Nachdem Spanien bereits verdient ins Halbfinale weitergekommen ist, war das „Weiterkommen“ auch unser Stichwort. Das Saarbrücker Eurotaxi, das passenderweise mit dem Kennzeichen „SB –... Groundhopper’s Diary | Von Schlaglöchern, Tierorakeln und Panenka-Elfern

Nachdem Spanien bereits verdient ins Halbfinale weitergekommen ist, war das „Weiterkommen“ auch unser Stichwort. Das Saarbrücker Eurotaxi, das passenderweise mit dem Kennzeichen „SB – EM 2012“ ausgestattet war, war bald nach dem Spielende startklar und die Nachtfahrt nach Kiew konnte losgehen. Sie begann auch gleich mit einer ordentlichen Schrecksekunde. Ein abruptes Ausweichmanöver am Stadtrand von Donezk führte dazu, dass unser Renault Espace Bekanntschaft mit einem Schlagloch der übleren Sorte machte.

Dies zwang uns zu einem unfreiwilligen Zwischenstopp. Bei der Begutachtung der Felge war leider offensichtlich, dass die Zierkappe abgebrochen und die Felge an dieser Stelle ziemlich verbogen war. Zum Glück verlor der Reifen keine Luft, sodass wir weiterfahren konnten. Dennoch hatte jeder im Auto ein mulmiges Gefühl, denn es lagen noch rund 750 Kilometer bis Kiew vor uns. Fortuna sollte uns diesmal aber hold sein. Einerseits hielt die Felge und andererseits war nicht sehr viel los auf den Straßen, sodass wir bereits um 10.00 Uhr den Osten von Kiew erreichten. Dort hatten die vier Jungs aus Saarbrücken ihr Quartier in einer Plattenbauwohnung. Nach zwei Tagen ohne Dusche waren sie noch so nett, dass ich mich in ihrem Badezimmer frisch machen und gepflegt durch Kiew fahren konnte. Alles in allem gilt es aber an dieser Stelle einen Riesendank an Magnus, Patrick und den Rest der Crew auszusprechen. Ohne sie wären wir nie so schnell von Donezk nach Kiew gekommen. Andi, der mich seit Wien begleitete, verabschiedete sich bis zum Spiel und fuhr gleich weiter in sein Hotel.

Durch die gewonnene Zeit ging sich nicht nur problemlos das Viertelfinale zwischen England und Italien aus, sondern es blieb noch ausreichend Zeit, um den Tag in der Stadt verbringen zu können. Ich rief einmal bei Alexander an, der mich von einer Metrostation im Norden der Stadt abholte. Bei ihm hatte ich auch meine Übernachtungsmöglichkeit für kommende Nacht und dort konnte ich auch gleich mein Gepäck verstauen. Er war ziemlich überrascht, dass ich bereits so zeitig wieder in Kiew zurück war. Seine Frau hatte in der Zwischenzeit schon aufgetischt und so wurde bei Speis und Trank über die Fahrt nach Donezk, die EURO und allgemein über das Leben in der Ukraine geplaudert. Mittlerweile war es früher Nachmittag in Kiew und ich musste schon wieder zurück in die Innenstadt. Die U-Bahnstation Arsenalna, die sich 105,5 Meter unter der Erde befindet und somit die tiefst gelegene Metrostation der Welt ist, war mein Treffpunkt mit Elena und Nadya. Die beiden stammen aus Bila Tserkva, das rund 100 Kilometer südlich von Kiew liegt. In ihrer Geburtsstadt habe ich sie bei meinem Besuch vor zwei Jahren im Zuge eines Zweitligaspiels kennengelernt. Auch wenn sie nicht wirklich verstehen, warum man wegen Fußballspielen durch die Welt reist, hat es sie schließlich überzeugt, dass ich beide ohne ukrainischen Zweitligafußball niemals kennen gelernt hätte.

In Kiew war es an diesem Tag zwar sonnig, es ging aber ein leichter Wind, der  selbst die Temperaturen von knapp unter 30°C bestens erträglich machte. So spazierten wir einmal durch einen Park zum Bogen der Völkerfreundschaft. Von diesem Ort war es dann auch nicht mehr allzu weit zur Fanzone, die ihren Ausgangspunkt am Unabhängigkeitsplatz hatte und sich über einen Kilometer durch die Innenstadt zog. Bevor diese aber durchwandert wurde, gab es noch eine Pause in einem Café, wo aus dem ersten Stock bei dem einen oder anderen Bierchen das Treiben auf der Fanmeile besichtigt werden konnte. Danach ging es auch ins Getümmel der Fanzone. Hier gaben besonders die Engländer den Ton an. Sie hatten sich gleich in der Mitte breit gemacht und hingen ihre Fahnen zwischen den Bäumen und Zelten auf. Bei Britpop und reichlich ukrainischem Bier stimmten sie sich schon auf das Spiel gegen Italien ein. Bezüglich des Bieres in der Fanzone hat die UEFA aus dem Skandal bei der EURO 2008 gelernt. Es wurde neben dem vorgeschriebenen Carlsberg auch das Lemberger Bier ausgeschenkt. Das kostete mit 15 Hriwna (rund € 1,50) nicht nur bedeutend weniger als das importierte Pendant aus Dänemark, sondern schmeckte auch tatsächlich nach Bier und nicht nach Wasser. Eine weitere Attraktion in der Fanzone war das Orakelschwein. Es sollte – so wie der Krake „Paul“ im Jahr 2008 – durch den Verzehr des Inhaltes eines Behältnisses den Sieger der anstehenden Partien der EURO vorhersagen. Nun sagten mir meine Begleiterinnen, dass das Schwein als Orakel bisher kläglich gescheitert war und kaum ein Spiel richtig tippte. Als ich das Schwein gesehen habe, ist es einfach nur faul dagelegen. Ich hoffte nur, dass das Schwein sich auch diesmal wieder irrte und die Partie am Abend kein Langeweiler werden sollte.

Nach dem Besuch der Fanzone widmeten wir uns wieder den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Auf einer Anhöhe südöstlich des  Zentrums hat man einen wunderschönen Ausblick auf den Fluss Dnepr. Im dortigen Park befinden sich Denkmäler für die beiden Weltkriege des vorigen Jahrhunderts und anschließend kommt man bereits zum Höhepunkt einer jeden Kiew-Besichtigung: Dem Lavra Höhlenkloster. Dieser Sakralbau ist seit geraumer Zeit auch UNESCO-Weltkulturerbe und es würde sich auch lohnen, längere Zeit dort zu verweilen, um auch sämtliche Innenräume besichtigen zu können. Mittlerweile wurde es aber Abend und nach einem Besuch der Statue „Mutter-Heimat“ (die es nahezu in jeder größeren Hauptstadt einer ehemaligen Sowjetrepublik gibt), sollte es mittels Minibus zum Stadion gehen. Leider war auf der benötigten Linie am Sonntagabend kein Betrieb mehr, sodass die Anreise zum Olympiastadion mittels Bus und Metro sowie zwei Umsteigevorgängen auf einem umständlicheren Wege durchgeführt werden musste. Die kleine Verspätung wäre auch nicht schlimm gewesen, wenn nicht noch die Metrostation direkt beim Olympiastadion aufgrund eines Public-Viewing-Bereiches gesperrt gewesen wäre. So musste nun ein 20-minütiger Fußmarsch zurückgelegt werden, um das Stadion zu erreichen. Also verabschiedete ich mich von meinen Begleiterinnen und legte die Strecke flotten Schrittes zurück, sodass ich immerhin noch 15 Minuten vor dem Anpfiff meinen Sitzplatz inne hatte.

Nach dem Abspielen der beiden klassischen Hymen hatten die 64.340 Zuschauer keine Zeit zu verschnaufen! De Rossi traf in der dritten Minute an die Stange und im Gegenzug hatte Johnson eine Großchance. Leider verflachte die Partie danach zusehends. England wurde in die Defensive gedrängt und Italien musste das Spiel machen. Eine völlig verkehrte Fußballwelt präsentierte sich uns an diesem Abend in Kiew. Da die drückend überlegenen Italiener aber an ihrer Chancenauswertung scheiterten, ging das Spiel in die Verlängerung. In dieser bot sich weiterhin dasselbe Bild. Italien war durch einen Stangenschuss von Diamanti und einem Abseitstreffer dem Sieg viel näher als die Jungs von der Insel. Die Engländer hingen in der Verlängerung bereits wie ein Boxer in den Seilen und retteten sich ins Elfmeterschießen. Wären wir beim Boxen geblieben, dann wären die Italiener klarer Punktsieger geworden. Aber dies nutzte unseren südlichen Nachbarn nichts und das Schicksal schien im Elfmeterschießen grausam zuzuschlagen, denn Montolivo setzte seinen Strafstoß neben das Tor. Danach ballerte Young aber seinen Elfer an die Latte und Pirlo verwandelte in Panenka-Manier. Nun fühlte das ganze Stadion, dass das Momentum wieder bei Italien war. Auch Buffon ließ sich von dieser Atmosphäre anstecken und hielt den Schuss von Cole. Nun lag es an Diamanti, die „Azzurri“ ins Finale zu schießen. Das tat er dann auch souverän, indem er Hart in die falsche Ecke schickte. Danach kannte der Jubel der Italiener keine Grenzen mehr, wobei sich selbst die Engländer eingestehen mussten, dass ihr Weiterkommen wohl nicht verdient gewesen wäre. Nach dem Spielende herrscht auf den Straßen ein wenig Chaos, denn alle Metrostationen in der Nähe des Nationalstadion wurden für eine Stunde gesperrt. So waren wieder einmal ein Fußmarsch und eine Verspätung angesagt. Aber wäre dieser Fußmarsch nicht gewesen, dann wäre in der Kiewer Innenstadt nie das spontane Treffen mit User „HMF“ zu Stande gekommen, der mich in der Masse sofort erkannte! Bei der U-Bahn trennten sich dann allerdings wieder unsere Wege und es war schon weit nach zwei Uhr als ich wieder bei Alexander im Stadtteil Obolon war. Seine Frau stand sogar aus dem Bett auf, um mich zu begrüßen und fragte, ob ich noch Hunger habe. Sie hätte nämlich schon Pasta und Fisch für mich vorbereitet. Da bekam der Begriff Nachtmahl wieder eine andere Bedeutung. Überwältigt von dieser Gastfreundschaft schlief ich danach allerdings sehr gut.

Am nächsten Morgen gab es noch ein ausgiebiges Frühstück, ehe es von Alexander und seiner Familie Abschied nehmen hieß. Es ging wieder zurück zum Flughafen. Dort traf ich noch eine schwedische Gruppe, mit der ich mich über die kommende WM-Qualifikation unterhielt. Auch mit ein paar Engländern kam ich ins Gespräch. Als ich ihnen sagte, dass ich aus Österreich bin, fragten sie mich sofort, ob ich Andreas Weimann kennen würde und meinten, dass mein Lieblingsklub sicher Sturm Graz sei. Ich fragte zurück, ob sie Rapid Wien kennen. Die prompte Antwort war: „Never heard!“ Und schon wurde in der Zeit bis zum Abflug über die beiden unvergessenen Duelle im Villa Park gesprochen. Dann verabschiedete ich mich mit einem „high five“ von den Jungs aus Birmingham und wenig später war auch die Zeit für das Abschied nehmen aus Kiew und der Ukraine gekommen. Zumindest bis zum nächsten Mal…

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Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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