Nach dem Europa-League-Finale und dem Besuch bei der EURO 2012 in der Ukraine stand mit dem Fußballturnier der Olympischen Spiele bereits das dritte Großereignis in diesem Jahr auf dem Programm.
Da das olympische Fußballturnier der Männer aufgrund der Altersbeschränkung von der Öffentlichkeit meist nicht besonders wahr genommen wird, war es nach einem Blick auf die Austragungsorte und der großen Kapazität der Stadien eigentlich sofort klar, dass man leicht zu Karten kommen wird. Bei den mir noch fehlenden Stadien und der Kombination mit einem Wochenendtermin konnte die Reisezeit bereits im Jahr 2011 auf Ende Juli fixiert werden. Wie bereits erahnt, wurden alle gewünschten Karten bei der Ticketvergabe zugeteilt, woraufhin auch die Flüge nach London gebucht werden konnten. Auch wenn London für uns der Zielflughafen sowie der Austragungsort der Olympischen Spiele war, wurde die Stadt diesmal nicht mit einem Besuch beehrt. Ob es tatsächlich überfüllte U-Bahnen und teure Quartierpreise gab, wird dieser Reisebericht weder bestätigen noch widerlegen können. Flugpreise, Quartiere und der Mietwagen kosteten jedenfalls nicht mehr als üblich und selbst am Flughafen lief alles kontrolliert und überschaubar ab, obgleich der 26. 07. 2012 der Tag mit dem höchsten Passagieraufkommen aller Zeiten gewesen sein soll.
Cardiff ist für Olympia gerüstet
Nach der problemlosen Anreise saßen wir bald in unserem Mietwagen Richtung Westen. Die erste Station der Olympiatour sollte uns in die walisische Hauptstadt Cardiff bringen. Dort angelangt stellten wir fest, dass uns der Wettergott wieder einmal eines Besseren belehrte: Anstelle des vorhergesagten Dauerregens gab es nahezu 30°C und Sonnenschein pur. Kleidung für diese Temperaturen war im Gepäck natürlich Fehlanzeige. Cardiff hatte mit dem heutigen Spiel bereits einen Tag vor der Eröffnungsfeier seinen ersten Olympiaauftritt und zeigte sich diesbezüglich auch gut gerüstet. Überall im Stadtzentrum präsentierte man mit Stolz, dass man ein Teil der Spiele ist. Zumindest während der Spiele war es auf der ganzen Insel „in“ sich zu Großbritannien zu bekennen. Dies hatte zur Folge, dass der walisische Drache nahezu gänzlich aus dem Stadtbild verdrängt wurde und dieser temporär durch die Olympiamaskottchen ersetzt wurde.
Nach dem Stadtspaziergang ging es auch schon zum Millennium Stadium. Das 1999 erbaute und während des Neubaus von Wembley auch als Austragungsort für Cup- und Play-Off-Finalspiele dienende Stadion liegt schier einzigartig im Stadtzentrum. Wohl in keiner anderen Stadt der Welt liegt ein Stadion dieser Größe – mit stolzem Fassungsvermögen von 74.500 Plätzen – so zentral wie hier. Wir waren bereits eine Stunde vor Spielbeginn beim Stadion, denn aufgrund der angeblich strengen Kontrollen hatten wir etwas mehr Zeit eingeplant. Bei diesen musste man seine Hosentaschen ausräumen und die darin befindlichen Habseligkeiten in einem durchsichtigen Plastiksackerl dem Ordner präsentieren. Wider Erwarten kam man hier aber recht zügig und daher ohne Zeitverlust ins Stadion.
Brasilien – Ägypten 3:2 (3:0)
Zu Beginn des Spiels fanden sich 26.812 Zuschauer im Stadion ein. Für ein U23-Spiel zwischen Brasilien und Ägypten in der Gruppenphase unter der Woche sicher keine schlechte Besucherzahl. Allerdings füllte diese das Stadion nur zu einem Drittel. Der Großteil der Fans kam aus Brasilien oder drückte zumindest den Sambakickern die Daumen. Dies stellten die meisten Besucher auch durch das Tragen brasilianischer Fanutensilien zur Schau. Ägyptische Fans waren zwar in der Unterzahl, aber doch zahlreicher als gedacht vertreten. Auf dem Rasen spielte anfangs nur der Goldfavorit aus Südamerika. Es schien schon so, als würden die eigentlich als stark eingestuften Nordafrikaner nur ein besserer Trainingspartner für Brasilien sein. Nach 30 Minuten stand es bereits 3:0 und da die Brasilianer vor der Pause noch gute Chancen vorfanden, hätten sie dieses Ergebnis noch weiter in die Höhe schrauben können. Die meisten rechneten danach mit einem Debakel der Ägypter, doch irgendwie schien Brasilien nach dem Seitenwechsel auf das Fußballspielen vergessen zu haben. Auch nach dem ersten Treffer der Ägypter änderte sich an der laschen Einstellung der Sambakicker überhaupt nichts. Erst als in der 76. Minute der ägyptische Anschlusstreffer fiel, wurden die Brasilianer hektisch. Natürlich war unter diesen Umständen nicht mehr an geordnetes Fußballspiel seitens der Männer in den gelben Trikots zu denken. Diese müssten sich nach 90 Minuten eigentlich bei den Ägyptern bedanken, dass diese ihre Chancen auf den Ausgleich in der Schlussphase stümperhaft vergaben. Es war nach den ersten 45 Minuten eigentlich kaum zu glauben, dass diese drei Punkte am Ende für Brasilien unverdient und glücklich zu Stande gekommen sind.
Am nächsten Tag ließen wir Cardiff und Wales zeitig in der Früh hinter uns. Einige Kilometer in Richtung Norden mussten wir zurücklegen und diese gestalten sich durch den Freitagnachmittagsverkehr doch mühsamer als erwartet. Doch spätestens ab Preston war die Autobahn wieder sehr gut passierbar und wir kamen wieder schneller vorwärts. Im dünnbesiedelten Nordwesten Englands, der auch als Cumbria bezeichnet wird, ist das auch wenig verwunderlich. Als einzig nennenswerte Stadt dieser Region befindet sich kurz vor der schottischen Grenze Carlisle. Da wir bereits zu Ostern dort gute Erfahrungen mit einem günstigen Quartier gemacht haben, wurde dieses natürlich wieder angefahren. Diesmal blieb aber mehr Zeit als damals und so konnte auch der Altstadt von Cumbrias Hauptstadt ein Besuch abgestattet werden. Bevor es dann zum Testspiel von Carlisle United gegen den St. Mirren FC in den Brunton Park ging, kaufte ich mir noch eine Packung Haribo Fruchtgummi – in Form von Goldmedaillen! Scherzhalber meinte ich damals noch, dass ich damit 2012 wohl die einzigen (olympischen) Goldmedaillen für Österreich holen werde…
Carlisle United FC – St. Mirren FC 1:0 (0:0)
Im englischen Norden war das Klima zwar schon etwas rauer, aber dennoch gab es auch hier noch keine Spur vom angekündigten Regen. Es war ein wirklich schöner Sommerabend, an dem sich Carlisle und der schottische Premier League-Vertreter St. Mirren zu diesem Testspiel trafen. Zwar kamen nur 1.643 Zuschauer zu dieser Partie, jedoch ist das Stadion des englischen Drittligisten für jeden Liebhaber englischer Stadien sehr empfehlenswert. Die Längsseite des Brunton Parks hat im unteren Rang noch Stehplätze, über denen eine ältere und bereits in die Jahre gekommene Haupttribüne thront. Die Fantribüne hinter dem Tor hat überdachte Stehplätze, wobei die Dachkonstruktion einzigartig „britisch“ ist. Die Gegengerade ist eine neugebaute Tribüne, wobei diese etwas versetzt zum Spielfeld errichtet wurde, weshalb der Gästebereich auch über die Torauslinie hinausragt. Dies sieht zwar etwas eigenartig aus, macht das Stadion allerdings unverwechselbar.
Das Spiel war dann ein typisches Testspiel. Beide Mannschaften probierten viel aus, wechselten viel durch und Chancen gab es leider auch nur sehr selten. In der ersten Halbzeit waren daher die mitgenommen Goldmedaillen eine willkommene Abwechslung zum Geschehen auf dem Rasen. Dennoch wurde die Partie nach zahlreichen Wechseln in den zweiten 45 Minuten etwas ansehnlicher. St. Mirren war zwar die ein wenig bessere Mannschaft, jedoch trafen die Schotten das Tor nicht. Gastgeber Carlisle war da um einiges effizienter und verwertete eine der wenigen sich bietenden Chancen. Da es nach 90 Minuten bei diesem einzigen Treffer blieb, konnte Carlisle einen Achtungserfolg verbuchen. St. Mirren verpatzte allerdings eine Woche vor dem Ligastart diese Generalprobe und wird sich in SPL sicher steigern müssen, wenn man nicht in den Abstiegsstrudel geraten möchte.
Bei uns überwogen trotz der eher mäßigen Partie die positiven Eindrücke von Carlisle und seinem Stadion. Wieder zurück im Zimmer wurden noch die Übertragung der olympischen Eröffnungszeremonie und der Einzug der Athleten angeschaut, ehe die Nachtruhe angesagt war. Schließlich sollte es morgen ausgeschlafen ins schottische Glasgow gehen.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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