Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln,... Briefe an die Fußballwelt (58): Lieber ORF!

Jeden Sonntag wollen wir an dieser Stelle Briefe aus aktuellem Anlass versenden. Mit Gruß und Kuss direkt aus der Redaktion – Zeilen zum Schmunzeln, Schnäuzen und Nachdenken an Fußballprotagonisten aus allen Ligen. Diesen Sonntag schicken wir unseren Brief an unseren staatlichen Rundfunk…

Lieber ORF!

Oft wird über dich, das staatliche Fernsehen mit Bildungsauftrag, geschimpft und gelästert: Der ORF ist in den letzten Jahren massiv diskreditiert worden und wurde von politischer Seite immer wieder attackiert. Der ehemalige Vizekanzler unterstellte dem Sender gar nur Lügen zu verbreiten. Diese außergewöhnliche Anschuldigung ist allerdings ohne Beweise geblieben. Doch bei einer Sache möchte ich dem Ex-Vizekanzler beipflichten: Ich fand es damals richtig, dass von ihm der Impuls ausging die heimische Bundesliga wieder im Free-TV zu zeigen.

Ich persönlich habe es nämlich immer schade gefunden, wenn Fußball-TV-Rechte an private Sender verteilt wurden. Sicher, die österreichische Bundesliga bietet nicht unbedingt hochklassigen Fußball – böse Zungen sprechen gar von einer Schweinsliga – aber sie ist nun mal Teil der (Sport)kultur dieses Landes, die vom staatlichen Rundfunk vermittelt werden sollte.

Obwohl der ausgehandelte Deal mit dem Rechteinhaber und der Bundesliga, die noch ausstehenden Spiele, davon zehn aus der Meistergruppe jeweils am Sonntag um 16.45 Uhr bzw. am Mittwoch um 20.15 Uhr und fünf aus der Qualifikationsgruppe am Samstag um 16.45 Uhr, zu übertragen, vermehrt an das alte römische Motto „Brot und Spiele“ erinnert, habe ich mich über diese Meldung ehrlich gefreut.

Lieber ORF, es ist wichtig, Bundesligaspiele zu übertragen, denn es geht hier um die Zukunft des österreichischen Fußballs: Wenn man heute durch einen Park geht, tragen die Kinder nur mehr vereinzelt Austria- oder Sturmtrikots, dagegen sieht man viel häufiger Leiberln von Barca, PSG oder Manchester City. Die Kids bezeichnen sich als Fans von Real oder Galatasaray und geben sich nur mehr vereinzelt als Rapid- oder LASK-Anhänger zu erkennen. Das Standing der heimischen Vereine ist bei der Jugend oft nicht sehr hoch und dazu trägt die Nicht-Übertragung der Spiele im öffentlichen Fernsehen bei. Für viele gibt es keine Hausmannskost mehr, dafür Sternemenüs, die aber dementsprechend kostspielig sind. Das führt dazu, dass das Publikum in Liebenau, am Verteilerkreis oder kurz gesagt: auf österreichischen Fußballplätzen langsam aussterben könnte. Deswegen mein Appell: Es wäre wünschenswert, wenn auch corona-freie Saisonen wieder im Free-TV für jedermann zugänglich sind. Die Bundesliga muss am Wochenende im ORF übertragen werden, denn dort ist sie zuhause.

Das hofft

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag