Bei Kroatien denkt man sofort an Sommer, Sonne, Urlaub und Meer. Die Landesteile Dalmatien und Istrien, die Region um Rijeka sowie eine der zahlreichen Inseln sind daher jedermann bekannt, wohl auch noch Hauptstadt Zagreb. Östlich davon erstreckt sich aber noch über 300 Kilometer der Landesteil Slawonien, der sehr landwirtschaftlich geprägt ist. Das fußballerische Aushängeschild dieser Region ist zweifelsfrei der NK Osijek, jedoch bietet auch das dortige Unterhaus, dem ich bislang wenig Beachtung schenkte, einiges und wartete mit positiven Überraschungen auf.
NK Belišće – NK Sloga Nova Gradiška 4:0 (3:0)
Rund zehn Kilometer vom Grenzübergang beim ungarischen Beremend befindet sich bereits südlich der Drau liegend die Stadt Belišće. Die 10.000 Einwohner zählende Kleinstadt ist vor allem für ihre Holz- und Papierindustrie bekannt, aber auch ein Fixpunkt im kroatischen Drittligafußball, zumal der NK Belišće schon seit geraumer Zeit in der 3.HNL istok, der Ostgruppe der dritten kroatischen Liga, eingeteilt ist.
Der 1919 gegründete NK Belišće wollte zu seinem 100 jährigen Bestehen auch sein Stadion auf Vordermann bringen und dieses Jubiläum mit einem Tribünenneubau begehen. Doch wenn man den Stadionparkplatz ansteuert, dann fallen einem sofort drei Worte eines Sportpoeten ein: „oder auch nicht!“ Denn man wird hier nicht nur von einem Schild samt Wappen und einer individuellen Spielankündigung, nein, sogar von einem Rohbau der Tribüne, begrüßt. In meiner ersten Enttäuschung wollte ich schon umdrehen und zum Viertligaspiel ins fünf Kilometer entfernte Valpovo weiter, aber dann dachte ich an Hopperkollegen Andi, der in Pjöngjang vor verschlossenen Stadiontoren stand und besann mich das Gradski Stadion Belišće doch zu betreten, denn ob ein Rohbau am Balkan tatsächlich fertiggestellt wird, dass weiß man nicht!
Da in Kroatien die 3.Ligen Mitte und Nord im Sommer neu geschaffen wurde, kamen gab es auch einige Neuzugänge in die 3.Liga Ost, unter anderem auch den NK Sloga Nova Gradiška. Die Gäste mühen sich in der Liga etwas, denn man ist an 15. und somit vorletzter Stelle der Tabelle, zwei Punkte vor dem Schlusslicht Vukovar, aber bereits sechs Punkte hinter Platz 14. Der NK Belišće befindet sich im oberen Mittelfeld der Tabelle und somit gehen die meisten der 150 Besucher von einem klaren Heimsieg aus.
Dank den Zauberwortes „Novinar“ kann ich sogar den Einlauf der Mannschaften aus nächster Nähe ablichten und begebe mich danach in das weitläufige Areal, um meine Bilder zu schießen. In einer einseitigen Partie sorgen Rosandić in Minute 12 und Agatić in Minute 25 mit ihren Treffern für die Heimischen, wie vermutet, für klare Verhältnisse. Als ich auf der Suche nach Schnappschüssen wieder beim Kabinentrakt bin, drückt mir ein aufmerksamer Ordner eine Fotoweste in die Hand, sodass ich mich von nun an überall am Stadiongelände frei bewegen kann.
So sehe ich das 3:0 durch Pačar in der 45.Minute bereits vom Spielfeldrand und ich verbringe die Pause auf der Auswechselbank, ehe ich mich auf den Rohbau der Tribüne begebe, um auch von dort einige Bilder machen zu können. Ich umrunde danach das Spielfeld und genieße die Sonne hinter dem Tor, wo Ratković in der 71.Minute zum 4:0 für Belišće einnetzt. In der Schlussphase passiert nichts mehr. Auf den Stehplätzen feiert der kleine Fanclub der Baraberi und der Rest der Besucher, der sich auf der kleinen Holztribüne beim Kabinentrakt aufgehalten hat, verlässt heute zufrieden das Stadion in Belišće.
NK Meljani – NK Kozice 1:5 (1:3)
Da man in Kroatien eigentlich immer nur Spiele aus den Verbandsansetzungen (bestehend aus den ersten drei Spielklassen samt dem Cup) gesehen hat, ist man noch nie in den Genuss eines echten Unterhauskicks gekommen. Doch da man auf der Verbandsseite die Links zu den Fußballverbänden der Gespannschaften findet, konnte auch dieses Unterfangen in Angriff genommen werden. Manche Seiten sind hier besser gewartet als andere, die des Verbandes der Gespanschaft Osijek-Baranja ist jedenfalls eine gut gewartete und so konnte man für den Sonntag ein seltenes Abendspiel in dieser Region finden. Ein Blick auf die Ansetzungen des Županijski nogometni savez – Virovitičko-podravske županije, des Verbandes der Gespannschaft westlich von Osijek, ließ mich ein Spiel der III. Županijska Nogometna Liga Istok entdecken. In der sechstklassigen und somit der untersten Spielklasse in dieser Region traf um 10.00 Uhr der NK Meljani auf den NK Kozice. Das Spiel sollte in Sladojevci stattfinden, einem Dort westlich der Kleinstadt Slatina, während das Dorf Kozice östlich neben dieser befindet.
Bei Slatina werden bei mir übrigens Erinnerungen wach. Nicht nur, dass ich im rumänischen Slatina bereits ein Zweitligaspiel gesehen habe, bin ich bereits vor 15 Jahren durch dieses Slatina, übrigens auf dem abenteuerlichen Weg bei winterlichen Verhältnissen durch einen Nationalpark zum Erstligaspiel ins unweit entfernte Velika, gefahren.
Ich erreiche Sladojevci zeitgerecht. 50 Zuschauer sind auch hier, die meisten von ihnen sitzen ums kleine Café am Sportplatz oder unter den Schatten spendenden Bäumen. Fast alle von ihnen haben bereits ein Bier in der Hand und man hat daher die Vermutung, dass die Besucher die Samstagnacht am Sportplatz ausklingen lassen. Für verschiedene Biermarken wird auch auf den Trikots von 21 Spielern geworben. Nur der Tormann der Gäste wirbt auf seinem Trikot für einen Billigmodemarkt.
Das Spiel ist unterhaltsam und beide Teams haben viele Chancen. Oftmals verhindert die Stange oder die Latte einen Treffer, manchmal auch der schlechte Rasen. Am häufigsten scheitern die Spieler beider Teams aber am eigenen Unvermögen. Filipović bringt die Gäste jedenfalls mit zwei Treffern in der 17. und 34.Minute mit 2:0 in Front, ehe Marović zwei Minuten später eine tolle Kombination zum Anschlusstreffer abschließen kann. Filipović sorgt in der 41.Minute aber für die 3:1-Pausenführung für Kozice und in der 57.Minute sorgt er vom Elfmeterpunkt für die endgültige Entscheidung in diesem Spiel. Den Schlusspunkt in diesem Torreigen setzt Gardilo mit dem 1:5 in der 77.Minute.
Aber nicht nur die Tore, sondern auch der neben der Bahntrasse gelegen Sportplatz sorgt für unvergessliche Eindrücke an diesem Vormittag. Natürlich konnte man auch hautnah das Lamentieren der Spieler miterleben und war sogar bei einer Handgreiflichkeit in der Schlussphase hautnah mit dabei. Dieser Unterhauskick hielt was er versprach und beseitigte meine Zweifel, ob des zeitigen Aufstehens am Sonntagmorgen. Das einzig unangenehme waren jetzt die 111 Kilometer zum Drittligasspiel nach Ivankovo, denn dieses war das einzige Sonntagsspiel der 3.HNL istok, das mit dem Abendspiel in Grabovac kombinierbar war.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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