Kabarett und Sport passen nicht unbedingt zusammen. In Österreich beschränkt sich Satire meist auf den politischen status quo und klammert internationale Wettkampfergebnisse der Rot-Weiß-Roten... Anekdote zum Sonntag (28): Mein Lied – Dein Lied – Unser Lied

Herbert Prohaska  (Experte, ORF)Kabarett und Sport passen nicht unbedingt zusammen. In Österreich beschränkt sich Satire meist auf den politischen status quo und klammert internationale Wettkampfergebnisse der Rot-Weiß-Roten weitestgehend aus: Warum? Einerseits ist eh alles in Butter und es befinden sich sechs Österreicher unter den ersten fünf (Alpin-Ski), andererseits macht es so niedergeschlagen, dass die Akteure selbst schon den notwendigen Galgenhumor aufbringen („Hoch wern mas nimma gwinnen“). Nun gut, die aktuelle Hochphase des österreichischen Nationalteams lässt zumindest aus dieser Richtung keine Späße aufkommen. Heute, jetzt, in diesem Augenblick geht es dem rot-weiß-roten Fußball so gut wie nie und das ist kein Schmäh. Die Zeit lehrt uns aber, dass das Nationalteam seit seinem Bestehen immer wieder Krisen durchlebte. Eigentlich eh normal. Unnormal ist aber, dass sich die Volksseele des kleinen Alpenlandes (himmelhochjauchzend – zu Tode betrübt) in der Innen- und Außenwahrnehmung seiner fußballerischen Leistungen geradezu exemplarisch ausdrückt.

1957 setzte sich der Wiener Musikkabarettist Gerhard Bronner ans Klavier um das gerade aktuelle ÖFB-Drama in einem seiner berühmten Bronner-Chansons zu verarbeiten. Bronner karikierte darin mühelos den Stereotyp einiger Kicker. Böse. So wie er einen opportunistischen Geschäftsmann als „Arrivierziger“ oder jenen Sohn eines bekannten Politikers, der einen alten Mann totfuhr, in „Der Papa wird’s scho richten“, überzeichnete. Das dazugehörende Programm hieß „Brettl vor’m Klavier“ und Bronner trat mit seinem Kabarettpartner Peter Wehle in vollständigem Fußballeroutfit vor das Publikum um „Der Opitz und der Zwirschina“ zum Besten zu geben. Zwar waren die Beine beider Herren recht ansehnlich, den Oberkörpern sah man aber die Indoor-Gymnastik langer Bühnenabende und reichlich Alkohol- und Zigarettengenuss deutlich an. Die Aufnahme des Duetts verkaufte sich äußerst mäßig. Wie schon gesagt: Sportfreunde interessieren sich weniger für politisches Kabarett, Kabarettbesucher interessieren sich weniger für ÖFB-Länderspiele. Da jedoch auch die Berichterstattung in Österreich meist zynisch-satirisch ist, merkt man daran, dass das Lied häufig nach Niederlagen der Nationalmannschaft über den Äther gesendet wurde. So verbreitete sich das feine Bronner-Chanson über die Jahre in sämtlichen Haushalten. Jahrzehnte später, kam ein lustiger Fernsehredakteur schließlich auf die Idee den Schlager von zwei richtigen Fußballlegenden interpretieren zu lassen. Ob beiden bewusst war, dass sie eine brennheiße Satire von trainingsfaulen, goscherten Badkickern präsentieren sollten? Sei’s drum: Krankl und Prohaska traten als „Opitz und Zwirschina“ vor die Kameras:

Den Schöpfer des Liedes brachte die Darbietung in beklemmende Zustände: „Kennen Sie das Gefühl, wenn sich einem vor Peinlichkeit innerhalb der Schuhe die Zehen einringeln?“ Zwar sahen die beiden echten Fußballer –nanonaned- wie echte Fußballer aus, das war aber auch schon das einzig Positive, was Bronner an deren Auftritt feststellen konnte. Die Publicity, die Prohaska und Krankl nach ihrem Auftritt genossen, schmerzte den Komponisten danach ebenso. Seufzend bemerkte er, dass er sich als Knabe wohl doch eher um die Entwicklung seiner fußballerischen Talente hätte kümmern sollen. Und nicht etwa Stunden vor dem Klavier vergeuden hätte sollen.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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