Die Endrunde 2008 fand bekanntlich in den Alpenländern statt, bekamen doch die Schweiz und Österreich den Zuschlag von der UEFA. Da wie dort wurden... Was blieb von der Heimeuro 2008? Acht Stadien in zwei Ländern

Die Endrunde 2008 fand bekanntlich in den Alpenländern statt, bekamen doch die Schweiz und Österreich den Zuschlag von der UEFA. Da wie dort wurden jeweils vier Stadien als Ausrichter gewählt. Im zweiten Teil der Reihe „Was wurde aus den Stadien“ schauen wir auf die damals bespielten Sportstätten und wie sie heute dastehen. Mancherorts profitierte man von der Endrunde, aber nicht überall konnte man den Boost nutzen.

Wien (Ernst-Happel-Stadion, renoviert, 7 Spiele, 51.428 Plätze)

Im größten und zugleich ältesten Stadion stieg das Finale, in dem sich Spanien zum Europameister krönte. Für die Europameisterschaft putzte sich die 1931 eröffnete Spielstätte nochmal heraus, so wurde unter anderem die Laufbahn vorübergehend hinter einer mobilen Tribüne versteckt. Danach war aber wieder vieles bis alles beim Alten. Zuletzt nutzten es Rapid und die Austria als Ausweichquartiere. Die „Prater-Schüssel“ steht als Stimmungskiller in der Kritik. Ein Neubau eines Nationalstadions wird immer mal wieder – wahlkampftaktisch und sportpolitisch – in den Raum geworfen, konkret wurde es aber dann doch nie. Die Laufbahn ist für internationale Leichtathletik-Events nicht mehr tauglich. So dient das größte Stadion Österreichs als Ausrichter für kleinere Sport- bzw. Laufveranstaltungen. Richtig voll samt ausgelassener Stimmung wird es, wenn sich die Schwergewichte der Live-Musikszene im Prater ein Stelldichein geben.

aktuelle Nutzung: Nationalteam

Innsbruck (Tivoli-Neu, Neubau, 3 Spiele, 30.772 Plätze)

Der Tivoli-Neu wurde 2000 eröffnet und für die Europameisterschaft auf drei Seiten – vorübergehend – um einen zweiten Rang ergänzt. Nach dem Rückbau war der Publikumsandrang ob der meist sportlichen Tristesse im „Heiligen Land“ endend wollend. Die meiste Zeit war der Tivoli ein Zweitliga-Stadion, aber auch nach der Rückkehr des FC Tirol ins Oberhaus 2010 bzw. 2018 hielten sich die Zuschauerzahlen in Grenzen. Jetzt übersiedelt Aufsteiger Wattens in die Arena mit dem prächtigen Bergpanorama und möchte dort vieles besser machen. Das Stadion wird man sich auch weiterhin mit den erfolgreichen Footballern der „Raiders Tirol“ teilen. 2011 fand dort die American Football WM statt und auch die Eurobowl wurde schon viermal am Tivoli ausgespielt.

aktuelle Nutzung: FC Tirol, 1. Liga, Zuschauerschnitt 2018/19: 4.704

Klagenfurt (Wörthersee Stadion, Neubau, 3 Spiele, 30.461 Plätze)

Im neugebauten  Wörthersee Stadion wurden nur drei Gruppenspiele ausgetragen. Danach gab es Länderspiele und Cupendspiele. Bundesligafußball war dagegen eher die Ausnahme, der 2007 aus Pasching übernommene und 2010 aufgelöste SK Austria Kärnten trug dort seine Heimspiele aus. Als Fußballtempel kam das schmucke Stadion leider nie wirklich an und wird dies auch in näherer Zukunft eher nicht tun. Mit dem WAC qualifizierte sich zuletzt erstmals ein Kärntner Klub für die Europa League Gruppenphase. Doch der Europacup wird um den Wörthersee einen Bogen machen, gespielt wird nämlich in Graz. Das Stadion ist für den Herbst schon anderweitig verplant. Nach Konzerten von Eros Ramazotti und Andrea Berg werden ab September im Rahmen eines Kunstprojekts 200 Laubbäume im Stadion gepflanzt.

aktuelle Nutzung: Austria Klagenfurt, 2. Liga, Zuschauerschnitt: 1.200

Salzburg (Red Bull Arena, Neubau, 3 Spiele, 31.063 Plätze)

In Wals-Siezenheim wurde bis 2003 das Stadion gebaut, der zweite Rang dann zur Euro eröffnet. Damit war es das größte Stadion, in dem kein K.O.-Duell ausgetragen wurden. Jetzt feiert Red Bull Salzburg dort regelmäßig die nationalen Meisterschaften, bei den Europa-League-Auftritten herrschte zuletzt großer Andrang. Und schon im September wird erstmals die lang herbeigesehnte Champions League Hymne durch die Stadionboxen ertönen. Stadionführungen können ebenso gebucht werden, wie Events im VIP-Klub.

aktuelle Nutzung: RB Salzburg, 1. Liga, Zuschauerschnitt: 9.687

Basel (St. Jakob-Park, Neubau, 6 Spiele, 39.730 Plätze)

Die bis 2001 errichtete Arena wurde vor der Euro ausgebaut und ist damit das größte Stadion der Schweiz. Für das Turnier wurden die Sitze enger zusammengepfercht und deshalb die Kapazität zusätzlich erhöht. Der St. Jakob-Park fällt außerdem in die internationale Stadion-Kategorie vier und entspricht damit der höchsten UEFA-Klassifikation. Konzerte gibt es seit den Adaptierungen kaum noch. Gern gesehener Gast ist das Schweizer Nationalteam. Im Gegensatz zu Österreich hat die „Nati“ aber kein echtes Stammstadion, wechselt bei den Heimmatches zwischen den größeren Arenen.

aktuelle Nutzung: FC Basel, 1. Liga, Zuschauerschnitt: 24.259

Bern (Stade de Suisse, Neubau, 3 Spiele, 30.777 Plätze)

Das alte „Wankdorfstadion“ wurde geschliffen und um 350 Millionen Schweizer Franken eine reine Fußballarena hochgezogen. Das zweitgrößte Stadion der Schweiz beherbergt auch ein Einkaufszentrum, Wohnungen, eine Schule und ein Solarkraftwerk. Dazu ist es mit den zuletzt höchsterfolgreichen Young Boys auch bei den Liga-Heimspielen gut besucht. Witzig bis kurios war, dass bei den ersten Fußballspielen der Strafstoßpunkt bei zehn statt elf Metern markiert war, was aber rechtzeitig vorm Endrundenbeginn bemerkt und noch korrigiert wurde. Musikalisch steigen jährlich eine Handvoll erlesene Konzerte. So spielten dort schon die Foo Fighters, AC/DC oder die Red Hot Chili Peppers auf.

aktuelle Nutzung: BSC Young Boys, 1. Liga, Zuschauerschnitt: 25.751

Genf (Stade de Genève, Neubau, 3 Spiele, 29.106 Plätze)

In Lancy steht die kleinste Spielstätte der Euro 2008. Außerdem war es der einzige französischsprachige Austragungsort. Hausherr Servette ist mittlerweile nur mehr zweitklassig, dementsprechend überschaubar ist auch das Zuschauerinteresse. Ausverkauft wird die Arena Ende Juli sein, wenn der FC Liverpool und Olympique Lyon dort testen. Dazu finden laufend Konzerte statt, Highlight war wohl der Auftritt des „Boss“ im Genfer Stadion – Bruce Springsteen haute dort 2013 in die Saiten.

aktuelle Nutzung: Servette FC, 2. Liga, Zuschauerschnitt: 4.327

Zürich (Letzigrund, renoviert, 3 Spiele, 30.585 Plätze)

Eigentlich wäre Hardturm als Zürcher Spielort vorgesehen gewesen, was eine Bürgerinitiative erfolgreich zu verhindern wusste. So wurde der traditionelle, 1925 eröffnete Letzigrund abgerissen und bis 2007 neu gebaut. Neben den Partien des FC Zürich findet dort jährlich das große Leichtathletik-Meeting statt, was zur IAAF Golden League zählt und regelmäßig für Weltrekorde sorgt. Das Stadion wird auch für Konzerte genutzt und ist vor allem durch die Nähe zum Zentrum der größten Schweizer Stadt sehr beliebt.

aktuelle Nutzung: FC Zürich, 1. Liga, Zuschauerschnitt: 10.660

Fazit

Bei den „Eidgenossen“ wurden die Spielorte an die vier größten Städte des Landes vergeben und dort auch die Infrastruktur gezielt erweitert oder modernisiert. An drei Spielorten steigt jetzt noch Erstligafußball mit jeweils fünfstelligen Zuschauerzahlen. Auch die anderweitige Nutzung ist durchaus nachhaltig.

Österreich kann da nicht ganz mithalten. Bis auf Meister Salzburg mit den internationalen Auftritten, stehen die anderen beiden Neubauten fußballtechnisch jetzt eher am Abstellgleis. Zehn der elf besten Mannschaften in der abgelaufenen Meisterschaft spielen nicht in einem „Euro-08-Stadion“.

Der für die Endrunde nochmals schick herausgeputzte Senior „Happel-Stadion“ wurde gleich wieder rückgebaut und versprüht damit wieder das stimmungskillende Betonschüssel-Flair. Von der Verlängerung der U-Bahn profitiert zumindest auch der fußballdesinteressierte Fahrgast.

Generell könnte man vielleicht hinterfragen, ob und warum alle K.O.-Duelle ausnahmslos in Wien und Basel gespielt werden mussten. Auch wenn die großen Kapazitäten der beiden ein gewichtiges Argument darstellten, wurde für viel Geld in sechs Stadien investiert, die schlussendlich „nur“ drei Vorrundenspiele ausrichteten.

Zum Abschluss haben wir wieder die Reise durch die Stadien.

Weiter geht es schon morgen, wenn wir den Blick zurück auf die Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika richten.

Anmerkung: Bei der Kapazität gilt jene zur Zeit der Endrunde, wo ja nur Sitzplätze erlaubt sind – in der Liga sind es durch die Stehplätze in der Regel deutlich mehr. Bei der akutellen Nutzung blickten wir auf die abgelaufene Saison 2018/19.

Werner Sonnleitner

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