Was darf ein Kicker? Wo werden Grenzen überschritten? Wie sollen sich Arbeitgeber verhalten, wenn ihr Angestellter eine dezidierte Straftat begeht? Was können die Konsequenzen... Die Sau durch's Dorf jagen?

Was darf ein Kicker? Wo werden Grenzen überschritten? Wie sollen sich Arbeitgeber verhalten, wenn ihr Angestellter eine dezidierte Straftat begeht? Was können die Konsequenzen sein? Hat ein Fußballverein einen ethischen Auftrag? Welchen Zugang sollen wir Fans dazu haben? All diesen Fragen muss auf den Grund gegangen werden, um ein abgerundetes Bild zu erhalten.

Mark Prettenthaler, 28jähriger Fußballprofi bei Sturm Graz, dem FC Augsburg, dem LASK und zuletzt der SV Ried, hat laut Gerichtsurteil einer jungen Frau in bierschwangerer Stimmung die Nase gebrochen. Sein – mittlerweile Ex – Verein zog die Konsequenzen und löste den Vertrag auf. Eine gute und richtige Entscheidung und einzigartig in Österreich.

KAVALIERSDELIKTE

In unserem schönen Heimatland gehört der Skandal zum guten Ton. Dies beweisen Prominente, zu denen Kicker bereits seit George Best und nicht erst seit David Beckham zu zählen sind, immer wieder. Ein bisserl Krida hier, Herr Rapp, ein wenig Koks dort, Herr Fendrich und ein paar Lügen vor Gericht sowieso, das findet man beispielsweise in der Vita der Herren Westenthaler, Androsch oder Sinowatz. Allesamt sind unsere Promis, Politiker und sonstige Stars und Sternchen meist zu jung, zu schön und zu intelligent, als dass irgendwas passieren würde. Wolfgang Ambros formulierte ja sehr treffend: „Einen Skandal, dann pensioniert werden, kurz – ein echtes Vorbild sein. Dass die sportlichen Promis keine Ausnahme sind, beweisen etwa Somen Tchoyi, Douglas da Silva oder Yasin Pehlivan.

Die Fußballer scheinen sich ihrer Rolle als Personen des öffentlichen Lebens nicht immer bewusst zu sein. Das wäre ja jetzt noch nicht einmal so schlimm, wenn sich die Fehltritte einerseits auf unsittliches Verhalten, wie etwa Cristiano Ronaldos Anmachkünste, oder schlichte Dummheit, wie etwa Wayne Rooneys Kenntnis über Benzin und Diesel, beschränken würden. Aber sie sind die Vorbilder für Tausende, wenn nicht Millionen, Kinder, die zu ihnen aufsehen, sie bewundern, sie nachahmen. In vielen Entwicklungsländern kommt noch dazu, dass Fußball oder Sport im Allgemeinen der scheinbar einzige Weg ist, dem sozialen Elend zu entfliehen. Ein passendes Paradigma hierfür ist der Stadionname von Manchester United: Theater der Träume.

PRÄZEDENZFALL

Ein passender Szenenwechsel: Wer am Sonntagabend genug von Fußball hat und trotzdem Spitzensport sehen will, wechselt im Herbst oft zu American Football. Da stieß man vor allem in der letzten Saison auf Michael Vick, Quarterback bei den Philadelphia Eagles. Vick saß zwischen 2007 und 2009 wegen illegaler Hundekämpfe im Gefängnis, erhielt als Suspendierter kein Gehalt von der NFL. Er zahlte den Preis für seine Straftat wie jeder andere Bürger, verhielt sich den Behörden gegenüber kooperativ und kämpfte sich wieder zurück. Er gilt mit mittlerweile 31 Jahren als einer der besten Spielmacher der NFL.

Vick hat seine Strafe bekommen, ebenso wie Prettenthaler, der mehrere 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen musste und ebenfalls berechtigterweise seinen Job verlor. Zu erwähnen sei wohl noch, dass sich Prettenthaler noch nicht ganz einsichtig zeigt. Das wird sich hoffentlich ändern, vor allem aus Ehrlichkeit seiner Freundin, seiner Familie und seinem restlichen Umfeld gegenüber. Leider kennt der österreichische Boulevardjournalismus oftmals keine Gnade, wenn selbiger eine tatsächliche Straftat eines Promis als solche wirklich akzeptiert, was ohnehin viel zu selten vorkommt.

DÖRFER UND SÄUE

Es hilft nun nicht, den Verurteilten wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf zu jagen. Prettenthaler hat seine Schuldigkeit getan. Die wirkliche Aufgabe liegt nun bei den Vereinen, die darauf achten müssen, die richtigen Handlungen zu setzen, wenn Spieler Straftaten begehen. Die Kicker sind, wie erwähnt, Vorbilder und auch vor mehr oder weniger großen Namen darf kein Kniefall gemacht werden. Genau so gilt aber auch, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Darum ist zu hoffen, dass Prettenthaler diese auch bekommt, wahrscheinlich bei keinem erstklassigen Verein, vermutlich unter Vorbehalt und definitiv mit finanziellen Einbußen. Gelernt hat er hoffentlich etwas.

Der gesamte Fußballzirkus hat eine enorme ethische und moralische Verantwortung. Diese ist aber nicht rechtlich bemessbar. Sobald aber Spieler Strafbares begehen, müssen die Vereine handeln, am besten nach Rieder Art. Aber auch der nächste Arbeitgeber soll sich bewusst sein, dass die Strafe nach geltendem Recht erteilt wurde und die Schuld damit mehr oder weniger getilgt ist.

Georg Sander, abseits.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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