54 Fußballverbände gehören der UEFA an. Nicht immer sind die Verbandsgrenzen auch mit den Landesgrenzen gleichzusetzen. Während hierbei ein Blick in das Vereinigte Königreich zeigt, dass es dort historisch bedingt vier Fußballverbände gibt, sind die Verbände aus Monaco und dem Vatikan gar nicht bei UEFA. Ebenso wie der Kosovo, der allerdings um die Aufnahme in die UEFA als 55. Mitglied bemüht ist. Dass auch nicht alle Verbände (zur Gänze) im geographischen Europa beheimatet sind, vervollständigt diese Liste der Unterschiede. Apropos vervollständigen. Nachdem mich meine Reisen von der zentralasiatischen Steppe bis zu den im Atlantik befindlichen Schafsinseln gebracht haben, sollte nur dem letzten fehlenden UEFA-Mitglied ein Besuch abgestattet werden. Im Vergleich zu manch anderen Destinationen, ist eine Reise nach Weißrussland vergleichsweise ein Katzensprung, aber da man dort relativ wenig für Demokratie übrig hat und die Einreisebestimmungen auch nicht zu den Besucherfreundlichsten zählen, blieb das Land eben bis zuletzt übrig.
Nachdem in diesem Sommer bereits der Wolfsberger AC und der FC Salzburg das Vergnügen hatten, in Weißrussland antreten zu dürfen, ergab die Auslosung zur Gruppenphase der Europa League, dass auch der SK Rapid Wien nach Weißrussland reisen muss. Für mich eine ideale Gelegenheit, um diesen lang ersehnten Länderpunkt machen zu können.
Einreise und Aufenthalt in Minsk
Bei der Ankunft am Flughafen in Minsk lief alles in strenger russischer Manier ab. Dank des Gruppenvisums hielt sich aber der Zeitverlust bei der Passkontrolle aber in Grenzen. Manche – so auch meine Wenigkeit – hatten auch noch das Glück vom Zoll durchsucht zu werden, wobei die weißrussischen Zöllner sogar akribisch auf das eingeführte Bargeld blickten.
Per Bustransfer ging es in dann weiter ins Zentrum der Stadt Minsk. Breite Einfallstraßen und Plattenbauten in der Architektur der Nachkriegszeit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermittelten sofort das typisch russische Flair. Jedoch war das Leben auf den Straßen für eine Großstadt ziemlich lethargisch. Es stimmt schon, dass an einem Wochentag um die Mittagszeit nicht gerade High-Life auf den öffentlichen Plätzen herrscht, aber eine pulsierende Millionenstadt sieht auch um diese Uhrzeit anders aus. Systembedingt ist Arbeitslosigkeit in Weißrussland ein Fremdwort und so werden die meisten Weißrussen zu diesem Zeitpunkt entweder in der Arbeit gewesen sein oder sie lassen sich eben generell unter Tags nicht auf den Straßen blicken.
Der Geldwechsel ist auch eine interessante Sache. Für 20 Euro erhält man rund 400.000 weißrussische Rubel. Wer sich einmal als Millionär fühlen möchte, ist also ab 50 Euro dabei. Und einmal im wahren Leben Mankomania (Anm.: Ein Brettspiel mit dem Untertitel: „Wie verjubelt man am schnellsten eine Million“) spielen zu können, weckt sowohl so manche Kindheitserinnerungen als macht es auch die damaligen Kinderträume wahr.
Nach dem Stadtrundgang wurde auch bei einem Restaurantbesuch auch gleich einmal eine halbe Million liegen gelassen, wobei das Preis-Leistungsverhältnis in der weißrussischen Hauptstadt keineswegs als sehr günstig zu bezeichnen ist. Hier reiht man sich nahtlos in eine Reihe anderer Städte Osteuropas ein, wobei ich persönlich die Ukraine, Moldawien oder Georgien als noch preisgünstiger einstufe. Erklären kann man sich diese relativ teuren Preise hier wohl nur aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit zum großen Bruder Russland.
Die Zeit in Minsk verging leider wie in Fluge und schon hieß es wieder zurück zu den Transferbussen, die einen in das 70 Kilometer nordöstlich von Minsk gelegene Borisov brachten, wo das heutige Spiel in der Europa League Gruppenphase stattfinden sollte.
FK Dinamo Minsk – SK Rapid Wien 0:1 (0:0)
Warum das Spiel gerade in Borisov stattfinden sollte, ist auch schnell erklärt. Das Dinamo-Stadion, die eigentliche Heimstätte des FK Dinamo Minsk, wurde mit Ende 2012 abgerissen. Derzeit befindet sich dort eine Großbaustelle, auf der im Jahre 2019 die Nachfolge-Arena eröffnet werden sollte, bis dahin trägt der FK Dinamo Minsk seine Heimspiele im Traktar-Stadion aus. Dieses ebenfalls in Minsk gelegene Stadion bietet zwar 17.568 Zuschauern Platz und ist – wenn man das im Bau befindliche Dinamo-Stadion miteinberechnet – sogar das zweitgrößte des Landes. Allerdings entspricht es nicht den UEFA-Vorgaben für eine Europa-League-Gruppenphase und so musste nach Borisov ausgewichen werden.
Dort wurde für den erfolgreichsten Verein des Landes, dem FK BATE Borisov, eine moderne Arena errichtet, die im Mai 2014 eröffnet wurde. Gebaut wurde dieses Stadion eigentlich nur, weil der Neubau des Dinamo-Stadion bereits geplant war und es sonst im ganzen Land kein weiteres UEFA-taugliches Stadion für internationale Spiele gegeben hätte.
Die 13.126 Sitzplätze der Borisov-Arena waren in diesem Abend nur schütter besucht. Lediglich ein Drittel der Plätze wären belegt, sodass knapp unter 5.000 Zuschauer diesem Spiel beiwohnten. Der Auswärtsblock war mit 500 Besuchern allerdings sehr gut gefüllt und sorgte für Stimmung im Stadion. Einen Dinamo-Fanblock gab es nicht, und so waren vereinzelte „Dinamo, Dinamo“-Rufe das einzige, das stimmungstechnisch von weißrussischer Seite kam.
Rapid dominierte das Spiel in den ersten 45 Minuten, fand aber keine zwingenden Torchancen vor. Nach dem Seitenwechsel sorgte Steffen Hofmann mit einem Weitschusstor für das erlösende 1:0. Nun musste Minsk mehr für das Spiel tun und kam in weiterer Folge auch zu einigen Offensivaktionen. Es gelangen aber nur ein Treffer, der aufgrund einer Abseitsstellung regelrichtig nicht gegeben wurde und ein anfangs harmlos wirkender Schuss, der noch an den Pfosten ging. Ein Ausgleich wäre aber dem Spielverlauf nach doch ziemlich schmeichelhaft und unverdient gewesen. So bleib es nach 90 Minuten beim 1:0-Auswärtssieg für den SK Rapid Wien, der sich nach zwei Spieltagen in der Europa-League-Gruppenphase mit dem Punktemaximum an die Tabellenspitze setzte.
Nach dem Schlusspfiff ging es direkt wieder zurück zum Flughafen. Die weißrussischen Behörden waren sowohl bei der Organisation des Transfers als auch auf dem Flughafen ziemlich flott, sodass eine überplanmäßige Abreise nach Wien angetreten werden konnte. So hätte man in Wien noch eine Stunde Zeit die Erinnerung aus Weißrussland Revue passieren zu lassen, ehe einen die erste S-Bahn wieder zurück ins Alltagsleben brachte.
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Heffridge
Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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