Seit geraumer Zeit vergeht in Ungarn kein Jahr ohne eine Neueröffnung eines modernen Stadions. In der höchsten Spielklasse sind die Umbauprojekte der noch ausständigen Vereine in der Schlussphase und auch beim designierten Aufsteiger aus Kisvárda ist der Neubau eines modernen Kleinstadions bereits voll im Gange.
Nachdem abseits.at vor ziemlich genau einem Jahr vom damals gerade eröffneten Új Hidegkuti Nándor Stadion berichtet hat, wurde nun der „Haladás Sportkomplexum“ in Szombathely besucht. Dieses Stadion ersetzte das in die Jahre gekommene Rohonci úti Stadion, wo am 12.12.2015 das letzte Spiel stattfand. Nach dem Abriss dieser Sportstätte wurde im April 2016 mit dem Bau des Komplexes, der auch eine Sporthalle inkludiert, begonnen. Dieser wurde nach eineinhalb Jahren Bauzeit abgeschlossen, wobei lagemäßig der Platz des Stadions mit dem der Sporthalle getauscht wurde. Die Kosten für das Stadion und die Sporthalle sollten schließlich bei fast 16 Milliarden Forint gelegen haben. Dies sind umgerechnet 53 Millionen Euro, womit die geplanten Baukosten um mehr als ein Drittel überschritten wurden. Während der Bauzeit trug Haladás seine Heimspiele in Sopron aus. Diese Variante bekam gegenüber dem Bau eines temporären Stadions oder einer zwischenzeitlichen Übersiedlung über die Staatsgrenze nach Oberwart den Vorzug.
Das mit einer Kapazität von 8.940 Plätzen ausgestatte Stadion, erfüllt die UEFA-Kriterien der Klasse IV und wurde am 08.11.2017 mit dem Spiel von Haladás gegen den kroatischen Verein NK Osijek eröffnet. Die Feuertaufe in der Meisterschaft erfolgte am 25.11.2017 gegen den Spitzenklub Ferencváros aus Budapest. Dieses Spiel wurde mit 2:1 gewonnen, wobei der für Haladás spielende Slowake Karol Mészáros den ersten Treffer bei einem Pflichtspiel im neuen Stadion erzielte.
Der letzte Vertreter des Westens
Der Sieg gegen Ferencváros war auch ein sehr wichtiger, zumal Haladás Szombathely in den ersten 16 Runden nur elf Punkte holte und sich auf einem Abstiegsplatz wiederfand. In Szombathely hofft man seither das Schicksal von MTK Budapest vermeiden zu können, das trotz der Eröffnung des neuen Stadions den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit antreten musste.
Zehn Jahre nach dem Wiederaufstieg in die höchstklassige NB I (= Nemzeti Bajnokság I) ist man in Westungarn mittlerweile konkurrenzlos. Gab es damals noch Duelle gegen die Rivalen aus Győr und Zalaegerszeg oder das ebenfalls in Westungarn befindliche Pápa, muss man seit 2015 gänzlich auf diese Derbys verzichten. So ganz stimmt das dann doch wieder nicht, denn in der letzten Saison nahm mit Gyírmot ein Vertreter aus Győr an der Meisterschaft der höchsten ungarischen Liga teil, wobei das Zuschauerinteresse allerdings überschaubar blieb und diese Partie so populär wie das Niederösterreichderby zwischen der Admira und St. Pölten war. Spiele gegen den ETO FC Győr oder Zalaegerszeg waren hingegen regelmäßig Zuschauermagneten.
Szombathelyi Haladás – Videoton FC Székesfehérvár 1:0 (0:0)
Nachdem auch das Auswärtsspiel gegen die Puskás Akadémia gewonnen wurde, ging Haladás Szombathely mit breiter Brust ins das Heimspiel gegen den Tabellenführer Videoton FC aus Székesfehérvár. 5.500 Besucher, unter ihnen auch rund 150 Gästefans, kamen an diesem Nachmittag bei eisigen Temperaturen um den Gefrierpunkt ins Stadion. Der Bereich der Heimfans und die Gegengerade waren ganz gut gefüllt und so stand einer interessanten Begegnung nichts mehr im Wege.
Der Blick auf die Mannschaftsaufstellungen zeigte, dass auch alte Bekannte am Rasen ihr Können zur Schau stellen werden. Haladás schickte zwei Urgesteine aufs Feld. Zum einen den langjährigen Nationalhüter Gábor Király und den Ex-Internationalen Péter Halmosi, der vor 15 Jahren seine Fußballschuhe in der österreichischen Bundesliga für den GAK schnürte. Da beide in Szombathely geboren wurden, ist es für sie eine Herzensangelegenheit ihre Profikarriere bei Haladás ausklingen zu lassen.
Doch auch die Gäste haben ein paar klingende Namen in ihren Reihen. Robert Juhász, der lange Zeit für Anderlecht verteidigte, war diesmal zwar nicht Kader, jedoch wurden der ehemalige serbische Nationalstürmer Danko Lazović und der in Österreich bestens bekannte Bosnier Anel Hadžić aufgeboten. Damit aber noch nicht genug an Prominenz, denn auch der Referee war mit Viktór Kassai ein Mann, der sich über die Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat. Der FIFA-Referee war Weltschiedsrichter 2011 und durfte in diesem Jahr auch das Finale der Champions League zwischen dem FC Barcelona und Manchester United leiten.
Das Spiel beginnt unterhaltsam, denn beide Teams versuchen ihr Glück in der Offensive. Die Gäste aus Székesfehérvár sind bereits in der sechsten Spielminute sehr knapp am ersten Treffer dran, aber ein Flachschuss von Fejes geht an die Innenstange und springt von dort ins Feld zurück. Im danach entstandenen Gewühl im Fünfmeterraum schaffen es die Gastgeber diese brenzlige Situation zu entschärfen.
Haládas hat seine beste Chance in der 18.Minute. Eine flache Hereingabe von links wird von Halmosi durchgelassen, aber der Brasilianer Bouard ist etwas überrascht, dass er zehn Meter vor dem Tor so frei zum Schuss kommt und jagt den Ball in die Wolken.
Gegen Ende der ersten Spielhälfte hatte Haladás auch die beste Phase in dieser Partie und mit einem Elfmeter in der 42.Minute die große Chance auf die Führung. Doch Németh scheitert an Torhüter Kovácsik und somit geht es torlos in die Pause.
Nach dem Seitenwechsel verflacht diese Partie etwas und es gibt erst zehn Minuten nach Wiederanpfiff den ersten Aufreger, denn da zeigt Schiedsrichter Kassai erneut auf den Elfmeterpunkt. Diesmal bekommt Videoton die große Chance auf den ersten Treffer in diesem Spiel. Die Fans singen bereits vor der Ausführung des Strafstoßes Gesänge für ihren Tormann und als ob sie es gewusst hätten, entschärft Gábor Király diesen Elfmeter.
Trotz der eisigen Temperaturen ist die Stimmung bei den Heimfans nun auf dem Siedepunkt. Der Funke will aber nicht auf die Akteure auf dem Rasen überspringen, sodass man in den letzten 30 Minuten das Gefühl hat, dass beide Mannschaften mit dem Punktgewinn durchaus zufrieden sind. Symptomatisch war dann auch ein Schuss des eingewechselten Williams in der Schlussminute, der aus aussichtsreicher Position von der Strafraumgrenze doch deutlich über das Tor der Gäste ging.
Es läuft bereits die Nachspielzeit als Haladás noch einen letzten Konter über links fährt. Mészáros wird der Ball perfekt in den Lauf gespielt, sodass dieser alleine auf den Tormann zuläuft und eiskalt ins kurze Eck abschließt.
Dies war natürlich der Siegestreffer und das ganze Stadion steht Kopf. So manch einer hat beim Abspielen der Vereinshymne wohl Freudentränen in den Augen. Minutenlang verabschiedet sich die Mannschaft von ihren Fans. Haladás hat soeben das nächste Spitzenteam besiegt und hat vor der Winterpause punktemäßig noch den Anschluss an das Mittelfeld gefunden. Mit solchen Leistungen wird man es im Frühjahr wohl verhindern können, dass man mit dem neuen Stadion in die zweite Liga geht.
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Philipp Karesch alias Heffridge wurde 1979 in Wien geboren und hatte von Kindesbeinen an die Lust am Reisen und Fußball zu spielen. Durch diese Kombination bedingt, zieht es ihn nach wie vor auf die Fußballplätze dieser Welt. Die dort gesammelten Eindrücke sind ein fixer Bestandteil der abseits.at-Kolumne Groundhopper's Diary.
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