Die österreichische Bundesliga steht Kopf. Die kleinen Vereine wie Mattersburg, Kapfenberg oder Wiener Neustadt punkten Runde für Runde, während sich die Topklubs nach beinahe... Kommentar Teil 1/2: Der Weg in die Krise

Die österreichische Bundesliga steht Kopf. Die kleinen Vereine wie Mattersburg, Kapfenberg oder Wiener Neustadt punkten Runde für Runde, während sich die Topklubs nach beinahe jedem Spiel über verlorene Punkte ärgern. Doch nicht nur die schlechte Punkteausbeute der Großklubs ärgert die Fans. Es ist vor allem die Art und Weise wie im Moment in Österreich Fußball praktiziert wird. Während sich Fans aller Klubs inzwischen über das schlechte Niveau der österreichischen Bundesliga einig sind, scheinen es die Trainer der Klubs noch nicht wahrhaben zu wollen. Was uns zu der Frage führt: Ist die aktuelle Situation wirklich so schlecht?

Ausgeglichene Liga

Fakt ist: Die Liga ist so ausgeglichen wie nie zu vor und jeder kann jeden schlagen. Ob das positiv oder negativ ist, ist in Frage zu stellen. Die Mehrheit der Trainer ist schlichtweg der Meinung, die Ausgeglichenheit tue der Liga gut und resultiere daraus, dass die kleineren Vereine in den letzten Jahren immer mehr aufgeholt haben. Ob die kleineren Klubs tatsächlich besser geworden sind, ist zu bezweifeln. Viel eher scheint es, als haben die ehemaligen Spitzenteams wie Rapid, Salzburg oder die Austria in den letzten Jahren enorm abgebaut. Siegesserien wie die von Rapid im Meisterjahr 2008 gibt es nicht mehr. Konstanz wurde zum Fremdwort. Auf Siege folgen Unentschieden oder Niederlagen gegen Kellergegner. Dadurch ist bei keinem Verein eine richtige Euphorie aufgekommen. Vielmehr ist ein gewisser Pessimismus auf Seiten der Fans herangewachsen. Eine Niederlage der Austria gegen Mattersburg ist inzwischen alles andere als eine Überraschung. Gleiches gilt für ein Remis von Rapid gegen Wiener Neustadt. Dadurch, dass kein Team wirklich in Form kommt, haben die Mannschaften auch kaum Möglichkeiten, etwas auszuprobieren oder junge Spieler debütieren zu lassen. Zu wichtig ist jedes einzelne Spiel geworden.

Torflaute und Angsthasenfußball

Ebenfalls sehr auffällig ist der aktuelle Mangel an Toren. Nach 25 Spieltagen halten die Führenden der Torschützenliste gerade einmal bei neun Treffern. Zum Vergleich: Der Führende der Torschützenliste in der ersten Liga, Christian Falk, hält nach nur 24 Spieltagen schon bei 16 Treffern. Der Grund für die Torflaute ist also weniger die Qualität der Teams, sondern vielmehr die Einstellung der Teams. Verteidigen kann man einer Mannschaft leichter beibringen, als die Kunst des Toreschießens – das ist momentan die Devise der Trainer. Die Folgen dieser Einstellung bekamen Fans und Zuschauer besonders in den letzten Wochen zu spüren. Langweilige Spiele ohne Torchancen und Tore – die Fans sind unzufrieden und kritisieren das schlechte Niveau der Liga. Zu den wenigen Tormöglichkeiten kommen auch immer wieder technische Fehler sowie zahlreiche Fehlpässe.

Fans vs. Trainer

Von den Trainern hingegen hört man nie ein Wort zur offensichtlich schlechten Qualität der Liga. Es wird davon gesprochen, dass es doch gut sei, eine spannende Meisterschaft zu haben. Trainer

wie Stöger, Schöttel oder Vastic bringen in Interviews Woche für Woche ihren Stolz über die starke Defensive ihrer Mannschaft zum Ausdruck. Aber anscheinend ist noch keiner von ihnen auf die Idee gekommen, dass die Stärke ihrer Defensive zu einem großen Teil mit der Harmlosigkeit aller anderen Mannschaften zusammenhängen könnte. Und wenn wir ehrlich sind: Niemand der in letzter Zeit die Spiele der österreichischen Liga verfolgt hat, ist vom Fußball den er geboten bekommt begeistert.

Die aktuelle Situation ist also mehr als prekär. Ändert sich nicht bald etwas daran, werden immer mehr Fans den Weg ins Stadion verweigern und die jährlichen Talentexporte werden ausbleiben. Ein Ende der Talfahrt ist anscheinend nicht in Sicht. Zu viel wurde von den Vereinen in den letzten Jahren falsch gemacht und hört man sich die Aussagen der Klubverantwortlichen, scheint es, als hätten diese den Ernst der Lage noch gar nicht erfasst. Schade, denn Einsicht wäre der erste Schritt zur Besserung und vielleicht auch der erste Schritt zum Meistertitel.

Die Frage nach dem Warum

Die große Frage die sich im Moment viele stellen, ist die Frage nach dem Warum. Wie und warum kam es dazu, dass das Niveau der heimischen Liga binnen kurzer Zeit so abgenommen hat? Die Gründe für die aktuelle Misere sind äußerst vielfältig.

Qualitätsverlust durch Abverkauf

Der schwerwiegendste Grund, warum die Liga so viel Qualität verloren hat, sind die zahlreichen Spielerverkäufe. Wie sehr sich diese auf die Leistungen der Mannschaften ausgewirkt haben, wurde bereits in einem anderen Artikel beschrieben. Gegen diese Verkäufe können die Vereine nur sehr wenig machen. Hat man herausragende Spieler, wie in der Vergangenheit Barazite, Korkmaz, Hoffer oder Junuzovic, scheitert ein weiterer Verbleib dieser Spieler entweder am Budget oder am Prestige der Liga. Einzig Salzburg ist in der Lage seine Leistungsträger zu halten. Alle anderen Teams sind mehr oder weniger gezwungen, Leistungsträger abzugeben. Wie schwierig es ist, die abgegebenen Spieler gleichwertig zu ersetzen, haben sowohl Rapid, als auch die Wiener Austria gezeigt. Die einzige Möglichkeit wieder an „Stars“ zu kommen, ist diese selbst auszubilden, oder sie sehr früh von anderen Vereinen zu verpflichten. Die Teams sind also darauf angewiesen, Stars zu machen statt zu kaufen. Dass dies nicht jede Saison möglich ist, bekommen Fans und Vereine aktuell zu spüren.

Die 98er-Trainer verantwortlich für die Torflaute

Besonders in der Kritik der Fans stehen derzeit die Trainer. Weder Vastic, noch Schöttel, Moniz oder Foda können derzeit überzeugen. Oft wird den Trainern vorgeworfen, zu defensiv spielen zu lassen. Besonders bei den Fans der Wiener Klubs ist der Fokus auf die defensive Stabilität nicht gerne gesehen. Nachvollziehbar ist es jedoch sehr wohl. Einige Trainer der aktuellen Bundesliga-Teams zählen sich zur „98er-Generation“, also jenen Spielern, die bei der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich für Österreich aufliefen. Und ebendiese Trainer sind noch sehr unterfahren und daher eher vorsichtig als innovativ und mutig. Mit Vastic, Schöttel, Kühbauer, Stöger und Kogler ist die Hälfte aller Trainer von dieser Generation. Dazu kommt mit Moniz ein ausländischer Trainer der bislang immer nur

Techniktrainer oder Nachwuchsleiter war. Für einige der Genannten ist es die erste Saison als Bundesligatrainer, weshalb es naheliegend ist, etwas defensiver spielen zu lassen. Nebenbei scheinen die meisten dieser Trainer alles andere als Taktikfüchse zu sein. Diesen Eindruck bekommt man jedenfalls, wenn man sich die taktischen Mängel in puncto Pressing, Umschaltspiel und Raumaufteilung ansieht. Weshalb also die Hälfte aller Bundesligaklubs auf unerfahrene Trainerneulinge setzt, bleibt ein Mysterium. Weder die Klubs, noch die Trainer tun sich damit einen Gefallen.

Schiedsrichter und Spielplan als weitere Faktoren

Wenn auch nicht so maßgebend wie die Spieler und Trainer, sind auch die Schiedsrichter an der aktuellen Krise beteiligt. Seien es die in letzter Zeit gehäuften Fehlentscheidungen bei nicht gegebenen Toren oder die ständigen Spielunterbrechungen, weil die Unparteiischen ein vermeintliches Foul gesehen haben. Würden die Schiedsrichter allgemein etwas mehr durchgehen lassen, käme vielleicht wieder etwas mehr Spielfluss und Spielfreude auf. Die Fans würden es auf jeden Fall begrüßen.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Grund ist der Spielplan der tipp3-Bundesliga. Dadurch dass die Liga nur zehn Teams umfasst, gibt es vier Aufeinandertreffen der Teams pro Saison. Man lernt sich also Jahr für Jahr besser kennen und es wird für die Favoriten immer schwieriger, die Abwehr des Gegners zu knacken, da diese sich bestens auf die Spiele vorbereitet. Das erklärt übrigens auch das jährliche Phänomen, dass der Aufsteiger in der ersten Saisonhälfte so gut abschneidet. Dennoch wiegt dieses Argument nicht besonders stark, da es diesen Spielplan schon seit Jahren gibt.

Fazit: Viele Gründe aber wenige Möglichkeiten es besser zu machen

Die Gründe für das niedrige Niveau der Liga sind also hauptsächlich an den Personalentscheidungen der Vereine festzumachen. Sowohl Spielertransfers, als auch Trainertransfers der letzten Jahre waren nicht gerade förderlich. Da den meisten Vereinen aus finanziellen Gründen in Sachen Spielertransfers die Hände gebunden sind, liegt es umso mehr an den Trainern, aus dem zur Verfügung stehenden Spielermaterial etwas zu machen. Ansonsten ist alles was den Fans bleibt, eine spannende Meisterschaft, die in Form von torarmen und teils langweiligen Spielen ausgetragen wird.

Andreas Himmelbauer

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