G’schichterln ums runde Leder (12) – Worte von gestern: Legendäre Kommentare vom Fußballplatz
Fankurve 13.Januar.2019 Marie Samstag 0
Das „torlose 0:0“ oder Oliver Polzers Weissagungen gehören noch zu den harmlosen Kuriositäten diverser Sportübertragungen. Mitunter schlüpfen so manche Sager im allgemeinen Sprachgebrauch unter oder sind wie Edi-Finger-Seniors „I wer narrisch!“ untrennbar mit jenem Ereignis verbunden, das sie einst begleitet haben. Hier haben wir eine kleine g‘mischte Platte zusammengestellt und starten gleich mit jener Frage im Superkonjunktiv à la Martin Lang, die dieser dem damaligen Rapidspieler Stefan Kulovits gestellt hat: „Hat man den Titel damit verspielt obwohl man ihn überhaupt nie gehabt hat?“
Und am Ende gewinnen immer die Deutschen
Erich Laaser ist studierter Sportkommentator. „Stimme, Sprache, Sprechen, Kompetenz, Authentizität, Emotion an der richtigen Stelle, Infotainment, Überraschungsmomente. Und er darf nicht nerven.“, fasst er die Anforderungen an einen Journalisten live auf Sendung zusammen. Vor seiner Karriere als Sportjournalist studierte Laaser Politologie und beschäftigt sich bereits in seiner Diplomarbeit, die den Titel „Die Fußball-WM 1978 in Argentinien im Spiegel der Tagespresse“ trägt, mit seinem späteren Job. Jahre nach Beendigung seines Studiums, kommentierte Laaser die denkwürdigen letzten Minuten des WM-Finales 1990 in Italien live im Hessischen Rundfunk. Hier Laasers „letzte“ Worte:
„Es hält da unten niemanden mehr auf der deutschen Bank. Alle stehen. Beckenbauer steht. Ganz erstarrt. […] Nur jetzt keinen Fehler mehr begehen. Und dann pfeift er ab. Er pfeift ab. Das Spiel ist aus. …. Das kann nicht wahr sein: Er hat einen Freistoß gesehen. Das kann überhaupt nicht wahr sein. Es ist vor der Zeit und es ist noch einiges nachzuspielen. Natürlich war Riesenjubel im Stadion. Jeder dachte, das sei es gewesen. Aber das war es noch nicht. Einwurf für die deutsche Mannschaft. Was kostet das jetzt nerven da unten. […] Alles schaut zu Codesal Mendez. Wann pfeift er ab? […] Litti hat den Ball immer noch. In der Mitte wartet Rudi Völler. Immer noch der dreißigjährige Kölner bei seiner dritten WM. Er stand im Finale ’82, es hat nicht gereicht. ’86 musste er von draußen zuschauen. Und hier heute Abend in Rom ist er Weltmeister. Deutschland ist Fußballweltmeister! Am Abend des 8. Juli um 21 Uhr 50 ist die deutsche Mannschaft Fußballweltmeister in Italien geworden!“
Obstsalat in Israel
„Ich werde hier inzwischen mit Orangen, mit Steinen, mit Gegenständen beschossen. Das wird der Fifa gemeldet – selbstverständlich. Die Zuschauer sind außer Rand und Band. Mich hat gerade – ich weiß, es ist für sie völlig uninteressant – aber mich hat eine Orange so eben auf den Kopf getroffen!“, musste ORF-Sportreporter Hans Huber vermelden, während in vielen österreichischen Haushalten der jubelnde Andi Herzog über den Bildschirm flimmerte. Was war passiert? In der Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2002 spielte Österreich im letzten Gruppenspiel gegen Israel. Die Israelis führten an diesem denkwürdigen 27. Oktober 2001 lange mit 1:0, ehe Herzog einen Freistoß durch die Beine eines Verteidigers zum rettenden Ausgleich versenkte. Jetzt waren sowohl die wenigen mitgereisten Österreicher als auch die israelischen Fans aus dem Häuschen und der Satz mit den Orangen ist – neben Hubers in Zeitlupe gesprochener Anmoderation „…aaber maan darf nicht vergeeessen, die Schweeedeen siiiind eiiin gaaanz haarter Broocken […]“ – bleibt ein Meilenstein in der österreichischen Geschichte der Sportmoderation.
Huber, der 1944 in Prag geboren wurde, erzählte Jahre später, dass die Gastgeber eine Art „Hochstand“ für den österreichischen Rundfunk errichtet hatten. Aufgrund der sportlichen Brisanz und der Terrorgefahr sei die Stimmung bereits vor Anpfiff aufgeheizt gewesen und einige Hardcore-Fans hatten ihren Zorn nach dem Ausgleich an Huber, seinem damaligen Assistenten Andi Felber und dem heutigen ORF-Innenpolitikchef Hans Bürger ausgelassen. So lustig der Sager von der Orange und ihrem Flugziel war, so ernst war die Situation damals. Der Journalist meinte: „Wenn mich ein Stein am Kopf getroffen hätte, würde ich hier nicht mehr sitzen.“ Erst eineinhalb Stunden später hatten die drei Österreicher den provisorischen Kommentatorenplatz verlassen können, Konsequenzen gab es für die Frucht-Glas-Stein-Attacke des Mobs an den Reportern nicht.
Die Freude des Isländers
Ein Nato-Land ohne Armee, eine Geschichte ohne Diktatur, zwei Flughäfen, viele Hochschulen – laut dem Politikjournalisten Henryk Broder beheimatet Island die Seele Europas. Oder besser gesagt: Europa wäre gerne so, wie Island ist.
Aus sportlicher Sicht verbinden Österreicher spontan wahrscheinlich Rapids Flop Arnór Ingvi Traustason und das Desaster um das Ausscheiden der ÖFB-Elf gegen die Wikinger bei der EM 2016 in Frankreich mit der Insel. Im letzten Gruppenspiel der hochgelobten ÖFB-Elf verwandelte sich die Moderation des isländischen Kommentators während des entscheidenden Tores des genannten Traustason in ein entzückendes Quieken, das viral um die Welt ging. Rund 350.000 Menschen sprechen Isländisch als Muttersprache, es ist daher logisch, dass nicht viele verstanden, was Kommentator Benediktsson – der früher selbst für die isländische Elf kickte – zum Besten gab. Hier die deutsche Übersetzung:
„Theódór Elmar. Da ist niemand in der gegnerischen Hälfte. Drei gegen zwei. Elmi! In den Strafraum, in den Strafraum. Elmi. Jaaaaa, jaaaaaaaaa, jaaaaaaaaaaaaaaa, jaaaaaaaaaaaaaaaaa, jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa. Wir haben gewonnen! Wir sind ins Achtelfinale gekommen! Wir haben’s ins Achtelfinale geschafft! Wir gewinnen, Österreich. Die Stimme ist weg, aber das spielt jetzt keine Rolle. Wir sind weiter! Arnór Ingvi Traustason hat ihn versenkt! Island zwei, Österreich eins! Was für ein Moment! Was für ein Moment. Hach! Der Schiedsrichter hat das Spiel abgepfiffen, und noch nie, noch nie habe ich mich so gut gefühlt! Arnór Ingvi Traustason sichert uns den ersten Sieg bei der EM! Wir haben nie verloren, vergesst das nicht, wir haben nie verloren – aber der erste Sieg ist jetzt geschafft! Island zwei, Österreich eins. Danke, dass ihr gekommen seid, Österreich, danke, dass ihr gekommen seid!“
Achtung! Hier eine Durchsage der besonderen Art…
Auch unser aktueller Teamchef wurde einst Opfer einer ungewollten „Verbal-Attacke“: Franco Foda, 1966 als Sohn einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters in Mainz geboren, wollte sich schon als Verteidiger nicht „umtaufen“ lassen: „Wenn das eine rote Karte war, heiß‘ ich Alfonso in Zukunft!“, ließ er noch als aktiver Profispieler mit Vokuhila einen TV-Journalisten wissen. Dieser schmunzelte. Obwohl der Kontakt zu seinem venezianischen Papa nach der Trennung der Eltern spärlich blieb, führte Foda die Tradition der italienischen Namen bei seinen eigenen Sprösslingen fort und nannte seine Söhne Marco und Sandro. Mit seinem eigenen Vornamen hatte der Faschingsliebhaber nur einmal „Probleme“: Das erste seiner zwei Länderspiele für den DFB spielte der langjährige Sturm-Graz-Trainer am 12. Dezember 1987 gegen Brasilien. Als er in der 82. Minute für Michael Frontzeck im Estadio Mane Garrincha eingewechselt wurde, konnte man im Publikum einige Lacher vernehmen: „Franco Foda“ ist auf Portugiesisch die volksnahe Einladung zu gratis Geschlechtsverkehr. Naja.
Marie Samstag, abseits.at
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Marie Samstag
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