Groundhopping in Linz | Das Urfahraner Derby am Bachlberg
Fankurve 3.Oktober.2017 Werner Sonnleitner 0
Freitagabend – Die Flutlichter gehen an! Droben über den Dächern von Linz-Urfahr, im Schatten des bekannten Pöstling- thront der Bachlberg. Da beheimatet sind die Lilalen von der ADmira Linz, die in der zweithöchsten oberösterreichischen Spielklasse – der Landesliga Ost – um Punkte kämpfen. Zum Start des Wochenendes schwebt wieder Derby-Fieber über den Linzer Stadtteil nördlich der Donau. Die ADmira empfängt den großen Lokalrivalen vom SK St. Magdalena. Beide Vereine trennt nur ein knapp 25-minütiger Fußmarsch. Wir machen uns auf den Weg zur Minibergwanderung: von der Bim-Haltestelle Ferdinand Markl Straße wo der St. Magdalena seinen Sportplatz hat, geht es über Harbach rauf auf den Bachlberg!
Der warme Herbstnachmittag lässt mit den letzten Sonnenstrahlen noch kurz seine Muskeln spielen. Bevor morgen Mittag der umtriebige Jahrmarkt im Stadtviertel beginnt, wird noch einmal fleißig gekickt. Der ADmira-Platz ruft schon von weitem zum Kracherspiel. Die ersten Zweikämpfe finden schon vorm Sportplatz statt, auf der engen Zufahrtsstraße wird um die raren Parkmöglichkeiten gerittert. Als wir um kurz nach 18 Uhr dann am Bachlberg ankommen, spielen gerade die beiden jungen Reserve-Mannschaften. Nicht nur Derbyfeeling liegt in der Luft, auch ein scharfer Bosna-Geruch macht Appetit auf diese Köstlichkeit. Vieles ist auf der schon etwas in die Jahre gekommene Anlage liebevoll in einen dezenten lilaweißen Mantel gehüllt worden und versprüht so ein gewisses Flair. Hinter der Eckfahne steht eine in den Vereinsfarben gestrichene Hütte, wo eine zusätzliche Getränkestation für dieses Spitzenspiel eingerichtet wurde. Das Wetter ist noch angenehm lau, dazu steht ja auch das Wochenende unmittelbar bevor. Dies gewürzt mit einer Portion – hoffentlich – knisternden Flutlicht-Unterhaus-Derby-Fußball – ja es gibt schlechtere Möglichkeiten den Freitag-Abend einzuläuten. Und dies ist jetzt kein subjektiver Gedanke, denn mehrere hundert Besucher haben sich wohl das Gleiche gedacht und wollen live dabei sein, wenn wieder die Urfahraner Nummer eins bestimmt wird.
Am Stehplatz erkunden wir zuerst einmal die Ausgangslage. Die im Mittelfeld positionierte ADmira startet als Außenseiter gegen den Tabellendritten ins Derby. Wie so oft in diesem Nachbarschaftsduell! Die ungewöhnliche Schreibweise des Heimvereins ist übrigens kein Tippfehler des Schreiberlings. Viel mehr wird beim Klub darauf wertgelegt, die beiden ersten Buchstaben bewusst groß zu schreiben, verrät man mir! Die stehen nämlich für „anders denken“, wird gleich darauf ergänzt. Möglicherweise deswegen, weil anders als in solch höheren Unterhaus-Ligen üblich, vertraut der dörflich anmutende Klub verstärkt auf den eigenen Nachwuchs, denn auf von Mäzen gestützte Fußballnomaden. Die Youngsters sind in der Tat ein wahrer Talenteschuppen. Prominente Aushängeschilder die sich in der jüngeren Vergangenheit hier oder am benachbarten Kunstrasenplatz schon die Fußballschuhe zerrissen haben sind Rapids Philipp Schobesberger oder der leider verstorbene Liverpool-Legionär Besian Idrizaj, der in wenigen Tagen seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert hätte.
Die Gäste aus St. Magdalena spielten traditionell meist etwas höher und schnupperten Anfang des Jahrtausends sogar schon einmal kurz Regionalliga-Luft. Der schlagartige Ausstieg des zuvor ebenfalls abrupt eingestiegenen Gönners führte den Traditionsklub runter in die Niederungen des Linzer Unterhauses. Nun gehören die Rotschwarzen aber längst wieder zur Spitze der zweithöchsten Liga des Bundeslandes und möchte bald wieder retour in die OÖ-Liga.
Mittlerweile dämmert es schon leicht und auf der Pöstlingberg-Kirche steht die Uhr in der Sieben-Uhr-Position, als das Schiri-Gespann – diesesmal zu zwei Drittel weiblich – unter den Klängen von AC/DC und unter motivierendem Applaus die beiden Mannschaften aufs Feld führt. Der am ersten Blick kleine und junge Gäste-Fanklub „4040 SKM“ sorgt enthusiastisch für Stimmung auf der Tribüne. Mit Banner, Mikrofon und Pyrotechnik will man die Schwarz-Roten zum Derby-Sieg peitschen.
Das Spiel beginnt und die Flutlichter erreichen langsam die nötige Betriebshelligkeit. Gemeinsam mit fast 800 Zuschauern sehen wir ein flottes Derby. Beide Teams werfen viel Leidenschaft in die Partie. Einzig die Gäste wissen dem Duell auch eine spielerische Note zu verleihen. Die Heimischen wirken nervös und kassieren nach einer herrlichen Aktion über links den Gegentreffer. Kurz vor der Pause gelingt den Gastgebern dann der Ausgleich.
Zur Halbzeit strahlt der Halbmond über dem Linzer Stadtgebiet und die Getränkestände werden gestürmt. Eine Gruppe graumelierter Ex-Aktive siniert über die mangelnde Chancenverwertung der heutigen Jugend. Laut eigenen Erzählungen hätten sie die Dinge früher mit links und im Halbschlaf gemacht – mit dem Innenrist neben die Stange… So zumindest schwelgt man in der Nostalgie.
Die zweite Halbzeit ergibt ein ähnliches, aber noch eindeutigeres Bild. Wieder sind es die Gäste die die Kontrolle über dieses Derby haben. Und nach gut einer Stunde, wie schon beim ersten Tor, ist es für die Lilanen ein unangenehmer Arzt-Besuch, der mit Vornamen Stefan heißt und den Ball ins Kreuzeck hämmert. Mit dem Vorsprung spielt es sich noch leichter und die Schwarz-Roten setzen noch zwei weitere Treffer drauf. Erst in der Neunzigsten der Anschlusstreffer, der logischerweise zu spät kam.
Pünktlich beendet die bekannte und an diesem Abend fehlerfreie Schiedsrichterin Julia Baier dieses Derby. Nun wird bei den Gästen gemeinsam mit den Fans gefeiert. Ein Gönner beliefert die Lokalhelden – weil Derbysieger – mit einem Doppelliter frisch gezapften Gerstensaft. Auf der anderen Seite werden die enttäuschten ADmiraner von Fans und Gegnern wieder aufgemuntert. Man kennt sich ja meist persönlich.
Nach dem Spiel machen wir uns wieder auf den Weg runter zur Bim-Haltestelle. Doch ein gemütliches Gasthaus mit einem zu dieser (Jahres)zeit noch aktiven, gar nicht schlecht besuchten Gastgarten bringt unseren Plan vorerst durcheinander und lässt uns noch ein paar Schlucke länger am Bachlberg verweilen. Mit einem frischen Steirer Sturm als Schlummertrunk geht’s dann aber wirklich heim. Im Schatten des großen Linzer Derby zwischen LASK und Blau-Weiß kann man dieses Urfahraner Aufeinandertreffen ohne schlechtes Gewissen als stimmungsvolles „kleines Linzer Derby“ titulieren. Der Abend auf der altehrwürdigen, aber durchaus ansprechenden Sportanlage hat sich auf jeden Fall gelohnt!
SK ADmira Linz – SK St. Magdalena 2:4 (1:1)
29.9.2017, Linz Bachlberg, 780 Zuschauer
Tore: Samuel Grillmayr, Daniel Göbl (90.) – Stefan Arzt (22., 63.), Rajko Vujanovic (69.), Christoph Brandstätter (82.)
Es folgen einige Impressionen, die sich per Klick vergrößern lassen:
Werner Sonnleitner, abseits.at
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Werner Sonnleitner
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