Buchrezension: One-Touch-Kombinationsfussball (Martin Hasenpflug)
Kunst & Literatur 14.August.2014 Rene Maric 0
Beim Buch „One-Touch-Kombinationsfussball“ von Martin Hasenpflug geht es um eine Erweiterung seines „Turbo-Lernfußballs“, in welchem insbesondere die Ballzirkulation in der Jugendausbildung systematisch verbessert werden soll.
Darum stellt die Ballzirkulation auch einen Großteil des Trainingsinhalts dar. Hasenpflug hat vermutlich aus diesen Beweggründen sogar eine kleine Periodisierung seiner Trainingsidee vorgenommen.
Seine „A-Trainingseinheiten“ bilden den Kern der wöchentlichen Trainingszyklen und entsprechen nach eigener Aussage den Methoden des Turbo-Lernfußballs; einem anderen Buch von ihm, welches wir schon rezensiert haben. Lediglich die formative Ausrichtung wurde von einem 4-2-3-1 zu einem 4-3-1-2/4-1-3-2 geändert, wobei im Training beide Formationen trainiert werden sollen, die Raute gilt für Hasenpflug aber als das für die Entwicklung passendste System.
Diese A-Trainingsübungen werden ergänzt durch die „B-Trainingseinheiten“, welche am letzten Trainingstag jeder Woche trainiert werden sollen. Bei den B-Trainingseinheiten ist das Ziel eine Verbesserung der Aktionen in spezifischen Spielsituationen.
Die A-Trainingseinheiten beginnen meistens mit Endlosformen; diese sollen die Technik und insbesondere das Passspiel verbessern, um den Akteuren ein technisches Rüstzeug für die späteren Übungen mitgeben. Im Verbund mit Passübungen wird auch die Schnelligkeit trainiert. Mit parkourähnlichen Ergänzungen der Passübungen soll dies im Verbund erreicht werden.
Dabei wird ein hoher Fokus auf die Antrittsschnelligkeit gelegt. Inwiefern diese Übungsform am Optimum ist, müsste jedoch näher betrachtet werden. Zwar ist Zeitdruck vorhanden, doch Gegnerdruck findet sich zu Beginn kaum. Persönlich würde ich mich für mehr Variation in den Übungsabläufen, mehr Gegnerdruck und einen ertragreicheren „Wettbewerb“ innerhalb der Übungen aussprechen; gleichwohl muss gesagt werden, dass dies bei einem solchen Übungsaufbau schwierig erreicht werden kann.
Relativierend muss außerdem gesagt werden, dass diese Übungen nur den Anfangsteil des Trainings einnehmen. Der zweite Teil der A-Trainingseinheiten besteht nämlich aus Ballzirkulation, wo dann zum losen Zeitdruck durch zeitliche Rahmenbegrenzungen auch ein klarer Zeitdruck in Form von Gegenspielern hinzukommt. Dieser Aspekt ist mit vielen unterschiedlichen Übungen sehr gut umgesetzt, es gibt zahlreiche Zonenspiele und alles in allem erinnert dieser Teil eher an eine implizite Berücksichtigung gewisser wissenschaftlicher Aspekte, wie zum Beispiel dem differenziellen Lernen (zumindest von der groben Struktur her).
Jedoch muss ich hier kurz anmerken, dass mir die mangelnde Referenz zu grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und auch die (explizite) Berücksichtigung dieser ohnehin fehlen und als größte Kritikpunkte einzuschätzen sind. In den nächsten Auflagen wie Trainingslehrbüchern sollte dies in meinen Augen unbedingt berücksichtigt werden; dies wäre auch wichtig, um dem Leser / dem Trainer die Möglichkeit zur Selbstrecherche unterschiedlicher Möglichkeiten wie wissenschaftlicher Erkenntnisse und zur generellen Reflexion zu geben.
Alles in allem ist der Ballzirkulationsteil des Trainings aber überaus gelungen. Nach diesem Teil geht es in den A-Trainingseinheiten um „Pressing und Spielaufbau“, die den Abschluss der Trainingseinheit bilden. Hier ist das Grundprinzip der Übungen, die Vermittlung grundlegender taktischer Aspekte an den Laien und eine Fokussierung auf grundlegende spezifische Aspekte zur Vereinfachung des Inhalts wie bei Hasenpflug üblich zu loben. Jedoch ist natürlich auch klar, dass nicht alle Übungen gleich gut gelungen sind oder in allen Rahmenbedingungen eine optimale Anwendung darstellen.
An sich ist das kein Problem; es werden immer über sämtliche Übungen unterschiedliche Meinungen bestehen. Es obliegt der Eigenverantwortung der Trainer in den passenden Momenten die angemessene Übung richtig anzuwenden. Ein Problem habe ich dennoch mit der „Pressing-Spielform III“, die quasi als Abschlussspiel dient. Hier sollen zwei Mannschaften gegeneinander spielen und jeweils mit einem 3-1-2-1-1 agieren, um die Rautenformation in der Mitte abzubilden. Ich hätte mir hier im Buch noch eine genauere Erklärung der Umsetzung der formativen Verschiebebewegungen oder eine andere Formation als solche gewünscht.
Dennoch gilt auch hier: Eigenverantwortung. Wer die spezielle Staffelung der 1-1-Spitze erkennt und seine Übung nicht umbaut oder die Mechanismen in den Laufwegen nicht gesondert beachtet, ist selbst schuld, auch wenn es hart klingen mag.
Ergänzend zu diesen A-Trainingseinheiten gibt es noch B-Trainingseinheiten, die einmal pro Woche als Trainingseinheit trainiert werden sollen. Der Trainer selbst soll entscheiden, welche Aspekte seine Mannschaft in welchem Ausmaß benötigt.
Unter die B-Trainingsformen fallen folgende Aspekte:
- Pass in die Tiefe (Raumgewinn durch Vertikalpässe)
- Torchancen erspielen (Räume erkennen & nutzen)
- Doppeln (Zentrum, Flügel & nach hinten)
- Spielverlagerung (Raumgewinn durch Seitenwechsel)
- 90-Grad-Ball (Torchancen über außen erspielen)
- Andribbeln (Gegnerische Reihe überspielen)
- Gegenpressing (Ballverluste attackieren)
- Chancenverwertung (Torschuss & Spiel über den Dritten)
- Flügelspiel (Kopfball, Flugball & Hinterlaufen)
- Situatives Angreifen (Außenverteidiger attackieren)
.
Diese zehn Grundkategorien sind natürlich willkürlich gewählt und könnten je nach eigenem Ermessen auch gestrichen (Insider: Wer braucht schon Flügelspiel?) oder erweitert werden („Torwartkette“). Einen grundlegenden Fehler sehe ich hier nicht; persönlich würde ich lediglich einwerfen, dass das Gegenpressing zwar gesondert trainiert werden kann, aber in meinen Augen sämtliche Spielformen – also auch die A-Trainingseinheiten – durchdringen soll und somit als isolierte Einheit wohl obsolet ist. Dennoch möchte ich hier einen Einblick zeigen und eine Trainingseinheit zum “Gegenpressing” von Martin Hasenpflug präsentieren, die ich diesem Link entnommen habe:
Nach den B-Trainingsformen führt Hasenpflug noch weitere Einzelkategorien aus, die in keine der beiden Gruppen fallen. Beim El Rondo (Ballzirkulation in Kleingruppen) geht es um das Spiel mit einem Akteur in der Mitte. Dies wird als Ergänzung zu allen Spielformen genutzt, um zu große Gruppen trennen zu können und mögliche Leerlaufphasen zu verhindern. Hasenpflug möchte damit wohl ebenso vermeiden, dass zu viele Spieler in einer Übung sind; dies würde die Involviertheit der Spieler, den Beschäftigungsgrad des Einzelnen und die praktischen Korrekturmöglichkeiten des Trainers senken.
Standardsituationen (Erfolgreich ausführen & verteidigen) und Turnierformen sind zwei weitere Ergänzungen. Letztere werden vom Autor direkt nach Spieltagen empfohlen. Durch sie soll aktive Regeneration geübt werden, hochbelasteten Spielern wird auch Fußballtennis oder ein Fußballrundlauf empfohlen.
Zum Abschluss kommen noch ein paar Stabilisationsübungen für die Physis, die von den Jugendspielern aber als Hausübung gemacht werden sollen, und eine 14-seitige Ausführung der positionellen Aufgaben aller Spieler, welche für einen Spielverlagerungsleser wohl nichts Neues, aber auch nichts Schlechtes sind – was man als Lob verbuchen darf.
Zusammengefasst erfüllt Hasenpflugs Buch einmal mehr sämtliche Anforderungen, wenn ein Trainer Ideen für einzelne Trainingsübungen möchte oder wenn er ohne wissenschaftlichen Kontext einfach, flexibel und praktisch im Jugendfußball trainieren möchte. Hierbei ist der generelle Fokus aufs Spielerische zu loben. Auch der grundlegende Aufbau der Schilderungen ist gut: Zur Übungsbeschreibung kommen noch „Wettbewerb“ (Ziele für die Mannschaften, um Konkurrenzkampf und Unterhaltung zu erzeugen), „Variation“ (mögliche Abarten derselben Übung) und „Tipps“.
Für Anfänger, grundlegende Taktiklaien mit Interesse an der Materie und Coaching von Jugendspielern in einem einfachen und spielerischen System sowie Fortgeschrittene auf der Suche nach einzelnen Eingebungen ist das Buch somit empfehlenswert. Einzige klare Kritikpunkte sind manche Übungen, die fehlende wissenschaftliche Erläuterung der Gedankengänge bei der Trainingserstellung und ein stärkerer Fokus auf die grundlegenden strategischen Prinzipien hinter den taktischen Bewegungen, wobei dies dann eventuell an der Einfachheit kratzen würde.
Wer sich für Artikel von Martin Hasenpflug zum Thema Training, Taktik und Coaching interessiert oder sich die Trainingsübungen ansehen möchte, dem lege ich die von ihm (mit-)geführte Seite abwehrkette.de ans Herz.
René Maric, www.abseits.at
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