Am Rande der Auslosung zur Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 äußerste sich der Präsident der FIFA zu den Überlegungen, wie die Schiedsrichter besser unterstützt werden... Torrichter oder Hawk-Eyes – Sepp Blatter, die WM 2014 und das technische Zeitalter

Am Rande der Auslosung zur Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 äußerste sich der Präsident der FIFA zu den Überlegungen, wie die Schiedsrichter besser unterstützt werden können. Das International Football Association Board, seines Zeichens höchstes Regelgremium im internationalen Fußball, wird im Jahr 2012 wichtige Entscheidungen treffen.

Bereits zum 126. Mal werden sich die vier Gründerväter des Fußballs, England, Wales, Schottland und Nordirland, und vier weitere FIFA-Mitglieder im März 2012 treffen, um über neue Entwicklungen zu entscheiden. Erstmals traf sich das Gremium der vier Ursprungsländer des Fußballs im Jahre 1886, um ein Regelwerk auszuarbeiten. Hieß es beim 125. Meeting dieses Jahr noch „Nein“ zur Torkamera, so werden sich die acht Stimmberechtigten überlegen, ob 2014 die neue Technologie zugelassen wird.

EIN ADLERAUGE FÜR DIE GRUNDLINIE

Ein Sprung ins Achtelfinale der WM 2010 in Südafrika. Es war die 38. Minute im Spiel zwischen Deutschland und England. Nach einer 2:0-Führung hatte Upson Augenblicke zuvor per Kopf den Anschlusstreffer erzielt. Frank Lampard zog von der Strafraumgrenze ab, der Ball donnerte gegen die Latte und schoss Richtung Boden. Dort kam er – im TV deutlich sichtbar – hinter der Torlinie auf. Der Schiedsrichter verweigerte dem Tor die Anerkennung, Deutschland deklassierte die Three Lions schlussendlich mit 4:1. Momente wie dieser ließen die Rufe nach einer geeigneten Technologie für die Klärung strittiger Situationen immer lauter werden. Ein Experiment bei der U17-WM 2005 in Peru mit einem Chip im Ball scheiterte jedoch. Nun soll für die WM 2014 die Möglichkeit einer Technologie ähnlich des im Tennis, Snooker oder Cricket verwendetem Hawk-Eyes geprüft werden. Mindestens vier Hochgeschwindigkeitskameras überwachen das Spielfeld und visualisieren bei umstrittenen Szenen die genaue Position des Spielgeräts. Laut Blatter könnte ein ähnliches Verfahren 2014 bei der WM zum Einsatz kommen. Ganz wie beim Vorbild Tennis würde es dann den Kontinental- und Nationalverbänden frei stehen, die Technologie zu nutzen. Bis jetzt beharrte die FIFA auf denselben Regeln von der WM bis in die unterste Klasse. Dieses Dogma könnte fallen.

EVALUATION DER TORRICHTER, PROFESSIONALISIERUNG DER SCHIEDSRICHTER

Ob die Torrichter mit der Einführung einer Torkamera obsolet werden, wird sich nach der EM-Endrunde 2012 in Polen und der Ukraine weisen. Deren Einsatz müsse geprüft werden, so Blatter. Die von Peter Pacult als „Pinguine“ bezeichneten Schiedsrichterassistenten waren der Kompromiss, als sich das IFAB gegen eine Technologisierung des Fußballs aussprach und waren erstmals in der Europa-League-Saison 2009/10 im Einsatz. Neben nach wie vor schwierigen Entscheidungen über Tor oder nicht Tor sollten die Assistenten das Team des Hauptschiedsrichters unterstützen, wenn im Strafraum weitere Augenpaare benötigt werden. Dass aber auch fünf Augenpaare nie alle Szenen restlos aufklären können, liegt auf der Hand, da noch immer ebenso viele Gehirne entscheiden, ob beispielsweise ein Elfmeter zu geben ist oder nicht. Des Weiteren wolle man die Professionalisierung des Schiedsrichtertums voran treiben. Nach dem Vorbild England sollen bald alle Spielleiter den Spielern gleich unter professionellen Bedingungen arbeiten können. Vor allem kleinere Verbände haben aber noch Probleme, dies wirklich umzusetzen. Wie genau sich die FIFA Profischiedsrichter in allen Profiligen vorstellt, konnte der Präsident aber nicht genau sagen.

Sepp Blatter arbeitet an seinem Vermächtnis für die Nachwelt. Korruption und Bestechung haben dem Bild des Sonnenkönigs viel Schaden zugefügt, mit der Überleitung des Fußballs in das technologische Zeitalter möchte er bis 2015 sein Image wieder aufpolieren. Sollte die FIFA seriöse Vorschläge zur Objektivierung des Spielbetriebs bringen, könnte dies sogar gelingen.

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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