Kürzlich veröffentlichte die UEFA die Geldausschüttungen für die Europameisterschaft 2016. Darunter fällt sowohl die Qualifikationsphase als auch die Endrunde. Bei den 54 Nationen und... Analyse der Ausschüttungen für die Euro 2016

Europa Kontinent_abseits.atKürzlich veröffentlichte die UEFA die Geldausschüttungen für die Europameisterschaft 2016. Darunter fällt sowohl die Qualifikationsphase als auch die Endrunde. Bei den 54 Nationen und 641 Klubs stehen die Üblichen vorne, aber es gibt auch einige unerwartete Überraschungen.

Qualifikation (50.744.937 Euro)

Während der Qualifikation bekam ein Klub für einen abgestellten Spieler, der im 23er-Kader stand, pro Spiel folgende Summe:

  • Bei gesamthaft zehn absolvierten Spielen der Nation: 4307€
  • Bei gesamthaft zwölf absolvierten Spielen der Nation: 3536€

Letzterer Fall traf ein, wenn ein Land in die Playoffs musste.

Endrunde (100 Mio. Euro)

Hierbei wurde eine fixe Summe pro Tag verteilt. Der Zeitraum umfasst die 14 Tage vor dem ersten Spiel bis einem Tag nach dem Ausscheiden. Dabei legte man anhand dem Spielort des Spielers drei Kategorien fest:

  • Kategorie 1 (7231 €): Deutschland, England, Frankreich, Italien, Niederlande, Spanien
  • Kategorie 2 (4821 €): Belgien, Dänemark, Griechenland, Irland, Montenegro, Norwegen, Österreich,   Portugal, Russland, Schottland, Serbien, Schweden, Schweiz, Türkei, Ukraine und Ungarn sowie Zweitligisten aus Kategorie-1-Ländern
  • Kategorie 3 (2410 €): Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bosnien & Herzegowina, Bulgarien, Estland, Finnland, Georgien, Island, Israel, Kasachstan, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Mazedonien, Malta, Moldawien, Nordirland, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Wales, Weißrussland und Zypern sowie Klubs aus niedrigeren Klassen von Kategorie-1- und 2-Ländern

Beeindruckende Zahlen (Qualifikation + Endrunde)

Bekamen bei der Euro 2008 nur 180 verschiedene europäische Klubs Gelder für Abstellungen, waren es 2012 schon 575. Nun ist die Anzahl abermals gestiegen und zwar um 11,5 Prozent auf 641.
30 Prozent der Spieler waren nicht in der obersten Spielklasse ihres Heimatlandes aktiv (19 Prozent bei Zweitligisten und 11 Prozent bei Drittligisten oder tiefer). Insgesamt betrachtet standen Spieler in 100 verschiedenen Spielklassen unter Vertrag.


Aufgrund der Lage einiger Mitgliedsverbände der UEFA ließen sich nicht alle in der Karte geographisch abbilden, sodassfolgendes Diagramm die fehlenden Länder abbildet und das Vereinigte Königreich aufschlüsselt:


Wenig verwunderlich führt England das Feld an, denn dort werden selbst in den unteren Spielklassen noch vergleichsweise hohe Gehälter bezahlt. Wenn man bedenkt, dass nur 20 Klubs in der obersten Spielklasse spielen können, ist es schon bemerkenswert, dass insgesamt 60 Klubs Spieler abgestellt haben. Der Abstand zu den anderen großen Ländern ist enorm. Für Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien trifft das Phänomen in reduzierter Weise auch zu, aber natürlich ist dort das Niveau auch höher als in so manch anderer ersten Liga. Zudem weiß man, dass dort das Gehalt zuverlässig und pünktlich überwiesen wird, was bei einigen Klubs in osteuropäischen Ligen nicht geschieht.
Generell ist bei den ersten sechs Plätzen die begrenze Anzahl an Erstligisten erwähnenswert (18-20), sodass etliche unterklassige Klubs aus diesen Ländern Geld bekamen.



Eine genauere Analyse bezogen nur auf die Endrunde lohnt nicht, da dort dieselben Nationen vorne stehen wie bei der Gesamtbetrachtung. Sieht man sich allerdings nur die Qualifikation an, lassen sich einige interessanten Erkenntnisse feststellen. Kasachstan und Dänemark in den Top 10 hätten wohl die wenigsten erwartet. Während es bei Kasachstan darauf zurückzuführen ist, dass vornehmlich die eigene Nationalmannschaft sehr viele Spieler aus ihrem eigenen Land rekrutiert, spielt in Dänemark eine große Anzahl aus verschiedenen europäischen Ländern, weil in Skandinavien die Bevölkerung generell sehr gutes Englisch spricht und somit die Integration leicht gelingt. Zudem ist die dänische Liga die skandinavische Liga mit der höchsten Platzierung in der Fünfjahreswertung und auch die gute Jugendarbeit spielt eine Rolle. Da sich all dies aber nicht in der Bilanz der Endrunde widerspiegelt, sind es oftmals Spieler aus eher schwächeren Nationen, die sich nicht für Endrunden qualifizieren.


5x England, 2x Spanien, 2x Italien und 1x Deutschland – mit Ausnahme Frankreichs finden sich also ausschließlich die großen Ligen hier wieder. Die schon weiter oben angesprochene Dominanz Englands wird selbst unter den absoluten Topnationen deutlich. Für Außenstehende überrascht vielleicht etwas Southampton, aber wer die Premier League intensiver verfolgt, weiß, dass dort seit einigen Jahren hervorragende Arbeit geleistet wird und der Klub in den letzten Jahren viele gute Einkäufe getätigt hat, die dann zu Nationalspielern wurden.


Wie bei der Nationenwertung lohnt sich aus demselben Grund nur ein Blick auf die Qualifikationsphase. Für viele sicherlich völlig erstaunlich ist der Lincoln Red Imps FC aus Gibraltar an zweiter Stelle platziert. Dazu muss man wissen, dass das Nationalteam Gibraltars sich immer an letzter Stelle der FIFA-Weltrangliste findet, die schlechteste europäische Nationalmannschaft ist und die Spieler auch deshalb fast nur in der eigenen schwachen Liga oder bei unterklassigen englischen Klubs spielen. In einem Nationalteam spielen bekanntlich die besten eines Landes. Lincoln Red Imps FC ist mit 21 Titeln der Rekordmeister Gibraltars und gewann in den letzten 14 Spielzeiten immer die Meisterschaft. Daraus erklärt sich dann auch die hohe Anzahl. So ein gebündeltes Auftreten tritt bei keinem anderen Klub in einer anderen europäischen Nation auf.

Ferner überwiegt mit sechs Klubs auch hier wieder England, wobei Everton bestimmt nicht von jedem erwartet wurde. Außerdem müssen ZSKA Moskau und Dynamo Kiew erwähnt werden. Die Nationalteams Russlands und der Ukraine setzen sich vornehmlich aus Spielern der einheimischen Liga zusammen. Bei Russland ist dies u.a. auch durch die hohen Gehälter dort bedingt, weshalb viele der russischen Topspieler nicht ins Ausland wechseln und dies bekanntlich zu der aktuellen Krise des russischen Nationalteams geführt hat. ZSKA Moskau gewann drei der letzten vier Meisterschaften und Dynamo Kiew die letzten zwei. Beide zählen ebenfalls zu den traditionellen starken Klubs des jeweiligen Landes. Wie bereits bei Gibraltar erwähnt, häuft sich aus dem Grund, wonach die besten Spieler eines Landes im Nationalteam spielen, deshalb die große Anzahl an Topspielern dort an. Bei allen anderen Klubs in den Top 10 dagegen tritt das umgekehrte Phänomen auf. Topspieler aus vielen unterschiedlichen Nationen sammeln sich dort.


Analyse der fünf großen Ligen

Die Top 6 (Liverpool, Tottenham, Manchester United, Arsenal, Manchester City, Chelsea) und das bereits genannte Southampton führen die Wertung an. Die drei Aufsteiger (Burnley, Hull, Middlesbrough) finden sich auf drei der letzten vier Plätze. Letzteres fällt zum Rest deutlich ab. Ansonsten lässt sich insgesamt eine lineare Abnahme erkennen, keiner kann sich zu seinem vorderen oder nachfolgenden Klub deutlich absetzen. Meister Leicester hätten einige eventuell weiter vorne als auf Platz zwölf erwartet.

Auch hier sind die in den letzten Jahren sportlich erfolgreichen Klubs vorne. Im Vergleich zur Premier League gibt es zwar auch eine lineare Abnahme, aber erst ab dem zweiten Platz. Wenig überraschend kann sich Bayern München deutlich vom Rest absetzen. Freiburg schaffte es nur auf Platz 17, wohingegen der andere Aufsteiger Leipzig bereits auf Platz zwölf zu finden ist. Dabei muss bedacht werden, dass die Gelder für die Saison vor der EM gezahlt wurden und somit beide noch Zweitligist waren. Es wird demnach sehr deutlich, wie weit Leipzig bereits in der zweiten Liga den restlichen Ligakonkurrenten überlegen war, wenn man bedenkt, dass sie schon einige Erstligisten in puncto Gelder für Abstellungen hinter sich lassen konnten.


Im Vergleich zur Bundesliga und Serie A wird hier eine noch stärkere Unterteilung in mehrere Gruppen deutlich. Real Madrid, Barcelona und Real Sociedad können sich deutlich vom Rest absetzen. Letztgenannter Klub verwundert sicherlich. Dann folgt mit Atlético Madrid und Sevilla sozusagen der Mittelbau. Valencia steht alleine, bevor Bilbao und Celta sowie Villarreal und Málaga eine Gruppe bilden. Der Rest bekam sehr wenig oder gar nichts, u.a. die drei Aufsteiger Alavés, Leganés und Osasuna. So eine Struktur lässt sich in keiner der anderen Liga erkennen. Besonders die vielen Klubs mit fast gar keinen oder nur wenig erhaltenen Geldern stechen heraus. Dazu muss gesagt werden, dass in Spanien aufgrund der gemeinsamen Sprache viele südamerikanische Spieler unter Vertrag stehen und somit nicht von den UEFA-Geldern profitiert werden kann.


Die traditionellen großen sieben Klubs (Juventus, Roma, Napoli, Fiorentina, Lazio, Inter und Milan) platzieren sich auf sieben der ersten acht Positionen. Wie in der Bundesliga kann sich mit Juventus an der Spitze ein Klub deutlich vom Rest absetzen. Die Roma gelangt dies als Zweitplatzierte aber auch. Danach erfolgt bis zum Ende eine lineare Abnahme mit Crotone als einzigem Klub ohne UEFA-Gelder. Die anderen beiden Aufsteiger Cagliari (16.) und Pescara (17.) schaffen es sogar, zwei etablierte Klubs wie Chievo und Atalanta hinter sich zu lassen.


Die ersten drei Klubs waren so erwartet worden, aber Rennes und Nantes noch vor Marseille überraschen doch sehr. Auch das in dieser Saison so stark spielende Nizza, das in der letzten Saison immerhin bereits Vierter wurde, ist nur an 15. Stelle. Wie in der Primera Divisón fallen viele Klubs mit kaum (5) oder gar keinen (5) erhaltenen Geldern auf. In der Kaderanalyse zum Afrika Cup wurde bereits festgestellt, dass aufgrund der gemeinsamen Sprache viele afrikanische Spieler in Frankreich unter Vertrag stehen. Gerade bei finanzschwachen Klubs ist dies häufig der Fall und mit Ausnahme Saint-Étiennes und Nizzas sind dies auch diejenigen, wie man im Diagramm sieht.


Auch in dieser Analyse wird die Dominanz der fünf großen Nationen deutlich. Sie bekamen mehr als die Hälfte der gesamten Gelder, insgesamt waren es knapp über 90 Mio. Euro. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass es nicht nur die jeweils obersten Ligen sind, sondern wie bereits angesprochen auch häufig unterklassige. Aufgrund des höheren Niveaus, der größeren Wirtschaftskraft, der größeren Medienmärkte und infolge dessen höheren Gehälter ist dies aber nur die einzig logische Konsequenz.

Christoph Trompeter, abseits.at

Christoph Trompeter

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