„matchworn Trikots“ – Interview mit einem Sammler der getragenen Wäsche
Fankurve 25.Februar.2017 abseits.at Redaktion 0
Matchworn Trikots. Der Reiz des Getragenen zieht Sammler an und die Suche nach neuer Spielkleidung, die bereits auf dem Rasen im Einsatz war, kann durchaus abenteuerlich sein. Wir trafen uns mit Simon Jelinek, der bereits seit seiner Kindheit die getragene Wäsch‘ der Stars sammelt.
abseits.at: Lieber Simon, wie bist du zu deinem Hobby gekommen? Erinnerst du dich an dein erstes matchworn-Trikot?
Simon Jelinek: Dazu muss ich etwas ausholen – in meiner Kindheit waren meine Eltern berufsbedingt, beide waren in der Reisebranche tätig, sehr viel unterwegs. Von vielen Reisen haben sie uns Kindern Trikots mitgebracht, da wir damals schon fußballbegeistert waren und wir beim Spielen im Garten unsere schönen Sachen nicht schmutzig machen sollten. Das hat sich hingezogen bis zu meinem ersten Rapid-Trikot mit 11 Jahren. Es war eines von Christian Prosenik. Als ich selbst anfing zu Reisen, hab ich begonnen mir selbst Trikots zu kaufen. Erst ziemlich „wahllos“ von einem lokalen Verein, später dann von österreichischen Spielern vom jeweiligen Verein. So hat sich dann irgendwann eine schöne Sammlung angehäuft. Irgendwann bin ich durch Zufall auf eine damals noch sehr kleine Facebook-Seite von Trikotsammlern gekommen. Dort hat dann irgendwann mein Interesse für matchworn Trikots begonnen. Mittlerweile tummeln sich dort über 7.000 Mitglieder und das Portfolio an Trikots, egal ob „mainstream“, oder Raritäten, ob matchworn oder Fanshop, ist riesengroß.
Da ich nie damit gerechnet habem irgendwann eine so große Sammlung an Trikots zu besitzen und so eine Leidenschaft dafür zu entwickeln, kann ich mich um ehrlich zu sein nicht an mein erstes matchworn Trikot erinnern. Dazu war ich anfangs einfach zu unorganisiert. Mittlerweile führe ich Listen, habe jedes Trikot in einer Liste registriert. Ich hoffe, ich hab nicht zu weit ausgeholt.
abseits.at: Ich kann mir denken, dass das ein ganz schön kostspieliges Hobby ist. Was sagen deine Familie/Freunde zu deiner Sammelleidenschaft?
Simon Jelinek: Diese Frage nach einem kostspieligen Hobby kann man, vor allem anfangs, nur mit Ja beantworten. Noch wichtiger als Geld sind aber die notwendigen Kontakte. Mein Freundes- und Bekanntenkreis ist natürlich auch teilweise in der Sammlerszene, daher beruhen diese Verhältnisse auf gegenseitigem Respekt und Verständnis. Die Freunde, die sich weniger mit dem Thema beschäftigen finden das Ganze natürlich ziemlich übertrieben, haben aber auch kein Problem damit. Meine Familie ist generell weniger daran interessiert, so offen muss man sein. Am ehesten hat noch mein Stiefvater Verständnis und zeigt durchaus auch Interesse daran. Meine Freundin ist aufgrund des mittlerweile auftretenden Platzmangels mittlerweile nicht mehr so erfreut.
abseits.at: Wo bekommt man als Sammler am besten matchworn-Trikots her? Gibt es viele Fälschungen, wenn man online bestellt und auf welche Qualitätsmerkmale muss man ganz genau achten?
Simon Jelinek: Wie schon erwähnt begann eigentlich alles über eine Facebook Gruppe, die anfangs ziemlich harmlos und klein war. Man knüpft Kontakte, schließt Bekanntschaften und aus einigen Kontakten werden sogar Freundschaften, wie zum Beispiel mit einem Bielefelder Kollegen oder einem bekannten Sammler aus Niederösterreich, Sebastian Wagner. Vor allem mit Sebastian verbindet mich sehr viel, da wir uns immer wieder gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite stehen und wir beide gut vernetzt sind. Im Laufe der Jahre haben sich auch beruflich einige neue Möglichkeiten ergeben, an Trikots zu kommen. Viele kaufe ich natürlich bei mir schon länger bekannten Kontakten, einige bekomme ich von anderen Quellen, die direkten Kontakt zu den Spielern selbst haben. Hin und wieder kaufe ich auch einmal etwas bei eBay, wobei hier auch viel Schindluder getrieben wird, oder über eine offizielle Auktions-Seite auf der viele deutsche Bundesligisten vertreten sind – sport-auktion.de. Zumeist stellen die Vereine selbst die Trikots und Fanartikel die dort zum Verkauf gelangen. matchworn Trikots sind dann auch gerne mal mit einem Zertifikat ausgestattet, die die Echtheit beweisen.
Die Frage nach den Merkmalen lässt sich pauschal nicht beantworten. Diese sind von Ausstatter zu Ausstatter und von Verein zu Verein verschieden. Bayern München Trikots zum Beispiel sind sehr beliebt und werden oft gefälscht. Hier gibt Adidas aber die allerbeste Ware an den Verein, wo die Merkmale doch manchmal ziemlich eindeutig identifiziert werden können. Spielertrikots sind, im Gegensatz zu einer Version aus dem Fanshop (climacool), sogenannte „adizero“ Trikots. Diese sind aus einem leichteren Stoff und sehr atmungsaktiv. Die Rückennummer ist größer als die, die auf Fantrikots gepresst werden, das Wappen ist nicht gestickt, sondern gedruckt und das Adidas-Logo ebenso. Viele Vereine sind aber auch zu klein, oder nicht effektiv genug in der Repräsentation der Hersteller um solche Trikots zu erhalten und so kann es passieren, dass man auch von Rapid ein Spielertrikot als Climacool-Version bekommt. Wie gesagt, da sind die Spektren sehr weit gestreut. Nike hat in den Spielerversionen immer gelaserte Luftlöcher an den Seiten unter den Armen und eine eingedruckte Waschanleitung an der Innenseite. Die Fanversion hat zumeist einen normalen Waschzettel, wie jedes herkömmliche T-Shirt. Es gibt also einiges zu beachten, bevor man tatsächlich kauft.
abseits.at: Bist du selbst einmal einem Betrug aufgesessen und hast eine Fälschung erhalten?
Simon Jelinek: Ehrlich gesagt ist mir das auch schon passiert. Einmal habe ich von einem Arbeitskollegen eines Bekannten ein Trikot von Steffen Hofmann gekauft. Angeblich aus der Europa League. Dafür habe ich, verhältnismäßig wenig bezahlt, knapp 130 Euro. Nachdem ich es bei mir hatte war mir sofort klar, dass etwas nicht ganz passt. Das Trikot war in XL, Hofmann trägt M. Der Sponsor auf Europa-League-Trikots ist kleiner als der bei herkömmlichen Bundesliga-Trikots. Diese Merkmale waren leider nicht vorhanden. Somit bin ich einer Fälschung aufgesessen. Als ich es zurückgeben wollte wurde mir eine komplette Rückabwicklung versprochen, das Geld hab ich aber nie wieder gesehen. Leider war der Verkäufer aus Deutschland, daher war da generell nicht viel zu machen. Seitdem bin ich da etwas vorsichtiger.
abseits.at: Ich habe gelesen, dass du auf die Trikots von österreichischen Legionären in ausländischen Ligen spezialisiert bist. Sammelst du ausschließlich diese Trikots, oder schlägst du schon auch bei anderen Gelegenheiten zu?
Simon Jelinek: Generell stimmt das so – österreichische Spieler sind mein absoluter Fokus. Hin und wieder würde ich natürlich auch gerne mal ein Trikot meines Herzensvereins, dem SK Rapid, kaufen. Leider ist dafür der Preis aber sehr hoch angesiedelt, weil natürlich auch die Nachfrage generell sehr hoch ist. Schnäppchen gibt es immer wieder, da kommt es aber auch auf die Optik und den Bekanntheitsgrad des jeweiligen Vereins und des Spielers an. Hin und wieder kaufe ich Trikots von jetzigen und ehemaligen Spielern von Rapid, wie zum Beispiel Jelic oder Jelavic. Viele Trikots, die nichts mit meinem eigentlichen Sammelgebiet zu tun haben, sind aber vorwiegend Tauschobjekte, die ich aufhebe, falls sich eine Gelegenheit ergeben sollte.
abseits.at: Wie viele Trikots befinden sich momentan in deiner Sammlung? Wo bewahrst du sie auf?
Simon Jelinek: Derzeit habe ich in etwa 80 matchworn Trikots und etwa 50 oder 60 Fanshop-Trikots. Die Aufbewahrung ist im Moment etwas schwierig, was bei der Menge durchaus verständlich ist. Vorerst bewahre ich die Trikots in einfachen IKEA Boxen auf. Da ja auch einige verschmutzte Exponate dabei sind, muss sich daran aber bald was ändern. Nach unserem Umzug, sollte aber auch dieses Problem gelöst sein und ich werde eine geeignete Möglichkeit finden, meine Trikots aufzubewahren und die schönsten Stücke vielleicht eingerahmt zu präsentieren.
abseits.at: Was würdest du sagen ist dein wertvollstes Trikot? Welches Trikot würdest du niemals gegen ein anderes tauschen wollen?
Simon Jelinek: Da gibt es wohl zwei aus zwei unterschiedlichen Gründen. Vom materiellen Wert ist es wohl ein Trikot von David Alaba, das für ein Spiel gegen RB Leipzig vorbereitet wurde, also nicht getragen wurde, sondern nur getragen hätte werden sollen. Hier liegt der Wert in etwa bei 250 Euro. Vom ideellen Wert her ist es ein wohl sehr unbekannter Club von einem nicht sehr prominenten Spieler. Ein guter Freund hat mir zu Weihnachten 2015 ein Trikot von Martin Rainer vom Club Hong Kong FC organisiert. Martin hat mir dann auch noch schöne Weihnachten und liebe Grüße mit einer persönlichen Signatur draufgepackt. Das ist für mich ein sehr schönes Geschenk gewesen, das ich immer in Ehren halten werde.
abseits.at: Weißt du vielleicht welches matchworn-Trikot international den höchsten Preis erzielte? Gibt es bei dir eine bestimmte finanzielle Schmerzgrenze, die du beim Kauf eines neuen Trikots nicht übersteigst?
Simon Jelinek: Zur ersten Frage: Da kann ich mich leider auch nur auf inoffizielle Angaben beziehen. In der Sammler-Welt gilt wohl das Trikot von Pele aus dem WM-Finale von 1970 als Königsexemplar. Dieses wurde, auf heutigen Wert umgerechnet, um 180.000 Euro bei Christie´s versteigert, andere Quellen berichten sogar von 260.000 Euro. Ein Trikot von Geoff Hurst, mit dem er angeblich das „Wembley-Tor“ erzielt hat, soll sogar für mehr als 500.000 Euro versteigert worden sein. Hier scheiden sich aber die Geister, ob der Deal tatsächlich so stattgefunden hat. Gerüchten zufolge wurden auch schon mal Schuhe um 1,1 Millionen Euro ersteigert. Hier handelte es sich um eine Auktion zugunsten der Erdbebenopfer in Haiti und um die Schuhe von Hidetoshi Nakata aus dem Spiel gegen Kroatien von der WM 2006 in Deutschland. Richtig fundiert und belegt sind diese Berichte nicht, da die Auktionshäuser hier keine Zahlen bekanntgeben und die meisten Zahlen im Endeffekt reine Spekulation sind.
Hinsichtlich der Schmerzgrenze verschiebt sich diese immer wieder und variiert je nach Trikot, Spieler und Verein. Für ein seltenes Trikot wie von Ivanschitz aus Seattle oder von Prödl aus Watford würde ich vermutlich mehr ausgeben als für ein Trikot von Hoffer aus Karlsruhe. Das richtet sich aber gerade nach meinem Budget und nach meiner derzeitigen Priorisierung. Wenn mir ein Prödl-Trikot angeboten würde, würde ich vermutlich andere Geschäfte eher verschieben und meine Konzentration voll auf den Erwerb dieses einen Jerseys legen. Es kommt aber auch schon vor, dass ich meine Grenzen überschreite und mehr als geplant ausgebe. Generell liegen die Preise, die ich durchschnittlich ausgebe zwischen 70 und 250 Euro.
abseits.at: Du darfst dir jeweils ein nationales und ein internationales matchworn Trikot aussuchen. Ganz egal welches! Welche beiden Stücke wären in deiner Sammlung zu bewundern?
Simon Jelinek: Die Frage ist so allgemein nicht leicht zu beantworten, was generell mehrere Gründe hat. Hier muss man unterscheiden, ob es nach dem materiellen Wert oder dem ideellen Wert geht. Vom rein finanziellen Aspekt gesehen wäre ein Trikot von Steffen Hofmann aus seiner vermutlich letzten Saison bei Rapid ein absolutes Highlight aus der heimischen Bundesliga. International wäre das natürlich ein Trikot von Messi, auch wenn mir der Spieler an sich persönlich nicht außerordentlich wichtig ist.
Vom ideellen Wert her wäre ein Trikot von Michael Konsel sehr speziell für mich. Das liegt einfach daran, dass er sowohl eine Rapid- als auch eine Roma-Legende ist und generell immer noch einen sehr hohen Status genießt, sowohl national als auch international. Aus der österreichischen Liga wäre das ein Trikot von Philipp Prosenik, ob von Rapid oder von seinem derzeitigen Verein Wolfsberg wäre generell egal. Hier liegt der persönliche Wert für mich darin, dass mein erstes Rapid-Trikot zwar eine Fanshop-Version war, allerdings von seinem Vater stammt. Da geht es rein um die Nostalgie. Familienzusammenführung sozusagen. Eine Auswahl zu treffen ist aber, bei der Fülle an guten Fußballern die es gibt und gab, generell sehr schwer.
(abseits.at Redaktion)
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