Sponsoring in Österreich | Philip Newald: „Es muss keine Jubelstimmung herrschen, aber die Ausreißer nach unten müssen weg!“ (2/2)
Fußball & Business 7.April.2012 Georg Sander 0
Sponsoring nimmt im Sport einen hohen Stellenwert ein. Im Zuge der Artikelreihe „Sponsoring in Österreich“ kommen Personen zu Wort, die von der wirtschaftlichen Seite her eng mit dem Fußball verbunden sind. Den Anfang macht Philip Newald, Vorstand von tipp3.
Link: 1.Teil des Interviews mit Philip Newald
Im zweiten Teil des Interviews geht es um die unangenehmen Seiten: Die Auswirkungen von Blamagen für den Fußball, teilweise mangelnde Zusammenarbeit zwischen Liga und Klubs und die Gefahren des „Match Fixing“ und was tipp3 gegen Spielverschiebungen unternimmt.
Abseits.at: Wir haben über viel Positives geredet. Was sind die negativen Auswirkungen bei tipp3, wenn überall geraunzt wird, dass das Spiel nicht schön ist?
Philip Newald: Es fehlt mir zurzeit aber eine klare Fokussierung auf das Kernprodukt, vor allem in den Zeiten kleinerer Budgets. Wann wird wo auf welchem Untergrund gespielt? Wie viel zahlt man Eintritt? Wo wird das Spiel wann im TV übertragen? Momentan kommt hier einiges negatives zusammen.
In der Zusammenarbeit zwischen Bundesliga und Vereinen?
Ja, denn es fehlt mir noch dazu ein Commitment, das in drei Nächten, in denen man sich auch mal „die Gosch’n einhaut“ und dann weiter arbeitet, ausdiskutiert wird. Entweder will man eine starke Liga oder starke Vereine. Aus mehreren historischen Gründen gibt es da überhaupt keine Einheit. Meine Aussage zu dem Thema: Eine starke Liga zum Wohle der Vereine. Der Konkurrent der Liga ist ja nicht der andere Verein oder der ÖFB, sondern die Aktivitäten der Kunden in der Freizeit und das Budget der Jugend, welches für andere Bereiche verbraucht wird – zumindest des sportaffinen Teils. Die Zeit, die im Internet oder beim Shoppen verbracht wird, verbringen sie nicht aktiv oder passiv mit Fußball. Man muss dieses Commitment schaffen. Die deutsche Bundesliga hat das in den letzten zwölf bis fünfzehn Jahren geschafft, sich professionell vom Verband abgegrenzt und in den wesentlichen Punkten arbeitet man zusammen. In den wesentlichen Punkten ziehen alle an einem Strang. Natürlich hat dort Bayern auch einen Sonderstatus, aber in den wichtigen Bereichen sitzen alle im selben Boot. In Österreich ist alles gut organisiert, der Ablauf ist absolut in Ordnung, die Zusammenarbeit geht gut. Aber um sich wirklich weiter zu entwickeln, und da ist jetzt eine gute Zeit dafür, gehört diese Einheit geschaffen.
Das heißt die Weiterentwicklung wäre, das Grundprodukt attraktiver zu machen, etwa andere Ankickzeiten?
Die grundlegenden Parameter müssen stimmen. Das ist sicherlich kein leichter Weg, aber auch der Papst wird nicht in einer Nacht gewählt. Wenn entscheidungsbefugte Menschen vorbereitet in eine Klausur gehen und das Ligenformat, die Anstoßzeiten, die Preiskultur, die Zentralvermarktung, wirklich gut besprechen, ohne medialem Druck, dann gibt es einen Kompromiss, mit dem alle leben können. Derzeit ist es so, dass alle nach solchen Meetings nachhause gehen und dort gevierteilt werden. Es kommt zu keiner Entscheidung. Wenn alle vorbereitet kommen, dann gilt nach drei Tagen eine Entscheidung. Das muss man durchziehen. Das ist nicht leicht, aber wenn alle weiter professionell arbeiten, kommt die für Österreich beste Variante dabei heraus. Ich bin diesbezüglich ein großer Fan von Marcel Koller, der da sehr gut arbeitet. In der Liga gibt es auch viel Positives.
Sie verwehren sich gegen grundsätzliches Bashing?
Ja, zum Beispiel wird unser Vertrag professionellst seitens der Liga abgewickelt. Was nicht stattfindet, ist die große Entwicklung. Das, was wir eingekauft haben, bekommen wir und wir sind als Partner happy. Die ganz großen Weiterentwicklungsthemen bleiben dann aber irgendwo immer stecken, weil ein Verein oder Funktionär was dagegen haben. Die Pflicht wird aber professionell abgewickelt.
Steht man in dem Zusammenhang vielleicht mit der Zehnerliga an? Ein bisschen Gruppenphase und dann tschüss? Vielleicht sogar ein Jahr wie APOEL, aber das hatte Österreich in den 90ern auch…
Alles, was zu einer Verbesserung des status quo beiträgt, ist gut. Bezüglich Ligenformat fehlt aber der absolute Durchblick, das müsste man mal mit Experten diskutieren, was wirklich pro und contra Zehnerliga spricht. Man muss abwägen und die richtige Entscheidung treffen. Ich kann kein Ligenformat aus dem Ärmel schütteln, das für den österreichischen Fußball in der heutigen Situation das Beste ist. Was wichtig wäre ist, die negativen Ausreißer nach unten wegzubekommen. Hohe Niederlagen, peinliche Auftritte, sechs, sieben, acht Tore kriegen. Nach unten muss man zumachen. So lange wir uns in Richtung von Ländern orientieren, wo wir hingehören, ist es gut.
Beispielsweise Holland?
Man muss sich nach der Decke strecken. Wenn man die Fünfjahreswertung her nimmt, sind wir nicht negativ unterwegs. Es braucht keine Jubelstimmung zu herrschen, aber Schulnote 2-, 3+ wäre passend. Ich habe da so das Gefühl, man redet immer von „Sitzenbleiben“. Dieses Geheule ist mir eine Spur zu viel des Ganzen. Die Negativausreißer müssen weg. Keine Konkurse in der Liga, keine 0:9-Klatschen! Das was andere Länder weniger haben, sind eben diese Aussetzer.
Salzburg gegen Metalist – war das eine dieser Blamagen?
Nein, in dem Fall hat man einfach eine beeindruckende Mannschaft gesehen. Ich habe lange nicht mehr ein Team mit so einem Biss nach vorne gesehen.
Letztes Thema: Match Fixing.
Das ist die größte Bedrohung, die es derzeit gibt. Weil wenn der Kick jetzt schon mal nicht so gut ist und ich dann auch noch das Gefühl habe, dass das, was ich sehe nicht mit rechten Dingen zugeht, dann verliere ich mit einer Affengeschwindigkeit das Interesse. Noch dazu die Werbepartner und die Medien. Die haben die Möglichkeit, in der Sekunde auszusteigen. Der Chef eines Finanzdienstleisters muss dann quasi aus dem Sponsoring aussteigen, der hält dem internen Druck nicht stand. Und deshalb besteht die Gefahr einer Negativspirale wie bei Doping und Radfahren in Deutschland. Da geht es schnell nach unten.
Schildern Sie die Problemfelder. Ist das ein österreichisches Problem? Wie wichtig ist das bei tipp3?
Wir nehmen das sehr ernst und es steht in unserer Agenda ganz oben. Wir haben uns auch überlegt, wie man da vorgehen kann. Wir haben nichts neu erfunden, sondern stellen unser Knowhow dem Ganzen entgegen. Und man kennt den Gegner nicht, man kann ihn nicht angreifen, aber es nimmt zu. Es gibt dazu keinen Tatort und keinen Täter, noch nicht mal eine Rechtslage. Es gab das früher auch schon, dass ein Spiel anders ausgegangen ist, aber da ging es um eine Kiste Bier. Durch die hohe Liquidität in den Märkten können hohe Summen gesetzt werden. Es gibt in Asien Wettanbieter, die keine Limits haben. Dort werden mehrere hunderttausend Euro auf die Erste Liga gesetzt und einfach so angenommen. Da besteht schon die Möglichkeit, wenn Gehälter nicht bezahlt werden oder Spieler Schulden haben, dass da wer darauf eingeht. Durch die vielen Vereinswechsel seit Bosman gibt es ja auch kaum noch Vereinstreue. Aber im Fußball ist es auch nicht so leicht, wie zum Beispiel im Tennis. Der verliert am Montag in drei Sätzen, nachdem er den ersten gewonnen hat (Handicap-Win, Anm. d. Red.), tritt am Mittwoch wieder an und ob er der 43. oder 62. in der Weltrangliste ist, ist ihm genau wurscht. Im Fußball ist es schwierig. Wenn es zwei- oder dreimal ist, fällt das auf.
Was kann man als Wettanbieter selbst dagegen machen?
Was wir können: Monitoring, Prävention, Mitwirken bei der Sanktionierung. Da wird es kurzfristig gute akkordierte Aktionen geben. Wir wollen für das Thema sensibilisieren und wir wollen mithelfen, ein Kontrollklima aufbauen. Österreich ist sehr klein und jeder kennt jeden. Da hilft uns das schon. Auf EU-Ebene dauert das fünf Jahre, in Deutschland oder Frankreich fünf, bei uns vielleicht eines. Hier sind sich alle klar, dass alle mitmachen. Das Puzzle muss nur noch richtig zusammengesetzt werden. Wir können das System nicht ändern, aber die bösen Jungs aus Österreich fernhalten. Noch sind die negativen Aktivitäten in einem kleinen Rahmen. Es darf aber keine Lappalie sein. Sonst wird die Grundlage, von der die Kicker leben, zerstört.
Zum Abschluss: Es ist eine ausgeglichene Saison. Freut man sich darüber?
Spannung bis zum Schluss, das ist toll! Meistertitel, Europa-Cup-Plätze, Abstiegskampf. „Wir verkaufen Spannung“ um fünf oder sieben Euro. Das ist unser Motto. Auch wenn nicht gerade am Leistungszenit agiert wird…
Georg Sander, abseits.at
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