Könige der Likes und Followers: Social-Media-Analyse der Top-5-Ligen (09/2016)
Fußball & Business 19.September.2016 Christoph Trompeter 0
Aktivitäten im Bereich Social Media sind heutzutage für Profiklubs unerlässlich, kann man doch sowohl bereits vorhandenen Fans neue Einblicke gewähren als auch durch spannende Themensetzung neue Fans gewinnen. Gerade bei Internationalisierungsstrategien spielen Twitter und Facebook eine wichtige Rolle. Infolgedessen lassen sich mit dieser Form des Marketings hohe Summen generieren.
Vielen Fans reicht es nicht aus, sich nur am Spieltag mit seinem Klub auseinanderzusetzen. Sie wollen auch jenseits dessen in Verbindung bleiben. Social Media ist dafür bestens geeignet. Die Klubs profitieren von neuen Likes, Freunden und Followern, denn Fans werden eventuell später auch Mitglied, bestellen Fanartikel oder besuchen das Stadion.
Es wird sich in dieser Analyse auf Facebook und Twitter beschränkt, da dies die einzigen Plattformen sind, auf denen mindestens jeder der insgesamt 98 Klubs eine offizielle Präsenz hat und es zudem die wichtigsten Plattformen sind. Ferner liegt der Fokus nur auf den Accounts in der jeweiligen Heimatsprache. Englische Klubs haben hier natürlich einen Vorteil, weil praktisch jeder Englisch versteht. Dahinter folgt die spanische (420 Mio. Sprecher), französische (370 Mio.), deutsche (185 Mio.) und italienische Sprache (70 Mio.).
Falls es Accounts in mehreren Sprachen gab, wurde immer der mit den meisten Followern betrachtet, was bis auf den AC Milan immer einer in der jeweiligen Landessprache war. Die Reihenfolge in den Diagrammen wurde nach der Likes festgelegt. Manchmal gibt es Abweichungen, da einige Klubs mehr Follower als Likes haben, aber durch diese Darstellungsweise werden genau diese Unterschiede sichtbar. Die Top 20 werden für beiden Plattformen getrennt ausgewiesen, weil einige Klubs nur bei einer Plattform in den Top 20 sind. Alle Daten sind vom 14. September 2016.
Mit weitem Abstand an der Spitze findet sich auf der Insel wenig überraschend Manchester United. Etwas überraschend ist vielleicht die zweite Position von Chelsea bei Facebook, andererseits fing das Investment von Roman Abramowitsch bereits vor dem Social-Media-Zeitalter an, sodass Chelsea eine Entwicklung wie ein in schon früheren Jahren erfolgreicher Großklub nehmen konnte. Das Gegenbeispiel dazu ist Manchester City, welches sich sowohl bei Facebook als auch bei Twitter erst an fünfter Stelle finden lässt. Dort begannen die Investitionen erst 2007 bzw. 2008. Leicester City konnte vom überraschendem Meistertitel bereits sichtlich profitieren, liegen sie doch bei der Anzahl an Likes an siebenter und bei Twitter an neunter Stelle. Auf den hinteren Rängen folgen erwartungsgemäß die kleineren Klubs.
Der FC Barcelona und Real Madrid liefern sich nicht nur sportlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, sondern auch in den sozialen Medien. Während Barcelona bei Facebook führt, liegt Real Madrid bei Twitter an der Spitze. Atlético Madrid, Valencia und Sevilla schließen sich an. Dass nun zumindest bei Facebook Real Sociedad und Málaga vor Bilbao liegen, war so nicht zu erwarten. Weiterhin verwundert der hintere Rang von Villarreal angesichts des sportlichen Erfolgs in den letzten Jahren etwas, aber die nur 50.000-Einwohner-Stadt ist nahe Valencia gelegen und große Erfolge finden sich nicht im letzten Jahrhundert, sodass die Platzierung dann schließlich doch erklärbar ist.
Trotz des seit einigen Jahren miserablen sportlichen Abschneidens liegt Milan in beiden Kategorien vor dem Serienmeister der letzten Jahre. Kein Wunder, dass Milan und die Serie A treibende Kräfte der Champions-League-Reform waren, denn eine Teilnahme Milan wäre aus Vermarktungssicht ein großes Plus. Wie es zu erwarten war, folgen Roma, Inter, Napoli, Fiorentina und Lazio. Nach allgemeinem Einschätzen hätten jetzt beide Klubs aus Genua, zumindest aber Genoa CFC kommen müssen, weil bekanntlich dieser Klub der letzte der Premium Clubs, also der großen Acht, ist. Bemerkenswerterweise findet man Sampdoria jedoch erst auf Platz 13 und Genoa CFC gar erst auf Platz 14, wenn man die Anzahl der Likes betrachtet. Bei Twitter liegen beide immerhin einige Plätze weiter vorne.
Die ersten fünf Plätze spiegeln wenig verblüffend das wirtschaftliche Ranking wieder. Beachtlich, dass die als Plastikklubs verschrienen Leverkusen und Wolfsburg noch vor Traditionsklubs wie Hamburg, Köln, Frankfurt und Hertha platziert sind. Vergleicht man die Zuschauerzahlen im Stadion und im Fernsehen mit der Beliebtheit in den sozialen Medien, lässt sich somit eine große Diskrepanz feststellen. Werder Bremen findet sich trotz des sportlichen Niedergangs der letzten Jahre auf dem sechsten Platz bezüglich der Anzahl an Likes. Außerdem sticht die wirklich schlechte Position der Hertha hervor, liegt man doch bei Facebook noch hinter einem kleinen Klub ohne große Vergangenheit, namentlich Mainz 05, zurück. Die letzten Ränge decken sich in etwa mit den Aspekten Zuschauerzahlen im Stadion und Fernsehen. Frappierend ist der Abstand der ersten beiden Ränge zu dem Rest.
Obgleich der Einstieg der Qatar Investment Authority (QSI) erst 2011 geschah und damit das Zeitalter der sozialen Medien bereits angebrochen war, konnte sich der vormals biedere Hauptstadtklub zumindest bei Facebook einen großen Vorsprung herausarbeiten. Der immer noch beliebteste Klub des Landes, Olympique Marseille, folgt auf Platz zwei. Zwar spielt Monaco oft vor nahezu einer Geisterkulisse, aber in beiden Rankings belegt man den dritten Platz und liegt damit vor den Serienmeister der Jahre 2002 bis 2008, Olympique Lyon, der zugleich derzeit den zweithöchsten Etat der Liga hat. Jene Jahre waren die Jahre unmittelbar bevor oder zu Beginn, als soziale Medien populär wurden, sodass sich die Anzahl an Likes und Followern nicht widerspiegelt. Dahinter reihen sich Lille und Bordeaux ein, was aufgrund der sportlichen Vergangenheit zu erwarten war. Der mit zehn Titeln aktuelle Rekordmeister AS Saint-Étienne platziert sich nur an siebenter Stelle bei Facebook. Dabei muss man aber bedenken, dass der letzte Titel schon aus dem Jahr 1981 stammt. Montpellier, der Überraschungsmeister aus dem Jahr 2012, konnte vom einmaligen sportlichen Erfolg nicht sonderlich profitieren und befindet sich nur auf Rang 13.
Conclusio
In jeder Liga sind die großen Unterschiede zwischen Facebook und Twitter bezogen auf die Großklubs und dem Rest der Liga auffällig. Während es Ersteren bei Facebook gelingt, einen enormen Vorsprung herauszuarbeiten, sind die Abstände bei Twitter nicht so riesig. Darüber hinaus ist ein weiterer Aspekt die perfekte Vermarktung der Premier League. Selbst die am Ende platzierten Klubs aus der Premier League haben verglichen mit denen aus den anderen Ligen noch relativ viele Follower und Likes. Dort machen sich der Sprachvorteil und der immense Marketingaufwand der Liga besonders deutlich.
Sehr überraschend dominiert die Premier League nur bei Facebook, wenngleich sich die führende Position der Primera División in Bezug auf Twitter hauptsächlich wegen der enormen Anzahl an Followern von Real Madrid und dem FC Barcelona ergibt. Regelrecht erschreckend sind auf den ersten Blick die Abstände der beiden genannten Ligen bei der Anzahl an Likes und weniger stark bei der Anzahl an Followern verglichen mit den drei Restlichen. Man kann also sagen, dass Premier League und Primera Divisón in einer eigenen Liga in Bezug auf Social Media spielen. Die Bundesliga liegt hinsichtlich der Likes sogar noch vor der Ligue 1, obwohl Erstere bekanntlich als einzige Liga nur aus 18 Teams besteht und damit der Vergleich mit den anderen Ligen etwas relativiert werden muss. Ansonsten drückt sich in dieser Reihenfolge auch die generelle weltweite Beliebtheit der aus, wenn auch die Bundesliga manchmal in einigen Rankings vor der Serie A geführt wird. Bei allem ist wie aber bereits zu Beginn angesprochen der Sprachfaktor ein wichtiger Aspekt, der ebenfalls einiges zu den Zahlen beiträgt.
Das Plus und Minus stellt den Rang im Vergleich zum Rang bei der anderen Plattform dar.
Hatte man auch so den Eindruck, dass Real Madrid, FC Barcelona und Manchester United die drei größten Klubs sind, zeigt sich dies zugleich bei Facebook und Twitter. Die beiden spanischen Topklubs liegen jedoch nochmal ein ganzes Stück vor dem englischen Rekordmeister. Außerdem kann sich Manchester United auch nur bei der Anzahl an Likes von den Verfolgern deutlich absetzen. Dahinter gibt es nun Unterschiede: Bei Twitter schließen sich mit Arsenal, Chelsea und Liverpool weitere englische Klubs an, wohingegen bei Facebook Bayern München im Vergleich zu Twitter sechs Plätze besser dasteht und somit Arsenal und Liverpool hinter sich lässt. Auffällig ist weiterhin, dass Leicester City es aufgrund eines erfolgreichen Jahres bereits gelang, in die Top 20 bei Facebook einzudringen und damit Klubs wie Schalke, Sevilla, Valencia und Lyon überholt hat, die in den letzten Jahren entweder fast regelmäßig in der Champions League waren und/oder (inter-)nationale Titel geholt haben. Gerade bei Sevilla hätte man aufgrund des dreifachen Gewinns der Europa League eine bessere Position erwarten können, aber scheinbar hat selbst eine einmalige Meisterschaft in der Premier League mehr Bedeutung. Daran dürfte die UEFA nicht ganz unschuldig sein, weil viele beklagen, dass zu viel Geld in die Champions League fließt, die Europa League zu wenig bekommt und gleichzeitig schlecht vermarket wird. Zudem fällt auf, dass die Primera Divisón nur mit drei Klubs in den Top 20 ist und neben den bereits angesprochenen Sevilla und Valencia Teams wie Bilbao und Villarreal, die aufgrund ihres weiten Vordringens in der Europa League in den letzten Jahren einen nicht kleinen Anteil an der Führung der spanischen Liga in der Fünfjahreswertung haben, gar nicht in den Top 20 auftauchen, aber dafür selbst Klubs wie West Ham und Everton, die im letzten Jahrzehnt international keine Rolle gespielt haben. Zusätzlich wird anhand der Wertung deutlich, wie wichtig die Serie A trotz des geringer gewordenen sportlichen Niveaus für die Vermarktung ist. So finden sich fünf (Facebook) und vier (Twitter) Klubs in den Top 20, sodass die kürzlich durch die CL-Reform garantierten vier Fixstarter nicht ohne Grund beschlossenen wurden. Betrachtet man das aktuelle bzw. in den letzten Jahren sportliche Abschneiden mit dem Ranking, ergibt sich für Marseille und Milan die größte Diskrepanz.
Christoph Trompeter, abseits.at
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