„Resteverwerten“ – das macht man eigentlich nur mit Lebensmitteln. Doch was macht ein Sportreporter, wenn er in Altersteilzeit ist, aber noch ein paar unerzählte... Buchrezension | „Manni Bananenflanke, ich Kopf – TOR“

„Resteverwerten“ – das macht man eigentlich nur mit Lebensmitteln. Doch was macht ein Sportreporter, wenn er in Altersteilzeit ist, aber noch ein paar unerzählte Geschichten auf ‑ wie der Deutsche zu sagen pflegt – Halde hat. Manfred „Manni“ Breuckmann, der Autor des hier vorliegenden Buches, war Journalist und seit 1982 beim Westdeutschen Rundfunk angestellt. Daneben hat er die Kommentatorenstimme für einige FIFA-Spiele geliefert, war Stammgast im „Doppelpass“ und hat Bücher geschrieben. „50 legendäre Szenen des deutschen Fußballs. Fußballstars erzählen.“ erschien 2010. Jetzt – über zehn Jahre später – hat Manni es aufgemotzt und bietet es unter dem Namen „Manni Bananenflanke, ich Kopf – TOR“ als Erweiterung feil.

 Sammelband à la Panini

„Resteverwerten“ ist okay. Breuckmann, der seit 2008 in Altersteilzeit ist, erweitert einen Erzählband, der vermutlich bis in alle Ewigkeit adaptierbar bleiben wird. Schon im Vorwort bittet der Autor (bzw. eigentlich Sammler) der Fußball-Storys um Vergebung wegen der subjektiven Auswahl „diese[r] Mosaiksteine in der Geschichte des deutschen Fußballs“. Gemeinsam mit zwei Verlagsmitarbeiter habe er Highlights aus über hundert spektakulären Partien und Situationen ausgewählt. Mit knappen Worten beschreiben Protagonisten legendäre Tore, Spiele, Momente, die von Christophs Daums Haarprobe über den spuckenden Frank Rijkaard bis zum „Bayern-Triple“ reichen. Die Erzähler sind Marcel Reif, Mario Basler oder Jogi Löw. Manni selbst kommentiert jede Episode. Dieses Konzept klingt harmlos und ist es auch. Der/die Lesende erfreut sich während der ersten fünf Geschichten noch der launigen Unterhaltung, schnell wird man aber des Systems überdrüssig. Neue Erkenntnisse erschließen sich durch die naturgemäß oberflächliche Behandlung der Geschehnisse nicht. Damit bleibt es bei einem sanft gespülten Rekapitulieren denkwürdiger Fußballmomente, deren österreichischer Beitrag übrigens aus Edi Fingers „I wer‘ narrisch!“ und der „Schande von Gijón“ besteht.

Breuckmanns Flüstereien aus dem Off machen „Manni Bananenflanke“ attraktiver: Manni hält dem verzweifelten Rudi Assauer, der nach Bayerns umstrittenem 1:1 gegen Hamburg mit dem Fußballgott hadert, schulmeisterlich ein „Gott ist neutral“ entgegen oder gibt Wissenswertes aus der Fußballgeschichte wieder. Wussten Sie etwa, dass der deutsche Fußballschiedsrichter Karl Wald der Erfinder des Elfmeterschießens ist? Wald, der 2011 im Alter von 95 Jahren verstarb, behauptete: „Es hat mir schon immer gestunken, wenn ich am Ende zur Spielentscheidung Münzen in die Luft werfen musste. Wappen oder Zahl, das war doch unsportlich!“. Sein Vorschlag eroberte über die Oberliga schließlich die ganze Fußballwelt. Breuckmann nimmt Ewald Lienens grausame Verletzung – tiefer Schnitt des außenseitigen Oberschenkels – zum Anlass um das anschließende heftige Duell zwischen dem Spieler und dem gegnerischen Trainer Rehhagel als „symbolische Kampfstätte zwischen friedfertigen Rüstungsgegnern und menschenverachtender Atomwaffenlobby“ zu qualifizieren. Oder der Journalist führt Hermann Gerlands herausragende Fähigkeiten als Jugendförderer auf dessen Kindheit im Ruhrpott zurück.

Kommentator for life

Tatsächlich macht Breuckmanns „Senf“ das Buch lesenswert. Seine Einwürfe beweisen – „Einmal Kommentator, immer Kommentator“. Der Autor greift Details des beschriebenen Ereignisses auf und strickt ein kurzes „bonmotscherl“ um die Episode abzurunden. Angesichts dieser Tatsache wünscht man, Manni Breuckmann hätte seine Biografie anhand fußballhistorischer Momente geschrieben und nicht bloß Fußballer erzählen lassen. Schließlich ist die Beschreibung der Ereignisse aus seiner persönlichen Perspektive – gewürzt mit sportjournalistischem „Know-How“ – eine spannendere Geschichte als das sprachlich harmlose Wiederkauen von Tatsachen. Die Kicker äußern sich nämlich knapp und erzählen kaum etwas, das man via TV oder Radio nicht mitbekommen hat. Nachdem Breuckmann aber schon seine „draufgängerische“ Jugend verarbeitet sowie zwei Krimis verfasst hat, steht der Veröffentlichung eines solchen Lebensberichts wenig entgegen.

 „Manni Bananenflanke, ich Kopf – TOR“ von Manni Breuckmann ist 2021 bei westend erschienen und kostet in Österreich €16, 50.-

Marie Samstag