Wiederholung in Zeitlupe (33) – Agent Provocateur (KW 44)
Fußball & Business 7.November.2021 Marie Samstag
Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen uns kurz und bündig legendären Toren, Spielen, Fußballpersönlichkeiten, Ereignissen auf oder neben dem Platz und vielem mehr. Wir wollen Momente, Begebenheiten, Biografie im Stile von Zeitlupenwiederholungen aus dem TV nochmals Revue passieren lassen. Zum Anlass nehmen wir hierbei Vergangenes, das in der abgelaufenen Kalenderwoche stattgefunden hat: Heute beleuchten wir die Biografie eines umstrittenen Spielerberaters anlässlich seines Geburtstags am 4. November …
Mino. Moneten. Machenschaften.
„Nicht ich finde die Spieler, sondern die Spieler finden mich.“, dieser Satz sagt alles über das Selbstbewusstsein von Carmine „Mino“ Raiola aus. Zweifellos, der gebürtige Italiener ist (mit Jorge Mendes) der erfolgreichste Spielerberater der Welt, aber auch eine umstrittene Persönlichkeit. Er gilt nicht nur als kompromissloser und beinharter Verhandler, sondern zögert auch nicht seine Spieler zu Streiks zu überreden oder Transfergespräche abzubrechen, wenn ihm seine Provision nicht hoch genug ist. Für seine Aussage Sepp Blatter sei „ein debiler Diktator“ verklagte ihn die FIFA, der italienische Verband sperrte ihn sogar 2015 (vorerst) wegen unlauteren Verhaltens anlässlich des Transfers von Gianluca Scamacca vom AS Rom zu PSV Eindhoven.
Begonnen hat das Leben des heute 54-jährigen in ähnlich kargen Verhältnissen wie das vieler seiner Schützlinge: Raiolas Familie stammt aus Neapel und wanderte bald nach Minos Geburt nach Nordholland aus. Dort eröffneten sie eines der ersten italienischen Restaurants und arbeiteten erfolgreich in der Gastronomie. Mino musste bald mitanpacken: „Ich war der älteste Sohn, mein Niederländisch war besser als das meines Vaters, also wurde ich sein Berater, sein Einkäufer, sein Geschäftsführer. Verhandeln und organisieren, das war mein Ding. Alles, was ich kann, habe ich im Restaurant gelernt.“ Es heißt, Mino habe einst selbst bis zu seiner Volljährigkeit für den hiesigen HFC Haarlem gekickt, ehe er die Seiten wechselte und zunächst den Klubpräsidenten beriet. Raiola verdiente sich als junger Mann erste Sporen als Funktionärsfaktotum. Dabei nutzte er seine Kontakte nach Italien: So beteiligte er sich in den 90er-Jahren an Spielertransfers zwischen seiner neuen und alten Heimat. Beispielsweise zog er bei Bergkamps Wechsel von Ajax zu Inter im Hintergrund die Fäden.
Danach begann sein rasanter Aufstieg: Der stämmige Italiener, der sieben Sprachen spricht, ist der breiten Masse heute insbesondere als Berater von Zlatan Ibrahimovic bekannt. Dem heißblütigen Schweden teilte Raiola anlässlich ihres Kennenlernens 2001 knapp mit, seine Statistik sei „der letzte Dreck“ und er solle mehr aus seinen Möglichkeiten machen. Mittlerweile haben die beiden kolportierte 170 Millionen Euro Ablösesummen lukrieren können. Zu Mino Raiolas Klienten zählen aber auch Balotelli, Haaland, Pogba oder Donnarumma. Er selbst beschreibt seine Tätigkeit mit sanften Worten: Er sorge dafür, dass sich ein Spieler wohlfühle, löse dessen Probleme und handle wie ein guter Vater. „Ich wähle immer die bessere Variante für meinen Spieler.“, erklärte er in einem 11-Freunde-Interview. Die Klubverantwortlichen sehen ihn naturgemäß kritischer: So nannte ihn der damalige Man.-United-Coach Sir Alex Ferguson einen „Scheißkerl“, Didi Hamann bezeichnete sein Verhalten als „schäbig“, „respektlos“ und „inakzeptabel“. Raiola hat klare Vorstellungen, er weiß genau was er will und bekommt es meistens auch. So wie die Villa von Al Capone. Das Anwesen in Miami legte sich Mino für kolportierte 8 Millionen zu.
Marie Samstag, abseits.at
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