Chance für kleinere Klubs: FIFA-Leihspielerregelung geht in letzte Ausbaustufe
Fußball & Business 10.Juni.2024 Daniel Mandl
Die ab dem Jahr 2022 gültige Leihspielerregelung der FIFA geht ab dem 1. Juli 2024 in ihre letzte Ausbaustufe. Ab dann dürfen Klubs nur noch maximal sechs Spieler an andere Klubs verleihen oder von anderen Klubs ausliehen. Eine Regelung, von der diverse österreichische Klubs wohl schon jetzt profitierten.
Ab Juli 2022 durften Klubs nur noch acht Berufsspieler aus- oder verleihen. Ab 2023 waren es nur noch sieben, ab 1. Juli dieses Jahres sind es nur noch sechs. Die FIFA erklärte, dass dies zum Ziel hat, dass eigene Nachwuchsspieler mehr gefördert werden, ein besseres sportliches Gleichgewicht sichergestellt wird und es zu keinem „Horten“ von Spielern kommt.
Ausnahme für U21-Spieler
Auch intern darf nicht mehr wild hin- und hergeliehen werden. Die FIFA schrieb hierzu in einer Erklärung: „Ein Verein darf zu einem beliebigen Zeitpunkt während einer Spielzeit höchstens je drei Berufsspieler an einen bestimmten Verein bzw. von einem bestimmten Verein ausleihen.“
Ein wichtiger Zusatzpunkt ist ebenfalls definiert: „Spieler bis 21 Jahre und vom Klub ausgebildete Spieler sind von diesen Beschränkungen ausgenommen.“
Dieser Zusatzpunkt ist in der heimischen Bundesliga vor allem für Red Bull Salzburg von zentraler Bedeutung. Würde es diesen Zusatz nicht geben, dürfte der Verein keine Spieler mehr verpflichten und an Liefering „verleihen“. Aber auch externe Leihen von jungen Spielern, wie die von Lukas Ibertsberger, Samson Tijani oder Mamadou Sangaré wären dann nicht mehr so einfach möglich.
Über 21-jährige Spieler hat Salzburg derzeit aber ohnehin nur wenige verliehen. Hierbei handelt es sich um Kamil Piatkowski (Granada), Nico Mantl (Viborg) und Kilian Ludewig (1860 München).
Eine Situation, wie beispielsweise in der Saison 2020/21, als Salzburg mit Onguene, Mensah, Ashimeru, Okugawa, Tetteh, Todorovic, Coronel, Diarra und Köhn gleich neun Spieler über 21 Jahre verlieh, wird es aber künftig nicht mehr geben. In diesem Fall müsste sich der Klub fix von derartigen Kandidaten trennen bzw. schlichtweg die Leihen besser durchdenken und strukturieren.
Rapid profitierte bei Bolla-Verpflichtung
Einen offensichtlichen Nutznießer dieser Regelung gibt es ab der neuen Transferzeit übrigens auch schon: Es geht hierbei um den Transfer von Bendegúz Bolla von den Wolves zu Rapid. In der abgelaufenen Spielzeit reizte der Premier-League-Klub das Leihkontingent bis zum Äußersten aus und verlieh mit Goncalo Guedes, Yerson Mosquera (beide Villarreal), Daniel Podence (Olympiakos), Fabio Silva (Rangers), Sasa Kalajdzic (Frankfurt), Chiquinho (Famalicao) und eben Bendegúz Bolla (Servette Genf) die sieben erlaubten Spieler.
Ab 1. Juli ist es einer weniger – und deshalb mussten die Wolves zumindest einen der Spieler, mit denen man nicht mehr plante, von der Gehaltsliste kriegen. Hierbei handelte es sich offensichtlich um den Neo-Rapidler und ungarischen EM-Starter. Es ist anzunehmen, dass man sich auch noch von anderen Spielern, etwa dem weiterhin verletzten ÖFB-Teamspieler Kalajdzic, trennen wird, um wiederum andere Spieler stattdessen verleihen zu können.
Problem vor allem für englische und italienische Top-Klubs
Vor wenigen Jahren noch hätte der Klub diese Spieler wohl behalten und lediglich weiterverliehen, um sich die Entwicklung aus der Ferne in Ruhe ansehen zu können. Das ist künftig wohl kaum möglich und gerade internationale Top-Klubs werden Spieler eher nur noch verleihen, um zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich wieder auf sie zurückzugreifen – oder sie gewinnbringend weiterzuverkaufen.
Das eröffnet vielen Klubs natürlich auch andere Möglichkeiten im Scouting. Die Frage, wie viele und vor allem welche Spieler von Klubs verliehen wurden, wird zentraler. Tendenziell wird es für „kleinere“ Klubs leichter werden Spieler fest zu verpflichten, die von einem „größeren“ Klub zuletzt noch verliehen waren und kaum Aussichten auf Einsätze haben. Besonderes Augenmerk ist hier definitiv auf Klubs aus England und Italien zu legen, die für das exzessive Verleihen von Spielern bekannt sind bzw. waren.
Der letzte Schritt der neuen „Leihverordnung“ schnallt den Gürtel für Top-Klubs also enger – und bietet eine neue Chance für kleinere Klubs, die sonst stets von den „Großen“ abhängig waren.
Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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