Jamie Vardy ist kein gewöhnlicher Fußballspieler: Der mittlerweile 36-jährige kam erst vor elf Jahren über Umwege in den Profisport. In der Saison 2015/16 traf... Anekdote zum Sonntag (176) – Der Schnüffler

Jamie Vardy ist kein gewöhnlicher Fußballspieler: Der mittlerweile 36-jährige kam erst vor elf Jahren über Umwege in den Profisport. In der Saison 2015/16 traf er dann in elf aufeinanderfolgenden Premier-League-Spielen mindestens einmal, wobei er den Rekord von Van Nistelrooy überbot, und wurde am Ende der Spielzeit mit Leicester City überraschend Meister.

Plötzlich war Vardy ein Star, der das englische Nationalteam endlich wieder zu einem Titel ballern sollte. Mittlerweile ist es um ihn, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, aber ruhiger geworden: 2018 erklärte er seinen Rücktritt aus der Nationalelf, sein Verein Leicester ist soeben aus der Liga abgestiegen. Vardys Lebenslauf steht trotzdem noch immer exemplarisch dafür, dass es auch im Fußball Quereinsteiger gibt, die den Freuden des Lebens nicht abgeneigt waren und sind: So gab Jamie unumwunden zu, dass Zigaretten, Kautabak oder Energydrinks bei ihm an der Tagesordnung stünden. Auch Hochprozentigem ist er nicht abgeneigt: Schon in seiner Autobiografie schilderte der Offensivspieler eingangs, wie er sich während einer Tattoosession mit einem Sixpack Bier selbst narkotisierte. Er behauptet außerdem, das Geheimnis des Erfolgs der Foxes in der Meistersaison seien die zahlreichen Mannschaftsausflüge in die Sonne an den freien Tagen gewesen: Cocktails am Strand inklusive. Später verriet Jamie im englischen TV auch sein Rezept für mit Skittles parfümierten Wodka. Prost!

Alkohol ist für Sportler aber jedenfalls nicht leistungsfördernd. Vielen Trainern ist das Genussmittel ein Dorn im Auge und sie empfehlen daher selbst Erfolge nur mit 0,0-Bier zu begießen. Die heutige Anekdote spielt Mitte der 80er-Jahre, in jener Zeit als Mario Kempes überraschenderweise das Vienna-Trikot trug. Über die Fanverehrung, die dem ehemaligen Weltmeister sogar Eintrittskarten in die Oper bescherte, wurde in dieser Serie schon berichtet. Aber auch zu Steinkogler und Co. hatten die Anhänger der Vienna ein enges Verhältnis: Regelmäßig traf sich der harte Fankern mit den Kampfmannschaftskickern vor Trainingsbeginn in der Kantine der Hohen Warte, wo man bei Kaffee plaudern konnte. Heute wäre ein solches Verhalten – ob bei einem österreichischen Bundesligisten oder bei einem internationalen Klasseverein – undenkbar. Damals war den Anhängern aber noch viel persönlicher Kontakt zu ihren Lieblingsspielern vergönnt. Es war eine andere, gemütlichere Zeit.

Naturgemäß kümmerten sich die Vienna-Fans bei diesen Zusammentreffen insbesondere um ihren Starspieler Kempes: Jeder wollte mit dem Weltmeister von ’78 zusammensitzen und dabei seinen Geschichten, die von Edgar Moravec, dem österreichisch-argentinischen Goalie, übersetzt wurden, lauschen. Der damalige Trainer des ältesten Fußballvereins Österreichs war zu dieser Zeit Arnošt (Ernst) Hložek, ein gebürtiger Slowake, für den Hans Krankl die meisten seiner Spiele als Profi bestreiten sollte. Hložek holte den Goleador 1966 nach Hütteldorf und begann ihn später zu fördern. Den Cupsieg ’72 errang er aber noch ohne den – zu dieser Zeit an den WAC verliehenen – Stürmer. Der in Preßburg geborene Coach war neben dem SK Rapid und der Vienna auch für Inter Bratislava, TTS Trenčín oder Sparta Prag tätig. Seine letzte Trainerstation trat er 1989 für eine Saison beim SC Zwettl an. 2013 verstarb Arnošt Hložek 84-jährig in seiner Heimatstadt.

Hložek galt als Disziplinfanatiker: Im Trainingslager war um 22:30h Bettruhe, darüber wachte er mit Argusaugen. Außerdem verbot er seinen Spielern jeglichen Alkoholkonsum. Letzterer Weisung wollte sich Mario Kempes aber nicht beugen: Während der Chef noch fern des Trainingsgeländes weilte, leerte El Matador bei den Plaudereien mit den Fans gern ein Schlückchen Cognac in sein Heißgetränk. Wenn die Einheit nahte und sich Kempes auf die Socken machte, tauschten die Fans, die sich mit Mario eindringlich unterhalten hatten, stets das Häferl des Ex-Spanien-Legionärs mit der eigenen Tasse aus. Hložek hatte es sich nämlich zur Angewohnheit gemacht an den leeren Tassen seiner Spieler zu riechen um zu überprüfen, ob sich diese an sein eigens aufgestelltes „Prohibitions-Gesetz“ hielten. Erst wenn er mit seinen Riechproben fertig war, stapfte er in die Kabine, um sich umzuziehen. Hložek sollte dem Argentinier trotz seiner Schnüffeleien nie auf die Schliche kommen: Auf Nachfrage behauptete stets ein Fan, der „Kaffee mit Schuss“ gehöre ihm und keinem Vienna-Kicker. 1987 verließen Trainer und Starspieler schließlich gemeinsam den ältesten Fußballverein Österreichs, womit sowohl die Kaffeekränzchen als auch die olfaktorischen Ermittlungen ein Ende nahmen. Ob Mario seinem Ex-Chef jemals gestand, dass er ihn in Komplizenschaft mit den Fans immer an der Nase (!) herumgeführt hatte?

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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