Während sich Österreich als fast einziges Land Europas erneut im Lockdown befindet, rollt der Ball in nahezu allen Ländern unvermindert weiter. Da schaut man... Groundhopper´s Diary: Wenn Fußballschauen zu etwas Besonderem wird

Während sich Österreich als fast einziges Land Europas erneut im Lockdown befindet, rollt der Ball in nahezu allen Ländern unvermindert weiter. Da schaut man während der Europacupwoche verwundert auf die vollen Stadien im Großteil des Kontinents, insbesondere im grenznahen Maribor, wo sich tausende Leute versammeln dürfen, während ich hierzulande, als mittlerweile dreimal Geimpfter, nicht einmal Freunde treffen bzw. nicht einmal selbst hobbymäßig Fußball spielen darf.

Zum Glück gibt es einige Ausnahmen für die seit 22.11. geltenden Ausgangsbeschränkungen, sodass im Vorfeld wasserdicht abgeklärt wurde, dass man das Land verlassen kann und einem Besuch von Fußballspielen am ersten Adventwochenende in Ungarn nichts mehr im Wege stand. Nichts, das wäre auch nicht ganz richtig, denn das Wetter stellte noch einmal das geplante Programm auf den Kopf. Die in der Grenznähe geplanten Nachholspiele fielen entweder dem Schnee zum Opfer oder waren wegen der Witterung zu riskant, um den dortigen Sportplatz anzufahren, zumal es Alternativen gab.

Üstökös FC Bácsa – DAC Nádorváros 1912 2:2 (1:0)

So spielte die I. osztály im Komitat Győr-Moson-Sopron, die höchste Spielklasse in dieser Region, ihren ersten Spieltag der Rückrunde noch am letzten Novemberwochenende, sodass am Samstag das, in Bezug auf den Schneefall, wetterfeste Győr angefahren wurde. In dieser Gegend fehlen mir selbst in dieser Spielklasse noch zahlreiche Vereine, was auch daran liegt, dass man seit 2015 leider nur mit viel Zeitverlust die Grenze bei Nickelsdorf passieren kann. An einem Lockdownwochenende im November sollte dies aber wohl kein Problem darstellen.

So wurde Győr zeitgerecht erreicht und der im Norden liegende Stadtteil Bácsa angefahren. Dort befindet sich auch der Sportplatz des Üstökös FC Bácsa, der in dieser Saison eine tolle Hinrunde gespielt hat und diese an zweiter Stelle beendet hat. Der heutige Gegner ist der Stadtrivale DAC Nádorváros 1912, der schon bessere Zeiten erlebt hat und vor rund 15 Jahren noch zweitklassig gespielt hat. Mittlerweile hat sich der Verein, nach einer Neugründung, wieder in die vierthöchste Spielklasse Ungarns hochgearbeitet. Dort ist man derzeit allerdings im unteren Mittelfeld klassiert, womit die Favoritenrolle in diesem Derby vor rund 70 Zuschauern auch an die Gastgeber vergeben ist.

In einer sehr ausgeglichenen Partie kommen auch die Gäste auch immer wieder zu Chancen, doch es ist der Favorit aus Bácsa, der in der 39.Minute in Führung gehen Nyíregházky trifft nach einem Eckball, den die DAC-Verteidigung nicht klären kann, per strammen Schuss von der Strafraumgrenze zum 1:0. Bei diesem Spielstand sollten auch die Seiten gewechselt werden.

Die Karten werden in dieser Partie in der 54.Minute wieder neu gemischt, als Nagy einen Elfmeter zum Ausgleich für den DAC (das DAC steht übrigens für Dunántúli Atlétikai Club) verwertet. Doch die Freude über diesen Treffer sollte nicht besonders lange anhalten, denn nur vier Minuten später ist Szabó für Bácsa zur Stelle. Die erneute Führung der Gastgeber resultierte wieder aus einem Eckball. Doch der DAC gibt sich nicht geschlagen und hat fast postwendend in der 62.Minute die Antwort parat, als Rózsavölgyi eine Flanke von rechts per Kopf im Tor Bácsas unterbringt.

Nach dem Treffer zum 2:2 folgt ein offener Schlagabtausch beider Teams, der jedoch auf beiden Seiten zu keinem Torerfolg führte. Spannung kam in der Schlussphase noch auf, denn Torschütze Nyíregházky muss in der 87.Minute mit Gelb-Rot vom Feld. Die Überzahl nutzt der DAC dann, um in den letzten verbleibenden Minuten noch ein Powerplay aufzuziehen, doch Bácsa verteidigt tapfer und wird dafür, nach einer dreiminütigen Nachspielzeit, mit einem Punkt belohnt.

Normalerweise ist ein Unentschieden gegen einen Nachzügler eigentlich kein Grund zum Feiern, wenn man um die Meisterschaft mitspielt. Doch nach dem Schlusspfiff können heute beide Teams jubeln, denn Tabellenführer Csórna verlor sein Heimspiel gegen Koroncó mit 2:3, sodass der Punktgewinn für Bácsa reichte, um sich die Winterkrone aufsetzen zu können.

Mit dem Einbruch der Dunkelheit ging es wieder zurück zur Grenze, wo man an einem Samstagabend keine Wartezeiten verbuchen musste und lediglich nach einem 3G-Nachweis gefragt wurde.

 

Gönyű SE – Abda SC 1:2 (1:0)

 Auch am Sonntag sollte es in die Region um Győr gehen. Diesmal war die beschauliche und direkt an der Donau liegende Gemeinde Gönyű das Ziel. Nun hätte man sich die zweimalige Anfahrt nach Győr wohl bei einer besseren Organisation sparen können, aber eigentlich war es nicht geplant, diese Strecke zweimal zurückzulegen, jedoch wurde das in der Region um Sopron geplante Spiel aufgrund des Schneefalls abgesagt. Die einzige Alternative zu Gönyű wäre eine Begegnung in der Region um Pannonhalma gewesen. Da aber die Region Pannonhalma und Gönyű beide den Nachteil haben, dass sie von der Grenze zu Österreich zu weitest entfernten Orten im Komitat Győr-Moson-Sopron zählen, fiel schließlich die Wahl auf das höherklassige Spiel, denn die Begegnung Gönyű SE gegen Abda SC war eine der höchsten Komitatsliga und somit auch eines der vierten Spielklasse Ungarns.

Nach einem kleinen Spaziergang zum an der Donau gelegenen Aussichtspunkt des Ortes ging es auch schon auf den Sportplatz. Dieser ist ziemlich modern und auch im Besitz einer kleinen an den Friedhof anschließenden und auf einer Längsseite befindlichen Tribüne. Rund 80 Zuschauer lassen sich dieses Duell zwei Nachzügler heute nicht entgehen. Gönyű ist Tabellenletzter und hat in der Hinrunde lediglich fünf Punkte ergattern können. Abda liegt mit zwölf Punkten aus 15 Partien immerhin drei Plätze vor den Gastgebern.

Mit von der Partie ist heute auch Schiedsrichter Konkoly, der gestern bei dem von mir in Bácsa besuchten Spiel an der Linie assistierte. Eines seiner ersten Aufgabe im heutigen Spiel ist es, in der elften Minute den Führungstreffer der Gastgeber zu notieren, den Varga per Weitschuss erzielt. Gönyű ist auch in der Folge die etwas aktivere Mannschaft, sodass in den ersten 45 Minuten kein wirklicher Klassenunterschied ausgemacht werden konnte.

Nicht nur Schiedsrichter Konkoly und meine Wenigkeit waren gestern in Bácsa, sondern auch ein Zuschauer, der mich wiedererkennt und mich In der Pause fragt, für wen ich denn die Fotos mache und wo meine Berichte dann hochgeladen werden.

Nach dem Seitenwechsel werden einerseits, durch das typische Novembergrau und die doch späte Anstoßzeit von 14.00 Uhr bedingt, die Lichtverhältnisse immer schlechter, andererseits kommen die Gäste aus Abda immer besser ins Spiel. So wird das Tor der Gastgeber fast ständig belagert, doch zwingende Chancen bleiben anfangs aus. Erst in der 75.Minute sollte es Fekete gelingen, den Ausgleich zu erzielen. Ein mitgereister Fan sieht sich in seinen Annahmen bestätigt und provoziert die heimischen Besucher mit einem „Ich habe es ja gewusst, ihr werdet müde werden!“ Den heimischen Fans stehen hingegen nun noch bange 15 Minuten bevor, denn an der Charakteristik dieses Spiels sollte sich nichts mehr ändern. Jász gelingt es schließlich zwei Minuten vor dem Spielende, Torhüter Rom mit einem Flachschuss ins lange Eck von der Strafraumgrenze zu überwinden.

Damit war diese Partie auch zu Gunsten Abdas entschieden, denn nach einer dreiminütigen Nachspielzeit ohne nennenswerte Aktionen folgte der Schlusspfiff. Gönyű bleibt somit weiterhin im Besitz der roten Laterne und wird es wohl schwer haben, die Klasse zu halten. Dafür müssen im Frühjahr zumindest alle weiteren direkten Duelle gegen die anderen Abstiegskandidaten gewonnen werden, realistischerweise aber auch die eine oder andere Begegnung gegen ein deutlich besseres Team. Abda überwintert nun auf Platz zwölf und kann nahezu sorgenfrei in das Frühjahr gehen.

Beim Abgang provozierte der Gäste-Fan nochmals mit denselben Worten wie nach dem 1:1 die enttäuschten Heimfans, wodurch eine angespannte Atmosphäre, in der einige Schimpfworte fielen, entstand. Zu Handgreiflichkeiten kam es jedoch nicht, sodass alle Zuschauer friedlich den Sportplatz verließen. Ich machte mich auch auf den Heimweg und musste rund eine Stunde später an der Grenze 40 Minuten Wartezeit in Kauf nehmen. Es herrschte nämlich dort normales Verkehrsaufkommen, wie sonst eben auch. Doch das war verkraftbar, denn zum Glück wurde in Ungarn an diesem Wochenende Fußball gespielt, so wie eben sonst auch.

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.

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