Fußball und Integration sind beides Themen von unbestreitbarer gesellschaftlicher Relevanz. Ihre gegenseitige Verstrickung ist aktueller denn je. Die Serie „Integration durch Fußball“ beleuchtet die... Integration durch Fußball (2): Faire Regeln, faires Spiel

Fußball und Integration sind beides Themen von unbestreitbarer gesellschaftlicher Relevanz. Ihre gegenseitige Verstrickung ist aktueller denn je. Die Serie „Integration durch Fußball“ beleuchtet die Möglichkeiten eines Konzepts und seine Chancen für Fußball und Gesellschaft. Die zweite Folge greift die Frage auf, warum sich gerade der Fußballsport für Integrationsarbeit eignet und welche nationalen und internationalen Initiativen ihn ins Zentrum ihrer Toleranzpolitik stellen.

Ein faires Spiel erfordert faire Regeln. Gleiche Bedingungen für alle Teilnehmenden sind seit je eine unbedingte Voraussetzung im Sport und wurden bereits gefordert, als dieser noch eine Sache von nackten Männern war. Auch die Revolution Sportbekleidung hat daran nichts geändert, sodass tausende Jahre später die Tugenden Ehrlichkeit und gegenseitiger Respekt ihre unveränderte Gültigkeit im sportlichen Wettkampf haben.

Doch die Realität hinkt dem Ideal hinterher, auch das war früher so. Obwohl das Regelwerk des Fußballs Sportlichkeit vorsieht, läuft dieser nicht immer fair ab. Grobe Regelverstöße sind dabei weniger sportlicher, als allgemeiner gesellschaftlicher Natur. Viel häufiger passieren sie abseits des Spielfelds. Im ersten Teil dieser Serie wurde Fußball als ein tief in der Gesellschaft verwurzeltes Phänomen beschrieben. Diese gesellschaftliche Verankerung bedeutet Segen und Fluch zugleich: Einerseits werfen Gewalt und Diskriminierung große Schatten auf die Fußballstätten dieser Welt. Andererseits kann auch der Weg ins Licht, das heißt Toleranz und gegenseitige Annäherung, über den Fußball führen – Integration durch Fußball also.

Fußball als Chance für die Gesellschaft

Worin liegt das integrative Potential des Fußballs begründet? Die Bedeutung des Fußballs für die Integrationsarbeit liegt primär in seiner enormen Popularität. Als beliebtester Mannschaftssport der Welt begeistert er rund um den Globus, durchdringt dabei alle sozialen Schichten und bringt Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammen. Fußball ist somit kein Sport nur für Privilegierte – im Gegenteil: Der finanzielle Aufwand Fußball auszuüben ist relativ gering, was ihn zu einer realistischen Aufstiegsmöglichkeit für sozial Benachteiligte macht.

Überhaupt sind sportliche Werte eine ideale Grundlage für Integrationsarbeit. Respekt gegenüber Mit- und Gegenspielern wird im Sport ebenso vorausgesetzt wie die Rücksicht auf die Würde des anderen. Gleiche Regeln gewährleisten gleiche Chancen.

Nationales und Internationales Engagement gegen Diskriminierung im Fußball

Ähnlich faire Bedingungen sind für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens anzustreben. Wie im Sport muss strenge Regelsauberkeit im gegenseitigen Umgang gelten. Um Chancengleichheit auf und abseits des Fußballrasens zu garantieren, bedarf es einer professionellen Koordination und Umsetzung von integrativen Maßnahmen. Verschiedene Initiativen haben sich dem Anliegen verschrieben, den Fußball dauerhaft menschenwürdiger zu gestalten. In Österreich widmet sich die Initiative „FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel.“ dieser Aufgabe. Gemeinsam mit Verbänden, Vereinen, Fanclubs, MigrantInnen- und Jugendorganisationen wird durch verschiedene Projekte ein Zeichen gegen Diskriminierung im Fußball gesetzt. Ziel ist die Initiierung eines breiten- und medienwirksamen Engagements gegen Rassismus und Diskriminierung. Stadionaktionen, Schul- und Fanarbeitsprojekte sollen ein Problembewusstsein in der Fußball-Community schaffen und die aktive Partizipation marginalisierter Gruppen unterstützen. Als weiter gefasstes, europäisches Netzwerk wurde 1999 in Wien die Organisation „Football Against Racism in Europe“ (FARE) gegründet. Sie formuliert gemeinsame Strategien für den Kampf gegen Rassismus und tritt mit internationalen Kampagnen für einen sauberen Fußballsport ein.

Zahlreiche weitere Initiativen des In- und Auslands machen sich über Fußball für mehr Offenheit in der Gesellschaft stark. Auch FIFA und UEFA (u.a. mit dem Projekt RESPECT) übernehmen soziale Verantwortung. Die Taktik des europäischen Fußballverbandes im Kampf gegen Gewalt muss aber insoweit in Frage gestellt werden, als Problematiken im Fußball um seines positiven Images willen ausgeblendet werden. Die Fernsehübertragungen bei der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine stehen Zeuge für eine manipulative Außendarstellung, die über bestehende  Tatsachen hinwegtäuscht, indem sie hübsche oder lustig aufgemachte Gesichter übermäßig oft ins Bild rückt anstatt vorgefallene Fanausschreitungen eingehend zu problematisieren.

Der Breitensport als Schlüssel zum Erfolg

Dem Profifußball kommt aufgrund seiner Strahlkraft eine wichtige Rolle zu. Als zentrales Vorbild sorgt er für die nötige Motivation in der öffentlichen Bewusstseinsbildung. Die Umsetzung ihrer Ideen muss jedoch im Amateur- bzw. Breitensport erfolgen. Denn gerade dort wo der menschliche Umgang am unmittelbarsten ist, entscheidet sich das Gelingen von Integration und erst mit ihr ist der letzte Schritt zu einem Fairplay in unserer Gesellschaft getan.

Markus Grill, abseits.at

Markus Grill

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