Financial Fair Play – ein zahnloser Tiger sichert die Dominanz der Reichen
Fußball & Business 3.April.2015 Werner Sonnleitner 0
Chancengleichheit, Fairness und die Gesundung des europäischen Klubfußballs! Das sollte das 2011 von der UEFA neu installierte Financial Fair Play (FFP) bringen. Der revolutionären Idee fehlt es aber nach wie vor an einer konsequenten Umsetzung. Im Gegenteil, für kleinere und mittelgroße Klubs wird der Abstand zu den Big Players dadurch noch größer. Die Schere zwischen ganz- bzw. neureich und der europäischen Fußballmittelschicht klafft damit eher noch weiter auf!
Das Grundprinzip des Financial Fair Plays
Kurz und einfach erklärt sollen Europacup-Teilnehmer nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen bzw. ihre Rechnungen und Schulden pünktlich bezahlen. Ausgenommen davon sind Investitionen in Stadien, Trainingseinrichtungen oder Jugendförderung. Außerdem sollen auch Sponsorenverträge genauer unter die Lupe genommen werden. Steckt der Eigentümer über seine Firma Geld in den Verein, zählt dies nicht als Einnahme in der FFP-Rechnung. Das heißt dieses Geld sollte also dann theoretisch auch nicht in Spieler investiert werden dürfen. Wer gegen das Financial Fair Play verstößt, dem drohen harte Konsequenzen. Der Strafenkatalog beginnt mit Ermahnungen, geht über das Verbot von neuen Spielern bzw. Geldstrafen und gipfelt im Ausschluss von europäischen Wettbewerben.
Michel Platini und Co. setzten sich zum Ziel, den durch die immer absurder werdenden Ablösesummen und Spielergehälter kranken (europäischen) Clubfußball wieder in eine gesündere Zukunft zu lenken.
Das Problem
Um die eigene Dominanz auch weiterhin zu festigen, besteht für die Großen der Anreiz, diese Regeln zu umgehen. Dies ist für reiche Vereine einfacher, während es die kleineren Klubs verhältnismäßig empfindlicher einschränkt. Die drohenden Sanktionen sind eben nur für diese eher finanzschwächeren Klubs ein wirkliches Problem. Während Mannschaften wie Manchester City oder Paris SG die 50 Millionen Strafe für ihre Vergehen letzten Sommer mit einem Achselzucken überwiesen, würden ähnliche finanzielle Konsequenzen für Vereine wie Mönchengladbach, Basel oder auch die österreichischen Europacupstarter kaum zu stemmen sein. Damit wäre ein Ausschluss aus dem Europacup die Folge und so der Beginn einer sportlichen Abwärtsspirale. Wahrscheinlich unbeabsichtigt, aber trotzdem manifestiert genau diese neue Regelung die Dominanz der reichen Vereine und macht es aufstrebenden, seriös wirtschaftenden Klubs kaum möglich, langfristig in den elitären Kreis dieser Big Player einzudringen.
Beispiel 1: Paris SG – „Die Provokateure“
Die meisten Schlagzeilen zu diesem Thema machte vergangenen Sommer der französische Hauptstadtklub. PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi hat seine Hetz mit der UEFA und deren Versuchen den neureichen Klub finanziell in die Schranken zu weisen. 50 Millionen Euro mussten an die UEFA überwiesen werden, weil man sich nicht um die FFP-Vorgaben scherte. Wenige Tage nachdem die Strafe bezahlt wurde, machten die Pariser David Luiz zum teuersten Abwehrspieler aller Zeiten. Die einzige sportliche Auflage dürfte dabei niemanden so wirklich gekratzt haben: Es konnten nur 21 statt 25 Spieler im Champions-League-Kader genannt werden. Weiters wurde eine Heerschar an gewieften Rechtsexperten engagiert, um die neuen Regeln auch weiterhin gekonnt zu umkurven. Neuerster Coup: Spieler werden nur auf Leihbasis mit späterer Kaufoption geholt, so wie der Ivorer Serge Aurier. Das Problem wird aufgeschoben, bis es sich irgendwann von selbst löst oder die passende Lücke im Reglement entdeckt wird. Beziehungsweise wird auch angedacht, Spieler vermehrt auszulagern – sprich sie würden einer eigenen, „unabhängigen“ Gesellschaft gehören. Also offiziell nicht dem Verein und fungieren quasi als eine Art Leasingarbeiter. Trainer Laurent Blanc mit leicht sarkastischem Unterton, angesprochen auf das FFP: „Wir wissen, dass wir nicht machen können was wir wollen. Das Urteil trifft uns hart, aber wir haben Luiz und Aurier trotzdem bekommen.“ Und der Chef Al-Khelaifi legte gleich noch zynisch nach: „Niemand wird uns stoppen! Wir werden weiter investieren!“
Beispiel 2: Manchester City – „Die Gelassenen“
Auch wenn man sportlich nur mäßig erfolgreich durch Europa tourt, bei Manchester City ist man zumindest juristisch bereits absolute Spitze! So zahlte City-Sponsor Etihad 350 Millionen Euro für die Namensrechte des Stadions. Und in Infrastruktur darf man ja bekanntlich investieren, nur sollten diese Zahlungen eben marktüblich sein. 35 Millionen pro Jahr sind laut Meinung der Engländer marktüblich bzw. wünschen sie der UEFA viel Spaß beim Versuch vor den Höchstgerichten das Gegenteil zu beweisen. Zum Vergleich: Bayern München kassiert von Allianz sechs Millionen pro Jahr für die Namensrechte der Arena. Der Besitzer von Sponsor Etihad ist übrigens der Halbbruder von City-Boss Mansour – was ja eigentlich so dann auch nicht erlaubt wäre („darf nicht in direkter Verbindung stehen“). Die UEFA hielt sich bislang mit harten Sanktionen zurück, wohlwissend dass sie gegen das verwinkelte Konstrukt bei den „Skyblues“ bei langwierigen Gerichtsverfahren wohl chancenlos wären.
Beispiel 3: Manchester United – „Die Nutznießer“
Weniger kreativ, aber trotzdem ideal getimt ging man im roten Teil der englischen Fußballmetropole vor. David Moyes führte die Red Devils in der Vorsaison nur auf den enttäuschenden siebenten Rang, was eine Pause vom europäischen Cup bedeutete. Da FFP nur für Mannschaften gilt die international spielen, nutzen Van Gaal & Co. die Gunst der Stunde und gingen im Sommer auf große Shopping-Tour. Knapp 200 Millionen ließ sich der englische Rekordmeister seinen Versuch kosten, den aufgerissenen Abstand an den neuen Liga-Krösus mittels Scheckbuch wieder zu schließen. Der Zukunft sieht man im Old Trafford gelassen entgegen: Viel Geld in die Kassen werden neue Sponsorendeals mit Adidas und Chevrolet spülen, dazu noch der neue englische TV-Deal und mögliche, wieder sprudelnde Champions-League-Einnahmen.
Die anderen Beispiele
Bislang zeigte die UEFA den großen Namen maximal die „dunkelgelbe Karte“. Die angesprochenen finanziellen Sanktionen werden die Mäzene dort nicht wirklich abschrecken können. Sportlich zeigte man bislang nur den kleinen Fischen die „rote Karte“. So wurde Roter Stern Belgrad aus dem Europacup ausgeschlossen. Den einzigen Champions-League-Vertreter den es traf, war der Malaga CF. Wobei der arabische Mäzen Abdullah Al Thani damals ohnehin schon seine Lust an seinem neuen Spielzeug verloren hatte, der Kader verkauft wurde und sich so die Proteste bei den Spaniern – ob einer ungewissen eigenen Zukunft – in Grenzen hielten.
Resümee nach vier Jahren
Der Wille etwas zu verändern war da: Den Fußball wieder in eine gesundere, fairere Richtung zu lenken. Leider erwies sich das FFP bislang nur als zahnloser Tiger. Die in den letzten Jahren sich immer weiter öffnende Kluft zwischen den Vereinen bzw. zwischen ganzen Ligen wird auch das neue System nicht kitten können. Einerseits halten zu drastische Sanktionen gar nicht vor EU-Recht, andererseits geht viel Macht von den großen Vereinen aus. Sie bewerben mit ihrer Strahlkraft schließlich die Produkte der UEFA – allen voran die Champions League. Auch die Funktionäre des europäischen Fußballbundes werden sich hüten, die Hand zu beißen, von der sie indirekt gefüttert werden.
Je weiter die Champions League in der K.O.-Phase voranschreitet, umso häufiger fühlt der Fan ein Déjà-Vu. Neben ein paar Überraschungsmannschaften, spielen gefühlt immer „die Üblichen“ gegeneinander. Der Kreis der Titelanwärter beschränkt sich auf eine handvoll Mannschaften. Einzig mit Atlético Madrid kratzte im Vorjahr eine Mannschaft aus der zweiten Reihe an der Dominanz der ganz Großen!
In den letzten vier Saisonen schafften es nur Teams aus Deutschland, Spanien und England ins Halbfinale vorzudringen – Bayern, Barcelona und Real Madrid waren jeweils dreimal vertreten. Blickte man auf die Viertelfinalspiele zurück, stellten diese drei Länder fast 70% der Teilnehmer. Dazu meist noch Paris SG und jeweils ein Italiener. Die wenigen nicht Standard-Viertelfinalisten der letzten Jahre kann man damit schnell aufzählen: Shaktar Donezk (2011), Apoel Nikosia, Benfica Lissabon bzw. Olympique Marseille (2012) oder Galatasaray Istanbul (2013).
Dazu wird es kaum möglich sein, mit Regeln eine Chancengleichheit zwischen Vereinen oder Ligen herzustellen. Zu unterschiedlich sind die Rahmenbedingungen (siehe der neue TV-Vertrag in England) bzw. die Voraussetzungen der verschiedenen Vereine. Dazu wurde erst dieser Tage der neue Preisgeld-Katalog für die Champions League von der UEFA vorgestellt. Bis 2018 wird der Geldkuchen noch um ein weiteres Viertel aufgebläht. Dies ist dann schon ein weiterer Wettbewerbsvorteil für die „nur“ qualifizierten Mannschaften, aber vor allem für die ganz Großen dann in den K.O.-Spielen. Bleibt abzuwarten ob es Mannschaften ohne diesen Geldregen gelingen wird, nur mit seriöser Arbeit, Fleiß, Ehrgeiz und guter Nachwuchsschule diese Teams langfristig fordern zu können.
Werner Sonnleitner, abseits.at
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Werner Sonnleitner
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