Erst Anfang der 80er Jahre kam es wieder zu einer Hochblüte bei Cavese, wobei man in vier Saisonen Zweitklassigkeit einmal sogar knapp am Aufstieg in die Serie A scheiterte. Danach folgten aber Abstiege und die Insolvenz, sodass man seither nicht mehr über die Drittklassigkeit hinausgekommen ist. Jubeln konnte man in Cava de´Tirreni im Jahr 2018 doch wieder einmal, denn als Gewinner des Play-Offs zur Serie C gelang der Wiederaufstieg in Italiens dritthöchste Spielklasse.
Dort ist man zwar in der unteren Tabellenhälfte, wobei man sich aber näher zu den Play-Off-Plätzen als zu den Abstiegsplätzen befindet. Der heutige Gegner ist AS Viterbese Castrense, der aus der Stadt Viterbo, die sich nördlich von Rom befindet, stammt und auch ein Liganeuling ist. War der Verein in der Vorsaison noch in der Gruppe A der Serie C aktiv und durfte somit den Nordwesten des Landes bereisen, so ist man in dieser Saison in die Südgruppe eingeteilt worden.
1.900 Besucher sorgen für eine gute Kulisse in dem doch weitläufigen Stadio Comunale Simonetta Lamberti, das ursprünglich Platz für über 16.000 Besucher bot. Heute ist Fassungsvermögen auf 7.000 Zuschauer beschränkt. Die Stimmung auf den Rängen ist hervorragend, weil sowohl Cavese als auch die Gäste aus Viterbo auf lautstarke Unterstützung ihrer Ultras zurückgreifen können. Insbesondere der Heimblock macht 90 Minuten lang eine ausgezeichnete Stimmung und bleibt daher sehr positiv in Erinnerung.
Bereits in der 12.Spielminute muss Cavese verletzungsbedingt den Tormann wechseln, wobei die Mannschaft sich dadurch nicht aus dem Konzept bringen lässt und mittels eines Konters nur sechs Minuten später in Führung geht. Fella verwertet diese Eins-zu-Eins-Situation eiskalt.
Doch kurz vor der Pause gerät Cavese ernsthaft in Gefahr diese Führung wieder zu verlieren, denn Schiedsrichter zeigt nach einem Foul im Strafraum auf den Elfmeterpunkt. Doch den Ausgleich Viterbos kann der eingewechselte Tormann de Brasi mit einer Glanzparade verhindern. Die Fans feiern diese gelungene Aktion mindestens so euphorisch wie den Führungstreffer.
In den zweiten 45 Minuten verflacht diese Begegnung etwas. Cavese kontrolliert das Spiel und kommt zu einigen Chancen, aber Viterbo ist harmlos und so sind viele Besucher mit dem Gedanken schon beim Heimweg als die Sonne hinter den Hügeln Kampaniens verschwindet. Doch sie werden in der 82.Minute allesamt noch einmal aus ihrer Lethargie gerissen, als Luppi eine Hereingabe aus einem Konter aus kurzer Distanz über die Linie drückt. Viterbese Castrense kommt somit zum schmeichelhaften Ausgleich, der dann auch über die Zeit gebracht werden kann.
Während die Gäste zusammen mit ihren mitgereisten Fans überschwänglich jubeln, muss die Heimelf in die Kurve, um dort Abbitte zu leisten. Ein sicher geglaubter Sieg würde an diesem Nachmittag leichtfertig aus der Hand gegeben.
SSC Napoli – FC Torino 0:0
Zu guter Letzt stand Napoli und das altehrwürdige Stadio San Paolo auf unserem Plan. Das Stadion, das seit seiner Eröffnung 1959 oftmals bei Turnieren für die italienische Nationalmannschaft ein schicksalhafter Ort war. Neben einer Halbfinalniederlage durch Losentscheid bei Olympia 1960 und einem Finaleinzug durch Münzwurf bei dem Europameisterschaft 1968 ist insbesondere die erst im Elfmeterschießen erlittene Halbfinalniederlage gegen Argentinien bei der Weltmeisterschaft 1990 noch vielen in Erinnerung. Zu dieser Zeit war auch der SSC Napoli Dank Diego Maradona in einer Hochphase, wodurch das Stadion mit knapp 90.000 Besuchern gefüllt war. Heute ist das Stadion auf eine Kapazität von 60.240 Zuschauer beschränkt. Derzeit Zeit läuft es für den SSC Napoli zwar sportlich wieder besser, doch an die Glanzzeiten von vor 30 Jahren konnte man nicht anschließen. Dies zeigt sich auch in der Zuschauerresonanz, denn das Stadion ist meist nur zu einem Drittel gefüllt. So auch heute, denn die Begegnung gegen den FC Torino verfolgen gerade einmal 21.830 Zuschauer.
Im Gegensatz zum Rest Süditaliens fühlt man sich in der westlichen Peripherie Neapels schon etwas unwohler. Düstere Gestalten an allen Ecken und Enden und eine gut organisierte Parkplatzmafia, die dreist auf öffentlichen Stellflächen abkassiert, machen die Anreise alles andere als angenehm.
Im Stadion ist das Bild des Publikums kein anderes, zusätzlich hierzu, liegt im Stadion ein latenter Geruch von Cannabis in der Luft. Es gelingt einem dann doch, sich auf das Spiel zu konzentrieren, wobei die Gäste aus Turin anfangs das Spiel machen, aber im Laufe der ersten 45 Minuten Napoli besser in die Partie kommt und dadurch der Führung näher ist.
Die beiden Napoli-Kurven sind zwar bemüht Stimmung zu machen, aber auch hier hat man schon bessere Leistungen von italienischen Kurven gesehen. Nach dem Seitenwechsel wird zumindest das Spiel der Gastgeber besser, aber Torinos Torwart Sirigu ist heute einfach nicht zu bezwingen und macht mit zahlreichen Parden die besten Möglichkeiten der Neapolitaner zu Nichte. Somit bleibt es beim 0:0 und der Punkteteilung.
Napoli wird danach schnell Richtung Rom verlassen. Einmal gesehen sollte man dieses Stadion dann doch, aber es gibt wohl kaum einen Grund hier noch einmal herzukommen. Hingegen gibt es zahlreiche Gründe, um gerne wieder einmal Süditalien zu besuchen.
Heffridge, abseits.at
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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