La Liga boomt. Zwei Vereine im Halbfinale der Champions League, gleich derer drei im Halbfinale der Europa League. Real Madrid, FC Barcelona, Atletico Madrid,... Dreieinhalb Milliarden Euro Schulden – Spanien erpumpt sich den Erfolg

La Liga boomt. Zwei Vereine im Halbfinale der Champions League, gleich derer drei im Halbfinale der Europa League. Real Madrid, FC Barcelona, Atletico Madrid, Athletic Bilbao und Valencia CF leben aber auf Pump. Auch Schulden sind nicht gleich Schulden.

752 Millionen Euro schulden die spanischen Vereine dem spanischen Fiskus. Doch auch wenn die spanische Wirtschaft am Boden liegt, wurde Mitte März sogar diskutiert, die Schulden zu streichen. Die Steuerschulden der Primera Division betragen laut FAZ 490 Millionen Euro. Fast die Hälfte, 215 Millionen Euro, gehen auf das Konto von Atletico Madrid. Der kleinere Verein aus der Hauptstadt war sich aber im Sommer dennoch nicht zu schade, kolportierte 40 Millionen Euro auszugeben, um Falcao vom FC Porto loszueisen. Auch der FC Barcelona, ansonsten nach außen hin gerne Vorbild in Vielem, schuldet dem klammen Staat gut 48 Millionen Euro. 35 Millionen wurden trotz „La Masia“ in den ‚verlorenen‘ Sohn Cesc Fabregas investiert. Insgesamt belaufen sich die Schulden der Klubs der Primera Division auf dreieinhalb Milliarden Euro.

Schulden sind nicht gleich Schulden

Der österreichische Fußballfan ist mit den Worten „negatives Eigenkapital“ (Schulden höher als Vermögen) vor allem aus Wien-Hütteldorf gut vertraut. Es wird schlichtweg aufgrund einer früheren prekären Situation negativ bilanziert. Der Hintergedanke ist jener: Ohne das operative Geschäft zu gefährden die Schulden loszuwerden. Ein wichtiger Punkt dieser Sache ist, dass es genug Gegenwert sowie einen im Verhältnis zu den Schulden stehenden Umsatz gibt. Im Fall von Real stehen die (vom Verein) angegebenen Schulden von 170 Millionen Euro eben in einem gesunden Gegensatz zum Umsatz. Das steht im krassen Gegensatz zum FC Barcelona, den die FAZ als „dramatisch verschuldet“ bezeichnet. Und das obwohl in Spanien eine extreme Schieflage punkto TV-Gelder vorliegt: Von den 560 Millionen Euro Fernsehgeld erhalten Barca und Real je 140, der Rest teilt sich also die Hälfte. Rayo Vallecano musste im vergangenen Sommer aufgrund von 40 Millionen Euro Schulden Insolvenz anmelden.

Zahlungsvereinbarungen

„Der Fußball wird seine Schulden begleichen“, sprach der für Sport zuständige Staatssekretär Miguel Cardenal. Bis 2014/15 sollen die Budgetsünder ihre Schulden beglichen haben. Dazu haben alle bis auf drei Klubs Zahlungsvereinbarungen mit dem Finanzamt getroffen. Der Verlust darf dazu ab  Inkrafttreten des Financial Fairplay nur noch 45 Millionen Euro betragen. Diese Regelung tritt 2015 in Kraft und schaffte es auch schon, von der EU anerkannt zu werden. Damit ist die letzte Hürde für das FFP genommen. Ob sich das Schuldenbegleichen bis 2015 aber ausgeht, steht auf einem anderen Blatt.

Berechtigte Sorge

Uli Hoeneß, wortgewaltiger Präsident des FC Bayern München, äußerte sich wiederum unmissverständlich zur Überlegung, einen Schuldenschnitt durchzuführen: „Das kann’s ja wohl nicht sein, das haut ja dem Fass den Boden raus!“ Die deutsche Bundesliga gilt, wie auch die österreichische, die belgische und die schwedische Liga, als wirtschaftlich sehr gesund. Aufgrund der scharfen Lizenzierungsauflagen sind große Schuldenberge nicht mehr möglich. In Anbetracht der Tatsache, dass Bayern im Halbfinale auf einen Klub trifft, der das FFP derzeit um das fast Vierfache übersteigt und im Finale ein Verein warten könnte, dessen Schulden beim Finanzamt alleine höher sind, als es die Richtlinien erlauben würden, ist sportlich gesehen unfair. Gerade die leidgeprüften österreichischen Fußballfans können nachvollziehen, wie Klubs abschneiden, denen alleine schon finanziell einiges für Europa fehlt.

Obszönität

Spanien, das bekanntermaßen an der Grenze zum Staatsbankrott tänzelt, kürzt das Arbeitslosengeld, im Bildungs- und Gesundheitswesen brutal. Doch nicht nur die Stundung der Finanzamtsschulden drücken auf das Budget. Irgendjemandem werden die restlichen, mehr als zweieinhalb Milliarden Euro auch noch geschuldet. Auch davon wird ein guter Teil steuerlich abgeführt werden müssen. Dazu kommt noch eine weitere Frage: Was denken sich die privaten Gläubiger, wenn die verschuldeten Klubs im Sommer mittlere zweistellige Millionenbeträge ausgeben?

Spanische Überlegenheit auf Pump, aber Abbau mit Vorsicht

Dass von acht im Europacup vertretenen Vereinen gleich fünf aus Spanien kommen, hängt nicht nur vom oftmals durchaus gefälligen Spiel ab, sondern eben auch von ungleichen Voraussetzungen. Auf der einen Seite steht Atletico Madrid mit über 200 Millionen Euro alleine an Steuerschulden, auf der anderen Hannover 96, deren teuerster Transfer keine zwei Millionen Euro betrug. Hier ist eine Schieflage, eine eklatante. Die Vereine aus Spanien (und alle anderen hochverschuldeten) müssen schnell daran arbeiten. Ein Problem könnte hier die Zeit sein. Denn bis 2014/15 (Spanien) und 2015 (FFP) ist nicht mehr viel Zeit, die Schuldenlast zu drücken. Überspringt ein Topklub dann die spanische Hürde, heißt das noch nicht, dass dieser auch in Europa mitspielen darf. Fallen dann Prämien und Startgelder aus Europa bzw. Champions League weg, wird der Schuldenabbau noch schwerer.

Es wird immer Länder und Vereine geben, die mehr Geld haben und zahlen können als andere. Es wird auch immer wieder Funktionäre geben, die Bilanzen „beschönigen“, um sich sportliche Vorteile zu erkaufen. Angesichts der Millionen Schulden, die die spanischen Topklubs haben, sollten deren „Erfolge“ aber in einem anderen, schaleren Licht gesehen werden.

Georg Sander, abseits.at

Georg Sander

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