Barcelona trifft in Ramat Gan auf eine Israel-Palästina-Auswahl: Tolles Zeichen für den Frieden und/oder überflüssige Publicity?
Gesellschaft & Ethik 6.März.2013 Daniel Mandl 0
Von den letzten vier Pflichtspielen verlor der FC Barcelona drei. Und obwohl der spanische Meistertitel den Katalanen praktisch nicht mehr zu nehmen ist, wird dem wohl besten Klub der Welt sogar nach dieser kurzen Phase des Misserfolgs eine Krise angedichtet. Aber der FC Barcelona macht derzeit auch als „Brückenbauer“ von sich reden.
Vor zwei Wochen gaben Barcelona-Präsident Sandro Rosell und der israelische Staatspräsident Shimon Peres bekannt, dass der FC Barcelona am 31.Juli 2013 im Ramat Gan Stadion, in einem Vorort von Tel Aviv, gastieren wird. Der Grund dafür ist ein ehrenwerter: Der spanische Topklub möchte an diesem Tag zu einem selbst organisierten „Freundschaftsspiel für den Frieden“ anreisen.
Nicht das erste Spiel gegen ein israelisch-palästinensisches Friedensteam
Bereits im Jahr 2005 bestritt der FC Barcelona im Camp Nou ein Aufeinandertreffen zwischen dem FC Barcelona und einem „Friedensteam“, in dem israelische und palästinensische Spieler gemeinsam gegen den Großklub aufliefen. Die Intention ein solches Spiel zu veranstalten ist tief im Leitbild des FC Barcelona verankert und wird den Eigenbauspielern bereits in der Ausbildungsstätte La Masia mit auf den Weg gegeben. Friede, so die Verantwortlichen der Blaugrana, ist die oberste Maxime, die der FCB vermitteln will.
Rosell sprach mit Peres und Abbas
Im Jahr 2005 war es noch der alte Präsident Joan Laporta, der den Kontakt mit dem damaligen Vize-Ministerpräsidenten Shimon Peres und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas suchte. Im Jahr 2013 ist es Laportas einstiger Kritiker, der aktuelle Präsident Sandro Rosell, der zunächst mit Peres und schließlich auch in Ramallah mit Abbas sprach. Details zum Spiel im Juli wurden bisher noch von keiner Partei bekanntgegeben, aber der Barcelona-Besuch in Ramat Gan dürfte bereits in trockenen Tüchern sein.
Eine Menge Einladungen nach Barcelona…
Das Freundschaftsspiel im Jahr 2005 war nicht die einzige Episode der israelisch-palästinensischen Beziehungen mit dem FC Barcelona. Im Herbst 2011 wurden etwa Nachwuchsmannschaften von Xuafat aus Ost-Jerusalem und Hapoel Katamon aus West-Jerusalem nach Barcelona eingeladen. Letztes Jahr wurde Gilad Shalit, ein ehemaliger israelischer Soldat, der fünf Jahre in Gaza festgehalten wurde, vom FC Barcelona zum Clásico eingeladen.
…von denen nicht jede freudig angenommen wurde
Dieselbe Einladung sprach der FC Barcelona an Mahmoud al-Sarsak aus. Al-Sarsak ist ein palästinensischer Fußballspieler, der ohne Gerichtsprozess drei Jahre in Israel festgehalten wurde. Der Fußballer schlug das Angebot des FC Barcelona als Zuschauer an einem Spiel teilzunehmen aus. Mit Omar Abu Rois und Mohammed Nimr werden auch heute noch zwei Spieler des palästinensischen Olympiateams ohne Prozess in Israel gefangen gehalten.
„Spiel des Friedens“ für die Medien – weniger für die Menschen
Oberflächlich betrachtet ist die Idee des FC Barcelona eine gute Sache – Sport verbindet und fördert den Gemeinschaftsgeist. Gräbt man jedoch etwas tiefer in dieser Thematik, so kommt man zu dem Schluss, dass die Bemühungen des FC Barcelona eher einen cleveren PR-Gag darstellen, um das Vereinsmotto „Més que un club“ – mehr als nur ein Klub – zu unterstreichen. Denn auch wenn es spektakulär anmutet, dass Sandro Rosell gemeinsam mit israelischen und palästinensischen Politikern, Spieler wie Lionel Messi oder Andrés Iniesta nach Ramat Gan bringt, so muss man sich die Frage stellen, wer diesen Spielern dann eigentlich auf die Beine schauen darf. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass viele Personen aus dem Westjordanland oder der krisengeschüttelten Stadt Gaza den Weg ins 41.583 Zuschauer fassende Ramat-Gan-Stadion finden werden.
Nette Publicity… die kein einziges Problem löst
Zudem muss man sich keinen Illusionen hingeben: Der Ein-Tages-Trip des FC Barcelona ins Umland von Tel Aviv wird zwar ein schönes Zeichen sein, in dem sich Fußballstars und Politiker im Licht der Kameras sonnen dürfen, aber Auswirkungen auf die politische Lage wird das Freundschaftsspiel freilich nicht haben. Dies zeigten bereits zahlreiche vorangegangene „Friedensspiele“ in unterschiedlichen Sportarten, die (logischerweise) allesamt keinen Grenzkonflikt oder völkerrechtliche Probleme lösten. Zwar wirkt die Intention der Katalanen ehrenwert und freilich ist der FC Barcelona nicht der einzige Klub auf der Welt, der versucht mit völkerverbindenden Aktionen Leitbild und Ruf durchzupressen, um gute Publicity zu bekommen; aber andererseits hat es schon seinen Grund, warum gesagt wird, dass sich Fußball und Politik nicht verstehen…
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Daniel Mandl, abseits.at
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Daniel Mandl Chefredakteur
Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen
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