Kommentar: Neue Wege gehen
Fußball & Business 5.März.2017 Florian Ziegler 0
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich professionelle Fußballvereine in ihrer Form und in ihrem Wesen immer mehr gewandelt. Dass wirtschaftliche Aktivitäten früher nur als Nebeneffekte gesehen wurden, kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Die Liste an Veränderungen im Verein aufgrund des wachsenden wirtschaftlichen Drucks ist lang. Diese Ausführungen sollen jedoch nicht den ewig jungen Kampf „Tradition vs. Kommerzialisierung“ im Fußball beleuchten. Vielmehr geht es darum, dass neue Sichtweisen dargelegt werden sollen, in welchen den Fans ein angemessener Platz in einer fortschreitenden Kommerzialisierung eingeräumt wird.
Es gibt Grenzen
Verständnis, dass man die Zeit im Kommerzialisierungsprozess nicht völlig anhalten kann, haben Fans dabei durchaus. Der Fußball auf hohem Niveau bringt es einfach mit sich, dass ein erhöhter Kostendruck für Vereine entsteht, welchem sie sich stellen müssen, wollen sie konkurrenzfähig bleiben. Neue ökonomische Mittel gilt es daher zu lukrieren. So muss beispielsweise schon mal der altehrwürdige Stadionname einem des Sponsor weichen. Veränderungen, welche die Fans nicht zum Jubeln bringen, aber im Sinne des Klubs meist in Kauf genommen werden. Aber natürlich gibt es auch Grenzen, welche nicht übertreten werden sollten. Dies zeigte sich beispielsweise in meiner durchgeführten qualitativen Fallstudie (Diplomarbeit: „Wert- und traditionsorientierte Fußballfangemeinschaften im Spannungsfeld von Tradition und Kommerz“) über die Fans des Linzer ASK. Dabei wurde deutlich, dass Identifikationssymbole des Klubs, wie Vereinsnamen oder Farben unberührt bleiben müssen. Sie sind es, mit welchem sich die Fans identifizieren und als ein wichtiges Bindungselement angesehen werden können.
Tradition nutzen und Commitment erzeugen
Diese Unantastbarkeit muss jedoch für die Vereine kein Problem darstellen. Vielmehr sollte vorhandene Tradition genutzt werden. In dem durch Kommerzialisierung erzeugten Veränderungsprozess stellt sie einen konstanten Wert dar, welcher auch ökonomisch sinnvoll verwertet werden kann. Verwertet werden in dem Sinne, dass sich auf Basis einer gewachsenen Tradition ein attraktives Image kreieren lässt. Als klassisches Beispiel hierfür könnte der FC St. Pauli genannt werden. Aus seiner Tradition heraus immer als „kleinerer“ Klub in Hamburg angesehen, hat man es perfekt verstanden, dieses Image zu vermarkten und sich als Underdog und Stadtviertelklub zu positionieren. Ein Image, das einen großen Bekanntheitsgrad hervorgebracht hat und folglich auch als entsprechender Werbewert genutzt wird.
Diese Art einer Imagekreation ist, wenngleich in verkleinerten und anderen Formen, sicher auch für österreichische Traditionsvereine denkbar. Wesentlich aus meiner Sicht ist es dabei aber, in diesen Prozess auch die Fans miteinzubeziehen. Einerseits, weil sie ein wichtiger Teil der Zielgruppe der Klubs sind, vor allem aber, weil sie in bestimmten Situationen als Experten auf diesem Gebiet eingesetzt werden könnten. Fans haben eine genaue Vorstellung über ihren Verein. Sie wissen, welche Faktoren sie mit ihrem Klub verbinden und welches Bild dieser in der Öffentlichkeit hat. Das heißt, sie haben ein großes Repertoire an Wissen. Vereinsverantwortliche wären zum Teil gut beraten, dieses Wissen im Sinne des Klubs auch zu nutzen.
Ein einfaches Beispiel, wo dies der Fall sein könnte, findet man bei vielen Vereinen im Bereich der Fanartikel wieder. Oftmals wird die Verantwortung für das Design inklusive der Produktion externen Unternehmen übertragen. Viele von diesen haben dabei nur wenig Bezug zum jeweiligen Klub. Was folgt sind nicht selten Fanartikel, welche völlig an den Bedürfnissen der Anhängerschaft vorbeigehen. Und dies stellt nur ein Bespiel von vielen dar. Ebenso könnten hier die Gestaltung von Heimspieltagen oder die Nutzung von Informationskanälen aufgezählt werden. In vielen dieser Bereiche wäre es für Vereinsverantwortliche weit effektiver und effizienter, wenn man seine Anhängerschaft mehr in die jeweiligen Prozesse einbinden würde.
Denn was insgesamt dadurch entstehen kann, ist nicht nur ein wirtschaftlicher Mehrgewinn, sondern auch eine Form von erhöhtem Commitment. Anhänger fühlen sich stärker in das alltägliche Vereinsgeschehen miteinbezogen und dies führt zu einer gesteigerten Form der Identifikation und Bindung. Dies sollte auch im Sinne der Vereine sein. Gerade wenn man sich die zum Teil unterdurchschnittlichen Zuschauerzahlen im österreichischen Profifußball ansieht. Eine treue Anhängerschaft alleine wird dieses Problem zwar nicht lösen können, sie stellt jedoch ein wesentliches Fundament für die Vereine dar, auf welchem sich auf verschiedenste Weise aufbauen lässt.
Florian Ziegler, www.abseits.at
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