Der erst 21-jährige defensive Mittelfeldspieler Bassirou Dembélé galt als eines der größten Talente Malis. Heute verteilt der defensive Mittelfeldspieler Flyer in Prag, mit denen... Bassirou Dembélé – Vom Fußballprofi zum Flyer-Verteiler

Der erst 21-jährige defensive Mittelfeldspieler Bassirou Dembélé galt als eines der größten Talente Malis. Heute verteilt der defensive Mittelfeldspieler Flyer in Prag, mit denen er Werbung für Mittagsmenüs macht. Wie konnte es soweit kommen und ist Dembélé ein unglücklicher Einzelfall?

Bassirou Dembélé wurde am 28. Jänner 1990 in Bamako, der Hauptstadt Malis, geboren. Dembélé wuchs in einem Land auf, in dem die durchschnittliche Lebenserwartung bei etwa 48 Jahren liegt, weniger als 50% der Kinder im schulpflichtigen Alter tatsächlich in die Schule gehen können und nur die Hälfte der Bevölkerung Zugang zu frischem Trinkwasser hat. Das Land zählt zu den ärmsten Entwicklungsländern der Erde – das geschätzte jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 330 Euro, was etwa 90 Cent pro Tag entspricht.

Fußball als Ausweg aus der Armut

Bassirou Dembélé hatte schon seit seiner Kindheit den Traum, mit dem Fußball die Armut besiegen zu können und sich und seiner Familie ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Er spielte in den Nachwuchs-Mannschaften des malischen Rekordmeisters Djoliba AC, der mit 21 Meistertiteln der erfolgreichste Klub des Landes ist. Im Jahr 2008 wechselte er zu Centre Salif Keita (CSK), einem Verein der von der malischen Fußballlegende Salif Keita 1995 gegründet wurde. CSK bietet den besten Nachwuchsspielern eine Ausbildung, die sich speziell an die Bedürfnisse junger Spieler anpasst. Die größten Talente des Landes sollen in diesem Verein zusammenspielen, was den Vorteil hat, dass die zukünftigen Akteure der Nationalmannschaften schon aufeinander eingespielt sind. Außerdem pflegt der Klub gute Kontakte zu Vereinen im Ausland, insbesondere nach Frankreich.

Der Wechsel zu Paris St. Germain

Kurze Zeit später wechselte der defensive Mittelfeldspieler zu Paris St. Germain, wo er sich über die Amateurmannschaft den Weg in die Kampfmannschaft erspielen sollte. Die Zukunftsaussichten schienen rosig und bei der Vertragsunterzeichnung wurde der Kapitän der malischen Nachwuchs-Nationalmannschaft als zukünftiger Nachfolger von Mahamadou Diarra vorgestellt.

Ab diesem Zeitpunkt verlief Dembélés Karriere nicht so, wie er es sich vorstellte. Der defensive Mittelfeldspieler verletzte sich einige Male und konnte sich nicht in die erste Mannschaft spielen. Dembélé war unglücklich, auch weil er einen günstigen Ausbildungsvertrag hatte und nur wenig Geld zu seiner Familie nach Mali schicken konnte. Sein Manager schloss schließlich einen Vertrag mit Slavia Prag ab, wo Dembélé neu durchstarten sollte.

Endstation Prag

Der damalige Slavia-Prag-Trainer Karel Jarolim spielte während seiner aktiven Karriere zwischen 1987 und 1991 in Frankreich und spricht seitdem perfekt Französisch. Er sprach sich für die Verpflichtung des damals 20-jährigen Mittelfeldspielers aus und erklärte bei den Trainingseinheiten alles noch einmal auf Französisch, wenn sich der Neuzugang aus Mali nicht auskannte. Nach einem schwachen Start in die Saison trat Jarolim zurück und nahm ein Jobangebot beim ŠK Slovan Bratislava an. Neuer Slavia-Prag-Trainer wurde Michal Petrouš, der während seiner Karriere nie im Ausland tätig war und wenig davon hielt, Erklärungen in fremden Sprachen abzuhalten. Bassirou Dembélé beschwerte sich in einem Interview, dass er keine Chance bekommt und links liegen gelassen wird, woraufhin er nicht einmal mit der Amateurmannschaft trainieren durfte und freigestellt wurde. Er musste sein Appartement, das der Verein ihm zur Verfügung stellte, verlassen und sich nach einer neuen Wohnung umsehen. Dembélé, der zusätzlich seit einigen Monaten auf seine Gehälter wartete, stand auf der Straße. Sein ehemaliger Manager war keine Hilfe, im Gegenteil – Dembélé sagt, dass er abgezockt wurde und dass sich sein Manager mit einem Großteil seines Geldes davongemacht habe. Den Fußballer aus Mali plagen Existenzängste und ein schlechtes Gewissen, da er seiner Familie nicht unterstützen kann. Er nahm schließlich einen Job als Flyer-Verteiler an, um ein wenig Geld verdienen zu können. Anstatt Profifußball zu spielen, bietet er nun Touristen Mittagsmenüs am Wenzelsplatz an. Trotzdem hofft der erst 21-jährige Dembélé, dass er schnell einen neuen Verein finden wird – ein neuer Manager ist ihm bei der Suche behilflich.

Dembélé leider kein Einzelfall

Dembélés Karriereverlauf mag sich tragisch und unglaublich anhören, ist aber alles andere als ein Einzelfall. Der Unterschied zwischen Dembélé und den anderen hunderten gescheiteren Fußballern aus Afrika ist, dass die Erwartungen an Dembélé höher waren, da er Kapitän der Nachwuchs-Nationalmannschaft Malis war und als Vorzeigetalent des Landes zu Paris St. Germain wechselte. Andere Fußballer aus Afrika können nicht mit solchen Referenzen aufwarten, werden dennoch von teils dubiosen Managern nach Europa verschifft. Wenn sich ein Spieler bei einem europäischen Verein durchsetzt, dann bekommt man diese Erfolgsgeschichten in den Medien mit – von den zahlreichen gescheiterten Existenzen hört man natürlich nichts.

Leider verlieren skrupellose Manager oft sämtliches Interesse an ihren Klienten, wenn das arrangierte Probetraining scheitert. Der ehemalige englische Mittelfeldspieler Mark Burke spielte im Jahr 2001 bei Rapid Bukarest und beschreibt, wie man dort mit afrikanischen Probespielern umging. Spielermanager brachten immer wieder Talente aus Afrika mit, die sich im Training beweisen sollten. Die Manager zogen oftmals den Reisepass der Spieler ein und überließen sie ihrem Schicksal, wenn der Verein sie als zu schwach befand. Die Spieler bekamen nicht einmal eine Rückfahrkarte, sondern lebten teilweise als illegale Immigranten in Bulgarien. Burke sagt, dass er immer wieder etwas von seinem eigenen Gehalt abzweigte, um diesen Spielern zu helfen. Die FIFA wäre hier wieder einmal gefordert, diesen dubiosen Machenschaften ein Ende zu setzen. Im Augenblick scheint sie aber zu sehr mit sich selbst und ihrem eigenen Präsidenten beschäftigt zu sein.

Stefan Karger, www.abseits.at

 

Stefan Karger

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