„Dem Österreicher fehlt das Tempo, die Bewegung ohne Ball. Diesen Schlendrian kriegt man nicht raus. Was Hänschen nicht lernt, lernt der Hans auch nicht... „Es fehlt die Beharrlichkeit“ – das Fußballtestament des Edi Bauer

Friedhof, Todesfall„Dem Österreicher fehlt das Tempo, die Bewegung ohne Ball. Diesen Schlendrian kriegt man nicht raus. Was Hänschen nicht lernt, lernt der Hans auch nicht mehr. Wir werden zu selten gefordert.“, antwortete Peter Pacult einst auf die Frage nach dem Grundübel des österreichischen Fußballs. Auch der bereits verstorbene Ex-Profi und Trainer „Edi“ Bauer hat sich über die Spielerausbildung in Österreich Gedanken gemacht.

Schon als Siebzehnjähriger debütierte Bauer in der Kampfmannschaft des SK Rapid Wien. Er blieb diesem Verein Zeit seines Lebens treu und wurde vom Feld sowie von der Bank aus elf Mal Meister, drei Mal Cupsieger und zwei Mal Torschützenkönig.

Nach seinem überraschenden Tod im Alter von nur 54 Jahren fand man nachfolgende Notiz, die als „Fußballtestament“ bekannt wurde, auf seinem Schreibtisch. Bauer formuliert zwar allgemein, seine Ratschläge beruhen aber auf Erfahrungen, die er in der österreichischen Liga gemacht hat. Er beklagt die fehlende Verbissenheit vieler rot-weiß-roter Kicker und die Bequemlichkeit aller Beteiligten. Ein zeitloses Phänomen? Urteilt selbst.

„Ich glaube, dass ein Faktor im Leben allzusehr unterschätzt wird. Wenn man es zu einer Position bringen will, gleichgültig in welchem Beruf, braucht man neben allen anderen Voraussetzungen eine gehörige Portion Ausdauer. Man wird verstehen, dass ich sofort auf den Fußball zu sprechen komme. Denn es ist hier um nichts anders: Nur die Beharrlichkeit führt zu wirklich großen und beständigen Leistungen. Was mich betrifft, so bin ich der Ansicht, das überhaupt nur die Beständigkeit einer Leistung zahlt. Die Ausdauer und Beharrlichkeit! Wie vielen großen Talenten mangelt es an ihr und wie viele bleiben in der Mittelmäßigkeit stecken, weil es ihnen nicht gegeben ist, Fehler mit zähem Fleiß zu korrigieren. Gerade in letzter Zeit wurde viel über die Zukunft des österreichischen Fußballs debattiert. Wir – damit sind die Trainer gemeint — haben klar erkannt, wo es noch fehlt. Wir haben den festen Vorsatz, immer wieder darauf hinzuweisen, wir werden immer wieder die heiklen Punkte berühren und tun, was in unserer Macht steht — eines können wir allerdings nicht: Wir können den Fußballern nicht die Arbeit abnehmen, die sie an sich selbst verrichten müssen. Der Fußballer, der glaubt, die Arbeit begänne erst auf dem Sportplatz, ist in einem großen und sehr verhängnisvollen Irrtum. Wie viele hochbegabte Fußballern sind gescheitert, weil ihr Talent und teilweise auch ihr Können in einem Widerspruch zu ihrem Wert als Mensch standen. Ich will nicht einmal behaupten, dass sie nicht redlich versuchten, anständige und gerade Wege einzuschlagen. Aber es fehlte ihnen an der Beharrlichkeit ihrer Versuche. Und darauf kommt es an.

Wenn man den jungen Spieler betrachtet, findet man an so vielen so manchen Mangel. Ich habe junge Leute Monat für Monat ermahnt, dieses oder jenes zu tun. Ich habe diesem gesagt, er müsse unbedingt seinen Pass verbessern, jenem das unvollkommene Kopfballspiel ans Herz gelegt und einem dritten klargemacht, dass er nicht weiterkommen könne, wenn sein Stoppen weiterhin so schlecht bliebe. Ich habe bei fast allen den guten Willen vorgefunden. Aber da sich Erfolge nicht über Nacht einstellen, verloren die meisten von ihnen die Lust am Training, das, ich gebe es gerne zu, beim Abstellen der eben erwähnten Fehler nicht sehr unterhaltsam ist. Es fehlte ihnen eben die Beharrlichkeit, ohne die es keine wahrhaft großen Leistungen gibt. Ich möchte gerade die begabten Fußballer noch auf einen großen Irrtum aufmerksam machen: sie glauben nämlich meist, dass das Talent alleine genügt. Das stimmt ganz und gar nicht. Es gibt nichts im Leben, was uns geschenkt wird. Wenn es manchmal den Anschein hat, wird uns die Rechnung später ja doch präsentiert.

Also: Besser nichts schuldig bleiben. Nun ist Fußball ein Sonderkapitel. Er öffnet vielen jungen Menschen das Tor in die Welt, er führt sie in Stellungen, die sie ohne ihn niemals erreicht hatten, er hebt ihren Lebensstandard, und wenn sie vernünftig einzuteilen wüssten, werden sie das Hürdenrennen, das das Leben einmal ist, verhältnismäßig gut durchstehen. Aber die meisten vergeuden ihre Kapitalien, nämlich Jugend, Talent und Können; weniger aus Charakterschwäche, sondern aus mangelnder Geduld. Ich weiß genau, dass solche und ähnliche Reden von Trainern bei manchen Fußballern nur taube Ohren finden. Das enthebt uns nicht der Pflicht, immer wieder unsere Stimme zu erheben und zu sagen, was wir für richtig halten. Wenn wir Ausdauer und Beharrlichkeit predigen, müssen wir diese Tugend auch selbst aufbringen, wenn es gilt, die Jugend auf den richtigen Weg zu führen.“

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag

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