e.V., AG oder GmbH – Die Frage nach der „richtigen“ Rechtsform, erklärt am Beispiel Freiburg
Fußball & Business 21.Mai.2015 Florian Ingwersen 0
Die meisten Clubs der deutschen Fußball-Bundesliga haben sich inzwischen in Kapitalgesellschaften (KG) umgewandelt. Kürzlich schloss der Finanzvorstand des FC Schalke 04 Peter Peters eine Ausgliederung der Fußballabteilung und somit eine Rechtsformänderung in eine KG nicht aus und auch der Drittligist und Traditionsverein FC Hansa Rostock ging diesen Schritt zuletzt, um sich weiter zu professionalisieren.
Dennoch werden fünf der achtzehn Erstliga-Vereine – unter ihnen der SC Freiburg e.V. – noch als eingetragener Verein geführt. Dieser Artikel soll an den Beispielen Leitungsbefugnis und Mitbestimmung, Kapitalbeschaffung sowie Versteuerung aufzeigen, welche Gründe – ganz unabhängig von Tradition und Identität – hinter der Beibehaltung des e.V.-Status stehen.
Der eingetragene Verein (e.V.)
Die Rechtsform des eingetragenen Vereins (e.V.) bezieht sich auf das Konstrukt eines Idealvereins und ist unter den ca. 90.000 Sportvereinen in Deutschland die am häufigsten verbreitete Rechtsform. Im Profisport greifen allerdings immer mehr Vereine auf die Möglichkeit zurück, ihre Profi-Abteilungen als Kapitalgesellschaften auszugliedern. In den Sportarten Handball und Eishockey ist dieser Prozess soweit fortgeschritten, dass alle am Liga-Betrieb der höchsten deutschen Spielklasse teilnehmenden Clubs als Kapitalgesellschaften organisiert sind.
Anders verhält es sich in der Fußball-Bundesliga. Fünf der achtzehn Erstliga-Vereine werden noch als eingetragener Verein geführt.
Laut Definition ist ein Verein ein Zusammenschluss mehrerer Personen, die gemeinsam einen Zweck verfolgen. Er muss auf Dauer angelegt und sein Bestehen unabhängig vom Wechsel der Mitglieder sein. Der Verein wird von den Mitgliedern getragen. Von ihnen geht durch die Mitgliederversammlung alle Macht aus. Diese ist neben dem Vorstand Teil der nach Satzung körperschaftlichen Organisation. Bei Nichterfüllung eines dieser Merkmale handelt es sich automatisch um eine andere Organisationsform.
Nicht jeder e.V. ist gemeinnützig
Mit dem Status des eingetragenen Vereins geht nicht automatisch die Gemeinnützigkeit einher. Die Kriterien für die Erlangung der Gemeinnützigkeit sind in der Abgaben Ordnung (AO) §§ 52 ff zu finden. Zu diesen gehören die selbstlose Förderung der Allgemeinheit (§ 55 AO), die Ausschließlichkeit und die Unmittelbarkeit (§ 56 AO). Des Weiteren muss die Satzung mit den §§ 52 bis 55 AO, KSt und GewSt (§ 60 AO) konform gehen sowie eine satzungsmäßige Vermögensbindung (§61 AO) bestehen. Außerdem muss die tatsächliche Geschäftsführung auf die steuerbegünstigten Zwecke mit dem Nachweis ordnungsgemäßer Aufzeichnungen ausgerichtet sein (§ 63 AO).
Aus dem zuletzt genannten Punkt geht bereits hervor, dass sich aus der Gemeinnützigkeit nicht nur Pflichten ergeben, sondern vor allem Steuervergünstigungen (§ 63 AO) u.a. auch bei Förderung des bezahlten neben dem unbezahlten Sports (§ 58 AO).
e.V. als Rechtsformverfehlung?
In der Literatur ist häufig von der Rechtsformverfehlung der Lizenzspielerabteilungen der Profivereine die Rede. Immer wieder werden vor allem die hohen Umsätze, der als Idealverein organisierten Clubs, als Argument für die Rechtsformverfehlung genannt. Dennoch entscheiden sich Vereine wie der SC Freiburg e.V. den e.V.-Status beizubehalten.
Um dies nachvollziehen zu können, muss zu aller erst geklärt werden, welche Kriterien für die Wahl der Rechtsform überhaupt herangezogen werden. Es sollten die Leitungsbefugnis und Mitbestimmung, die Haftung, die Gewinn- und Verlustbeteiligung und die Besteuerung beachtet werden. Weitere Aspekte sind die Kapitalbeschaffung bzw. die Kreditwürdigkeit, die Publizitätspflicht sowie die Rechnungslegung.
Am Beispiel des SC Freiburg e.V. soll vor allem auf die Aspekte Leitungsbefugnis und Mitbestimmung, Kapitalbeschaffung und Besteuerung eingegangen werden.
Professionalisierung durch nicht genutzte Möglichkeiten
Viele Vereine, wie zuletzt der FC Hansa Rostock, bringen als einen Beweggrund für die Änderung der Rechtform in eine Kapitalgesellschaft an, dass diese Änderung mit einer Professionalisierung der Organisations- und Führungsstruktur einhergeht. Allerdings ist hier festzustellen, dass eine Vielzahl der Vereine häufig nicht genutzte Möglichkeiten besitzen. Denn das Vereinsrecht lässt sehr wohl eine Angleichung der Strukturen an die von Wirtschaftsunternehmen zu. Es sind ausdrücklich Anpassungen an unterschiedliche Organisationsbedürfnisse erlaubt (§ 40 BGB). Der SC Freiburg e.V. hat diesen Schritt im Jahr 2014 gemacht. Es wird ein Beirat gebildet, der ähnliche Aufgaben der Kontrolle und Aufsicht wie ein Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft erhält. Dies bedarf jedoch noch einer Satzungsänderung. Außerdem bricht der Verein mit alten Strukturen und stellt neben dem ehrenamtlichen Präsidenten, der in Zukunft auch eine Aufwandsentschädigung erhalten wird, noch zwei hauptamtliche Geschäftsführer ein. Die Gemeinnützigkeit wird von der Änderung nicht berührt.
Auch die Mitbestimmung spielt eine wichtige Rolle für den Club aus dem Breisgau. So behält der Verein seine Rechte in eigener Hand und tritt diese nicht, wie viele Liga-Konkurrenten, an Agenturen ab.
Woher kommt das Geld?
Betrachtet man die Jahresumsätze eines Fußball-Bundesligisten, kann man diese problemlos mit Unternehmen des klassischen Mittelstands vergleichen. Unabhängig von der Rechtsform streben die Clubs auch nach der Erreichung von ökonomischen Zielen. Die langfristige Finanzierung des Großteils der Bundesligisten beruht auf dem klassischen Hausbankenkredit. Mehr als zwei Drittel des Finanzierungsvolumens wurde durch diese Quelle in der Saison 2011/12 gedeckt.
Begründet ist dies unter anderem in der hohen Flexibilität des Hausbankenkredits. So kann der nominale Zinssatz fest oder variabel vereinbart werden, die Tilgung kann als Einmalzahlung oder als Ratentilgung über die Laufzeit oder als eine Kombination der beiden Verfahren erfolgen.
Eine Vielzahl von Vereinen sieht keine Gründe dafür dies zu ändern. Denn das Zinsniveau ist über alle Laufzeiten historisch niedrig gewesen und Kapital reichlich vorhanden.
Auch der SC Freiburg e.V. finanziert im Sinne seiner „Philosophie des gesunden Wirtschaftens“ den geplanten Stadionneubau aus Eigenkapital (15 bis 20 Millionen Euro), Zuschüssen des Landes (11 Millionen), die durch seine Gemeinnützigkeit ermöglicht werden, sowie einem Darlehen (39 Millionen).
Vertrauensverhältnis zwischen Kapitalgeber und Verein unabdingbar
Bezüglich der Finanzierung sind auch weitere Punkte, die gegen die Umwandlung in eine Gemeinschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder in eine Aktiengesellschaft (AG) sprechen, zu finden.
Bei der Rechtsform der GmbH erhalten die Gesellschafter ein unabdingbares Einsichts- und Auskunftsrecht (§ 51a GmbHG). Dieses bezieht sich auf Kontroll-, Gewinn- und Vermögensangelegenheiten. Für einen Fußball-Bundesligisten bedeutet dies den Einblick in Gehaltslisten und Spielerverträge. Aus diesem Grund muss ein potentieller Gesellschafter nicht nur kapitalstark sein, sondern insbesondere das Vertrauen des Vereins genießen.
Gegen die Umwandlung in eine AG spricht also der schon erwähnte Fremdeinfluss. Außerdem sollte eine Fußball-AG nicht allein von den Einnahmen aus dem Spielbetrieb abhängig sein. Da diese sehr risikobehaftet sind, trifft dies vermutlich auch auf die anderen Rechtsformen zu. Der SC Freiburg e.V. nennt weiterhin als klares Argument gegen eine Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, dass im Raum Freiburg kein entsprechender und passender Investor zu finden ist.
Steuerbegünstigung durch Gemeinnützigkeit
Eines der Hauptargumente für die Beibehaltung des eingetragenen Vereins als Rechtsform -insbesondere in Verbindung mit der Gemeinnützigkeit – sind steuerliche Aspekte. Um dies nachvollziehen zu können, soll im Folgenden die Rechnungslegung und Besteuerung im Verein erläutert werden.
Die Rechnungslegung im Verein teilt sich in die vier Bereiche Ideeller Bereich, Vermögensverwaltung, Zweckbetrieb und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Die Einnahmen und Umsätze der verschiedenen Bereiche unterliegen auch einer unterschiedlichen Besteuerung.
Zu dem Ideellen Bereich gehören Spenden, Beiträge der Mitglieder, Aufnahmegebühren und öffentliche Zuschüsse, für die keine Gegenleistung erbracht werden muss. Dieser Bereich ist komplett steuerbefreit und nicht steuerbar.
In der Vermögensverwaltung wird über die langfristige Vermietung sowie die Verpachtung von Betrieben, über die Zinserträge, Rechte- bzw. Markenüberlassung und Lizenzen Rechenschaft abgelegt. Gerade im Bereich des Sports spielt häufig die Gastronomie für die ersten beiden Punkte eine große Rolle. Für diese Punkte fällt nur die Umsatzsteuer zu einem reduzierten Satz an.
In § 65 AO findet man folgende Beschreibung des Zweckbetriebs. Hiernach ist der Zweckbetrieb eine wirtschaftliche Bestätigung zur unmittelbaren Erfüllung von Satzungszwecken. Hierzu zählen Sportveranstaltungen mit unbezahlten Spielern bis zu einer Zweckbetriebsgrenze, Sportkurse, wissenschaftliche Veranstaltungen und kulturelle Einrichtungen. Auch hier gilt für die Umsatzsteuer ein reduzierter Satz, wobei Kurse, Vorträge, kulturelle und sportliche Veranstaltungen von der Umsatzsteuer befreit sind.
Zuletzt sind alle Bereiche, die nicht der Vermögensverwaltung oder dem Zweckbetrieb zu geordnet werden können, dem wirtschaftlichen Geschäftsbereich zuzuschreiben. Beispiele aus dem Sport sind gesellige Events, die Vereinsgaststätte, wenn diese selbst bewirtschaftet wird, Sportveranstaltungen, die nicht dem Zweckbetrieb zugeordnet werden können, Werbung sowie Sponsoring und der Speise- bzw. Getränkeverkauf. Für diesen Bereich gelten gewisse Freibeträge. Werden diese überschritten, gilt der Regelsteuersatz. Für die Umsatzsteuer gilt grundsätzlich der normale Satz.
Hauptgrund für die Beibehaltung des e.V.-Status
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich aus der Rechtsform des eingetragenen Vereins in allen Bereichen steuerliche Vorteile ergeben. Diese werden unter anderem neben Gestaltungs- und Optimierungsmöglichkeiten in der Verzahnung von Lizenz- und Amateurbereich- vom Nachwuchsleistungszentrum bis hin zum Frauen- und Mädchenfußball vom SC Freiburg als Hauptgrund für die Beibehaltung des e.V.-Status genannt.
Florian Ingwersen, abseits.at
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