Es sollte turbulent beginnen, der Ausflug in Deutschlands 3.Liga. Die Planung, zwei Spiele in dieser Liga zu besuchen und noch ein Spiel in Luxemburg... Groundhopping: Ein Besuch in Deutschlands dritter Liga

Es sollte turbulent beginnen, der Ausflug in Deutschlands 3.Liga. Die Planung, zwei Spiele in dieser Liga zu besuchen und noch ein Spiel in Luxemburg mitzunehmen, musste kurzer Hand neu erfolgen, weil der eingeplante Fahrer, der den Länderpunkt Luxemburg machen wollte, wenige Tage vor der Abfahrt mit einem Plan B aufkreuzte, um dann einen Plan C durchzuziehen. Wir einigten uns darauf, doch zu fahren, doch statt dem Spiel in Luxemburg, zwecks früherer Ankunft daheim, zum Abschluss ein Spiel im deutschen Unterhaus mitzunehmen. So weit so gut, doch der Wintereinbruch samt vorhergesagter Schneefälle ließ uns noch an einer Abfahrt zweifeln.

SpVgg Bayreuth – FSV Zwickau 5:3 (1:1)

Dass Matin und ich dennoch die Fahrt nach Deutschland in Angriff nahmen, lag insbesondere an der charmanten Pressesprecherin der SpVgg Bayreuth, Alina Hacker, die quasi eine Garantie abgab, dass das Wetter am Spieltag keine Probleme machen werde. So brachen wir auf, um dem Abstiegskracher der 3.Liga zwischen der SpVgg Bayreuth und dem FSV Zwickau beizuwohnen. Auf unserem Weg in die oberfränkische Festspielstadt durchqueren wir immer wieder Bereiche in denen es heftig schneit, doch es hat knapp über null Grad, sodass der Schnee den Boden bestenfalls anzuckert. Wir erreichen Bayreuth auch zeitgerecht und machen noch einen Spaziergang durch die Sehenswerte Altstadt. Zum Glück ist Martin auch immer auf der Suche nach besonderen Biersorten, sodass wir zweimal auf ein frisch gezapftes Bier einkehren und dabei auch einmal, während eines heftigen Schneeschauers, im Warmen sitzen.

Das Wetter sollte sich heute nicht mehr ändern und so wechseln sich halbstündlich Sonnenschein und Schneeschauer im Hans-Walter-Wild-Stadion ab. Dieses ist heute sehr gut besucht, denn die Fanszene aus dem nahen Zwickau, angeführt vom Red Kaos, bringt zahlreich Leute mit, sodass 4.770 Zuschauer diesem Spiel beiwohnen. So wie der Aufsteiger aus Bayreuth brauchen auch die Zwickauer dringend Punkte, um den Abstieg in dieser Saison verhindern zu können. Die Formkurve spricht heute eher für Bayreuth, das nach einem schwachen Saisonstart nun regelmäßig punktet, während bei Zwickau, nach passablem Saisonstart, schon geraumer Zeit die Ergebnisse nicht mehr ligatauglich sind.

Auf den Rängen passte die Stimmung und auch auf dem teils schneebedeckten Rasen sollte es munter zugehen. Bayreuth kann in der 33. Minute durch Ziereis in Führung gehen. Doch während der Stadionsprecher noch „Tor für die Altstadt“ („Oldschdod“ wird der Verein seitens der Fans liebevoll genannt) in sein Mikrofon brüllt, ist der Ball schon wieder im Tor und die Zwickauer bejubeln den nicht unverdienten Ausgleich. Danach zieht wieder eine Schneewolke über Bayreuth, die die Zeit bis zur Pause und die Pause selbst ungemütlich machte.

Nach dem Seitenwechsel sollte wieder die Sonne zum Vorschein gelangen und die Sonne sollte danach nur mehr für Bayreuth scheinen. Durch die Treffer von Zejnullahu (58.), Fenninger (70.) und Hemmerich (80.) bekam man gleich drei weitere Male Richard Wagners Opernklänge als Torhymne präsentiert. Das ist in der Wagner Festspielstadt zwar nicht außergewöhnlich, aber dennoch ein besonderes Alleinstellungsmerkmal.

Die Punkte bleiben wohl in Bayreuth, dachte zu diesem Zeitpunkt jeder im Stadion, doch die Zwickauer bewiesen Moral und kommen mit einem Doppelschlag durch Baumann (83.) und Schneider (85.) plötzlich wieder heran. Doch spannende Schlussminuten blieben leider aus, denn Zwickaus Carrera sieht nur eine Minute nach dem Anschlusstreffer seiner Mannschaft die gelb-rote Karte. Aus der Aktion nach dem daraus resultierenden Freistoß trifft Weber per sattem Weitschuss zum 5:3 Endstand für Bayreuth.

Unter nochmaligen Erklingen von der Richard Wagner Torhymne feiert Bayreuth einen wichtigen Sieg im Abstiegskampf, während Zwickau nun auch in der Tabelle den Tiefpunkt erreicht hat, fiel man doch auf Platz 20 zurück und muss nun versuchen, das Feld von hinten aufzurollen. Viel Zeit dazu bleibt nicht mehr, sodass man sich in Zwickau schon bald ernsthaft mit dem Gang in die Regionalliga auseinandersetzen wird müssen.

Für geht es nach weiter nach in den Westen, wo wir unser Quartier in Walldorf, zwischen dem Sinsheimer Stadion und dem Hockenheimring beziehen, zumal uns die morgige Reise zum Spitzenspiel der 3.Liga ins Saarland führen sollte.

SV 07 Elversberg – SG Dynamo Dresden 1:1 (0:1)

Am Sonntagvormittag hatten wir es nicht mehr weit, um zur bereits im Saarland liegenden Gemeinde Spiesen-Elversberg zu gelangen. Nach einem Tankstopp in Homburg kamen wir rund zwei Stunden vor Spielbeginn in Elversberg an. Es herrscht bereits Ausnahmezustand um das Waldstadion Kaiserlinde, das seit 2014 den nicht ganz so klingenden Namen Ursapharm-Arena an der Kaiserlinde trägt. Warum heute so viel los ist, ist auch leicht erklärt, denn der SV 07 Elversberg spielt aus Aufsteiger in die 3.Liga eine bärenstarke Saison und ist bereits mit Respektabstand zum Relegationsplatz Tabellenführer in dieser Liga und mit dem heutigen Gegner, der SG Dynamo Dresden, kommt der Traditionsverein schlechthin aus dem Osten Deutschlands zu Besuch ins Saarland. Der Zweitligaabsteiger aus Sachsen ist für seine reisefreudigen Fans bekannt, sodass die heutige Begegnung ausverkauft ist. Dies gab es in dieser Saison sonst nur beim Derby gegen den 1.FC Saarbrücken.

Die Dresdner spielen eine eher durchwachsene Saison, sind aber dennoch mittendrin im Kampf um den Aufstieg in die zweite deutsche Bundesliga. Hier befindet sich man mit zahlreichen anderen Traditionsvereinen, wie etwa dem SV Waldhof Mannheim, dem 1.FC Saarbrücken oder dem VfL Osnabrück, in einer Gruppe, die allesamt aufsteigen möchte. Da es sehr eng im oberen Mittelfeld der Tabelle zugeht, muss Dynamo heute schon fast gewinnen, um nicht den Anschluss in diesem Pulk zu verlieren.

Auf den Rängen herrscht eine ausgezeichnete Stimmung. Die Elversberger Kurve ist zu Spielbeginn sogar mit einer Chreographie am Start, während der Dresdner Block von Beginn laut Stimmung macht und einen gewohnt einen sehr gut organsierten Support zu seinem Besten gibt. Auf dem Rasen geben die Saarländer anfangs den Ton an und kommen in der Anfangsphase bereits zu zwei sehr guten Möglichkeiten. Treffen sollten in der ersten Spielhälfte aber nur die Gäste aus Sachsen. Kutschke konnte nach einer Freistoß-Hereingabe von Kulke den Ball per Kopf zum Führungstreffer Dynamos ins Elversberger Tor einnetzen.

Nach dem Seitenwechsel hatte Dresden die große Chance für eine Vorentschiedung in diesem Spiel zu sorgen, doch Kammerknecht scheitert in der 47. Minute an der Latte. Elversberg war danach nur aus einem direkten Freistoß gefährlich, während Dynamo in weiterer Folge noch zwei weitere gute Chancen auf das 2:0 hatte.

In der Schlussphase stemmte sich Elversberg gegen die Niederlage und wurde wieder stärker. Schließlich sollten die Gastgeber in der 81.Minute auch für ihre Bemühungen belohnt werden. Ein leichter Kontakt im Zweikampf von Kulke bringt Woltemade im Strafraum zu Boden und zum Entsetzen der Dresdner zeigt Schiedsrichter Bacher auf den Punkt. Der eingewechselte Dacaj übernahm die Verantwortung und verwandelte diesen Elfmeter zum Ausgleich für Elversberg.

Auch wenn Dynamo in der Schlussphase zwei Punkte im Saarland verloren hat, zeigt die Formkurve der Sachsen im Jahr 2023 weit nach oben. Man konnte die fünf Spiele andauernde Siegesserie der Elversberger brechen und ist selbst seit acht Runden ungeschlagen. Dennoch rutscht man auf Platz sieben in der Tabelle zurück. Will Dynamo wieder zurück in die zweite Liga, dann wird es nicht reichen, bloß ungeschlagen zu bleiben, denn dann sind dafür wohl mehr Siege notwendig. Elversberg spielte hingegen taktisch klug und abgebrüht, sodass der Zweiligaaufstieg im letzten Saisondrittel wohl nicht mehr verspielt werden sollte.

Wir verlassen hingegen das Saarland und begeben uns ins Bundesland Rheinland-Pfalz, wo im nahe gelegenen Zweibrücken noch ein Unterhausspiel auf uns warten sollte.

VB 1901 Zweibrücken – SV 1927 Hinterweidenthal 1:1 (0:1)

Schon vor der Abreise hatten wir uns gegen eine Weiterfahrt nach Luxemburg entschieden, zumal im es im Saarland und in Rheinland-Pfalz etliche Unterhausspiele zu sehen gab. Nach einer Recherche stellte sich das Spiel des TSC Zweibrücken 1921 am idealsten für uns heraus, verfügt der in der siebtklassigen Landesliga Südwest West spielende Verein über eine nette Anlage, wobei das Spiel sogar auf dem Rasenplatz angesetzt ist. Doch als wir die TSC Anlage erreichen, herrscht dort gähnende Leere. Der erste Frust weicht schnell, denn Martin zückt sein Handy und meint, dass der VB Zweibrücken ebenfalls in dieser Liga spielt und dessen Spiel auch um auf 15.00 Uhr angesetzt ist.

So werden die 1,5 Kilometer zwischen TSC Sportanlage und VB-Sportplatz zügig zurückgelegt und beim Einbiegen in die Schlachthofstraße, wo sich der Platz befindet, sehen wird schon zahlreiche Autos parken, sodass klar ist, dass hier gespielt wird. Wir betreten die Anlage und der Kassier meint: „Ach, ihr habt schon 15 Minuten verpasst, dann müsst ihr nur mehr zwei Euro Eintritt zahlen.“ Wir nehmen den Rabatt gerne an und mischen uns unter die rund 80 Besucher auf diesem doch sehr einfach gehaltenen Sportplatz. Es ist der Abstiegskracher zwischen dem doch schon abgeschlagenen und noch sieglosen VB 1901 Zweibrücken und dem auf Platz Elf liegendem Team vom SV 1927 Hinterweidenthal, das mit 21 Punkten doch um 18 Punkte mehr auf dem Konto hat, als der heutige Gastgeber.

Wir machen und uns auf die Fotorunde und ich werde dabei von einem Fan aus Kaiserslautern gestoppt, der mich anspricht, ob ich nicht ein Österreicher sei. Ich bejahe etwas paradox, doch die Verwirrung ist schnell aufgelöst, hat sich Martin doch in der futbology-App eingeloggt und bekanntgegeben, dass er hier auf dem Platz ist.

Der Fan aus Kaiserslautern ist von Leben gezeichnet, aber gesellig. Er erzählt uns von seinen Auswärtsfahrten mit dem 1.FCK und seinen Hoppingabenteuern. Er meint, dass seine Frau im Pflegeheim ist und er schon einen Herzinfarkt hinter sich hatte. Aber der Fußball ist für ihn der Ausgleich, der ihn glücklich macht. Auch wenn er so viele Spiele, wie möglich sehen will, ist die Jagd nach dem Kreuzchen nicht so wichtig, denn bei ihm stehen die Unterhaltung mit den Freunden oder die Freude am Spielbesuch an sich in Vordergrund.

Durch ihn erfahren wir auch, dass das Spiel beim TSC Zweibrücken wegen eines angeblich vereisten Platzes abgesagt wurde. Gut, es ist heute zwar winterlich kühl, aber die Wetterlage ist weit weg davon, dass man von einer Vereisung eines Platzes ausgehen könnte. So müssen wir allesamt über den Grund dieser Absage herzhaft lachen und hoffen auch spannendere zweite 45 Minuten, denn beim Stande von 0:0 nach 45 Minuten werden die Seiten gewechselt.

In der 55.Minute ist es Tretter, der den SV Hinterweidenthal in Führung bringt. Er hämmert den Ball aus kurzer Distanz unter die Latte des Zweibrücker Tores. Doch der Favorit konnte keinen zweiten Treffer nachlegen und so sollte es in der 72. Minute einen Elfmeter für die Gastgeber aus Zweibrücken geben. Die Hinterweidenthaler protestieren zwar vehement gegen diese Entscheidung des Schiedsrichters, wollen sie zuvor ein Handspiel des VB-Stürmers gesehen haben, aber es hilft alles nichts. Österreicher verwandelt den fälligen Strafstoß und das ist schon witzig, dass ein Spieler an der Grenzregion zu Frankreich solch einen Namen trägt und sich gerade bei so einem Spiel, wo zwei Österreicher mit von der Partie sind, einen Treffer erzielt.

Trotz Bemühungen auf beiden Seiten fällt in der Schlussphase kein weiterer Treffer mehr. Ein Spieler der Gäste verlässt den Platz über den Schiedsrichter fluchend, wie einst Lothar Matthäus in Karlsruhe. Janusz Góra hatte sich als Ulm-Spieler in der Bundesliga auch einmal zur Schiedsrichterleistung geäußert und das mit dem Wort „Skandal“ zusammengefasst. Ich meine noch zu unserem Bekannten aus Kaiserslautern, dass Emotionen dazu gehören, aber hier die Spieler ja nicht mehr bezahlt werden. Dafür ernte ich ein „Oh, doch, zwar nicht mehr so viel, aber die bekommen alle Geld dafür!“

Wir verabschieden uns dann und brechen via Pirmasens wieder gegen Osten auf. Diese Tour endete doch mit einem unerwarteten Spiel und einer ebenso unerwarteten neuen Bekanntschaft, sodass auch dieser Zweibrücker Unterhaussportplatz wohl noch länger in bester Erinnerung bleiben wird.

Es folgen Impressionen, die sich per Klick vergrößern lassen:

Heffridge

Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.