Kicker unterm Hakenkreuz (4) – Des Teufels knusprige Beute | Richard „Little Dombi“ Kohn & Otto Nerz (1)
Gesellschaft & Ethik 6.Dezember.2016 Marie Samstag 1
Im Jahre 1888 kommen in Wien zwei besondere Menschen zur Welt, die beide den Nachnamen Kohn tragen. Bestimmt werden um diese Zeit mehrere Kohns geboren, denn immerhin sind vor der Wiener Stadterweiterung 1890 rund 12% der Bevölkerung jüdischen Glaubens und Teil des Alltagslebens – ob als unvermögende, kinderreiche Arbeiter oder als assimilierte Akademiker und traditionsbewusste Orthodoxe. Diese heterogene Volkskultur beginnt ab Dezember 1867 in Österreich zu erblühen. Damals treten jene fünf Staatsgrundgesetze in Kraft, die in der nicht-ungarischen Reichshälfte neben Presse- und Eigentumsfreiheit, unabhängiger Justiz auch freie Ansiedlung und Religionsausübung garantieren. Zuwandererströme fließen Richtung Zisleithanien. Ein gewisser Nathan Kohn, 1837 im ungarischen Egbell geboren, kommt mit seiner Frau zunächst ins niederösterreichische Tulln, wo ihre drei gemeinsamen Kinder geboren werden. Die fünfköpfige Familie zieht danach weiter in die Meidlinger Vorstadt. Nathan arbeitet als Schächter, sein ältester Sohn Leopold soll auf seinen Wunsch hin Rabbiner werden. Doch Leopold überredet den frommen Vater ihm ein Musikstudium zu finanzieren. Er verlässt 1882 das Wiener Konservatorium als ausgebildeter Hornist, Posaunist und Pianist. Als Profimusiker nennt er sich von nun an Leopold Leopoldi. Von frühester Kindheit an fördert er das Talent seiner eigenen Söhne, Hermann (Hersch) und Ferdinand. Bereits als Sechsjähriger absolviert Hersch an der Seite des Vaters seinen ersten Auftritt. Bis zu seinem Tod im Jahre 1959 sollte Hermann Leopoldi in ganz Österreich als einer der bekanntesten Wienerliedkomponisten und Klavierhumoristen wirken. Die erste Hälfte seiner Karriere endet im September ‘38 jäh mit dem Abtransport ins KZ Buchenwald. Als er 1947 aus dem amerikanischen Exil zurück in seine Geburtsstadt kommt, wird er mit offenen Armen empfangen. Die Begeisterung für Leopoldi-Schlager ist auch für ungebrochene Antisemiten und Opportunisten der beste Weg ihr Fehlverhalten zu übertünchen. Tu ma so als warat nix g’wen!
Die Kohn-Brüder
Für Hermann Leopoldi hat der Hersch Kohn nie eine besondere Rolle gespielt. 1921 legt er seinen Geburtsnamen amtlich ab und nennt sich offiziell Leopoldi. Keineswegs eine Distanzierung von seiner Herkunft, eher Schutz um dem schwelenden Judenhass keine offensichtliche Angriffsfläche zu bieten. Böswillige gibt es genug, da kann Hermann noch so flink Klavier spielen und von Ringelspielen, Schnuckis und dem Floridsdorfer Spitz singen. Dass man es als talentierter, erfolgreicher Jude nicht immer leicht hat, muss auch ein anderer Wiener namens Kohn feststellen. Er kommt wenige Monate vor Hermann Leopoldi zur Welt und macht sich als Erwachsener in seiner Profession rasch einen Namen: Richard Kohn. Während Leopoldi in die Tasten greift, schießt Kohn als Stürmer Tore und nutzt die erste Gelegenheit um seine Fähigkeiten unter einem anderen Namen populär zu machen. Antipol zu Richard und Hermann, die sich äußerlich angleichen wollen, ist jener Herr, der grundlos und entgegen aller Erwartung eine schier unerklärliche Begeisterung für die Ideologie des Nationalsozialismus entwickelt: Otto Nerz. Der erste deutsche Reichstrainer ist zwar ein fortschrittlicher Fußballverrückter und Wissenschaftler aber auch ein kleingeistiger Bürokrat mit menschenfeindlichen Ansichten. Unbegreiflich, dass sich jemand seines Geisteskalibers diametral zu jeder empathischen Geisteshaltung positioniert. Das Schicksal soll es ihm bitter heimzahlen.
„Little statt Kálmán Konrad“, lautet die Überschrift einer kleinen Meldung im Wiener Sporttagblatt vom 29. März 1930. Was heutzutage eine Riesensensation wäre, ist damals nur ein paar Zeilen wert: „Der Wechsel eines Trainers im Ausland ist zumeist eine interne Angelegenheit, aber das Changement, das gerade jetzt bei den Münchner Bayern vollzogen wurde, wird die Wiener Leser doch interessieren, weil die beteiligten Trainer Wiener sind oder wenigstens lange Zeit in Wien tätig waren. Bisher hatte Kálmán Konrad die Bayern-Mannschaft trainiert, aber die Leistungen waren in der letzten Zeit durchaus unbefriedigend, sodass der Vertrag mit Konrad gelöst und an seiner Stelle Little verpflichtet wurde. Das heißt, er heißt nicht mehr „Little“ , […] er heißt jetzt „Dombi“ […]. Er wird am 1. Juli seinen Posten bei den Bayern antreten.“ Jener „Little“, der jetzt „Dombi“ heißt, wurde einst als Richard Kohn am 28. Februar 1888 in Wien geboren worden. In Kohns Biografie finden sich immer wieder große Lücken, so verschwindet der spätere Fußballtrainer in den 40ern spurlos und taucht erst wieder elf Jahre später in Rotterdam auf. Wenig Zeugnisse gibt es auch über die Anfänge seiner Trainerkarriere, über Kindheit und Jugend in Wien ist fast gar nichts bekannt. Die erste Erwähnung Richard Kohns in offiziellen Dokumenten stammt aus dem Jahr 1904, als er unter den jungen Wiener-Athletik-Club-Spieler aufgelistet wird. Der WAC ist damals eine sportliche Topadresse und verfügt über einen exzellenten Ruf bis über die Grenzen der K.u.K.-Monarchie hinaus. Der junge Kohn gilt als spielstarker Stürmer mit guter Technik. 1909 schlägt der WAC durch seinen Siegestreffer als erste kontinentale Mannschaft mit dem AFC Sunderland ein englisches Profiteam. Der kleine Stürmer ist plötzlich eine lokale Berühmtheit. Klein – im wahrsten Sinne des Wortes: Aufgrund seiner geringen Körpergröße und seiner Begeisterung für den englischen Sport hat Kohn seit geraumer Zeit den Spitznamen „Little“ weg. Bald taucht er in den Spielberichten auf seinen Wunsch hin nur mehr unter diesem Namen auf. 1908 wird „Little Kohn“ in die österreichische Nationalmannschaft einberufen und kommt aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Binnen kurzer Zeit ist er als Querulant verschrien, denn sowohl die mangelnde Organisation als auch die Unprofessionalität in den Strukturen des ÖFB gehen ihm gegen den Strich. „Little“ rebelliert. Eine Auseinandersetzung mit Funktionären führt dazu, dass ab 1912 Einladungen ausbleiben. Auch im eigenen Verein herrscht nicht eitel Wonne. Kohn und neun weitere Spieler überwerfen sich mit der konservativen Führung des WAC. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ist eine Auswärtsfahrt nach Graz, bei der den Spielern, im Gegensatz zur Klubspitze, die Bahnfahrt in der Ersten Klasse verwehrt wird. Mit seinen ehemaligen Kollegen Fischera und Andres ruft Kohn daraufhin aus Rache den Wiener-Associations-Football-Club ins Leben. Der 2010 in der Brigittenau neugegründete Verein etabliert sich hundert Jahre zuvor schon kurz nach seinem Entstehen als einer der besten Wiener Fußballvereine. 1915 wird der WAF, wie ihn die hiesige Bevölkerung nennt, hinter dem „großen Bruder“, WAC, Zweiter der Kriegsmeisterschaft.
Am 12. April 1912 gastiert Bayern München in der Donaumetropole und am nächsten Tag ist im Neuen Wiener Tagblatt folgender Matchbericht zu lesen: „Mit Ach und Krach erwehrte sich dann die äußerst unsicher arbeitende Hintermannschaft des WAF, der weiteren blitzschnellen Angriffe der Münchner, bis endlich Little – mit Andres, der einzige, ruhige Mann im WAF-Sturm – auf eigene Faust bis ans gegnerische Goal vorgeht und aus guten Gründen das Leder selbst so lange behält, bis er mit scharfem Schuss zwischen den Pfosten platzieren kann.“ Der Spieler Little hat sich bei jener Mannschaft, die er fast genau zwanzig Jahre später zum ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte führen wird, gebührend vorgestellt. Noch weiß niemand, welch göttliche Fügung in diesen ersten Frühlingstagen ihren Lauf nimmt: Denn Little steckt mitten in seiner Spielerkarriere und denkt noch nicht an eine Zukunft als Trainer. Seine aktive Laufbahn gerät jedoch schon zuvor ins Stocken. 1908 beginnt Richard Kohn seinen Militärdienst und bestreitet im ganzen Kalenderjahr 1909 kein Spiel. Erneut sind es außersportliche Schwierigkeiten, die dazu führen, dass der WAF keine Spieler für die Teilnahme der österreichischen Nationalmannschaft am Olympischen Fußballturnier in Stockholm 1912 abstellt. Little wird um eine stattliche Anzahl an Matches betrogen, bis seine angeknackste Karriere vollkommen abreißt: Der Angreifer spielt beim Wiener Amateur SV, danach erneut beim WAC und bei MTK Budapest. Als er zum ungarischen Serienmeister wechselt, lernt er Jimmy Hogan und sein schottisches System kennen. Diese Begegnung ist der Wendepunkt in Kohns Leben. Der ehemalige Blackburn-Spieler setzt auf die technischen Fertigkeiten seiner Spieler und lässt sie präzise Flachpässe und – völlig neu – Stellungsspiel trainieren. Hogan hat diese Methode nicht zufällig bei Budapest erweitert, nein, die gute technische Schule der Österreich-Ungarn erweist sich als Voraussetzung für die optimale praktische Umsetzung dieser Spielphilosophie. Der britische Coach gewinnt mit dem MTK zehn ungarische Meisterschaften in Folge. Richard Kohn ist begeistert. Hogan beeinflusst ihn nachhaltig und durch ihn findet er zu seiner eigenen Spielphilosophie. In Ungarn vollzieht er erneut einen Namenswechsel: Aus „Little“ wird „Dombi“ – hergeleitet vom magyarischem „Domb“, das sich mit Hoheit oder Eminenz übersetzen lässt. Dombi-Little-Kohn zieht sich langsam als aktiver Sportler zurück und wechselt auf die Bank. Zu Beginn der 20er nimmt er in Berlin seine erste Anstellung als Fußballtrainer an. Die Vereinschronik der Hertha weißt ihn als einen der Vorväter für die erfolgreichsten Jahre der Blau-Weißen aus: Sechsmal erspielen sich die Herthaner ab 1926 die Teilnahme an den Endspielen um die deutsche Meisterschaft. Bevor das erste Finale gegen Fürth jedoch mit 4:1 verloren geht, hat Dombi der deutschen Hauptstadt schon wieder den Rücken gekehrt. Zurück bleibt seine Spielidee mit Pressen und Ballbesitzfußball. Er beehrt 1925 den Zagreber Klub Gradjanski Agram, den er aus dem Nichts zum Vizemeister macht, und später die Vienna, die unter ihm ebenfalls Ligazweiter wird. Eine Tournee führt die Blau-Gelben anschließend durch Europa. In Barcelona ist man vom Wiener Fußballfachmann so begeistert, dass die Vienna ohne ihren Cheftrainer nachhause zurückkehrt. Kohn bleibt in Katalonien und coacht unter dem Namen „Jacky Dombi“ gemeinsam mit dem Engländer Ralph Kirby den FCB. Danach kommt er über die Stuttgarter Sportfreunde und KS Warszawianka zu Bayern München.
Jederzeit restlos für seine Leute da
„Dombi, der früher einmal Little geheißen hat, beim WAF ein glänzender Flügelflitzer war, und nun eine ganze Reihe von Engagements als Trainer, darunter auch beim FC Barcelona zur vollen Zufriedenheit seiner Vereinsführung erfüllt hat.“, resümiert eine Zeitung anlässlich Dombis Bestellung zum Bayern-Trainer. Der Österreicher ist mit seinen 42 Jahren einer der begehrtesten Trainer Europas, der FC Bayern nicht mal in Bayern ein Topklub: Fürth, Nürnberg und der Lokalrivale 1860 machen den Münchnern das Leben schwer. Doch zwei Jahre nach Dombis Bestellung, lassen die Klubnachrichten der Roten voller Stolz verlautbaren: „Wir sind Deutscher Meister! Jahrzehntelang ein Traum – heute stolze Wirklichkeit.“ Die Mannschaft aus dem katholischen Freistaat verdankt dies vor allem zwei jüdischen Lenkern und Denkern. Neben dem legendären Präsidenten Kurt Landauer ist Richard Kohn, genannt Dombi, zweifelsfrei der zweite Vater des Erfolges.
Zu Beginn der Saison 1931/1932 ahnt noch niemand, dass dieses Jahr in die Geschichte eingehen sollte. Dombi muss sich zunächst bemühen, die verletzten Stürmer Hofmann und Pöttinger – zwei Stützen der Mannschaft – zu ersetzen. Es gelingt und die Münchner holen den Bezirkstitel, die Süddeutsche Meisterschaft und stehen schließlich im Finale um die deutsche „Victoria“. Doch diesmal ist es der Trainer selbst, der seiner Mannschaft Kummer bereitet. Kurz vor dem Finale in Nürnberg gegen die Frankfurter Eintracht liegt Dombi mit einer schweren Lungenentzündung danieder. Er kämpft sich zurück und greift hellwach – obwohl noch blass und ausgezehrt von der schweren Erkrankung – zu einer taktischen Finte. Niemand erfährt, wo sich die Mannschaft vor dem Spiel aufhält. Der FC Bayern residiert inkognito im Würtemberger Hof, direkt vis-à-vis vom Nürnberger Hauptbahnhof – selbst Präsident Landauer ist in das Versteckspiel nicht eingeweiht. Die Kasernierung macht sich bezahlt. 2:0 schlägt der FCB die Eintracht am 12. Juni 1932 und begründet so die mittlerweile sechsundzwanzig nationale Meistertitel umfassende Sammlung der Süddeutschen. Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Dombi muss an diesem Sommertag nicht mehr selbst gehen: Die Spieler tragen ihren Meistertrainer auf Händen in den Würtemberger Hof, wo die Feierlichkeiten bis vier Uhr früh andauern. Mehrere Maß Weißbier später setzt der pflichtbewusste Wiener jene Spieler, die keinen Urlaub bekommen haben – Profisportler gibt es nicht – , eigenhändig in den Frühzug nach München. Nicht nur dafür, lieben sie ihn.
Bayerns Rechtsaußen Bergmaier ist voll des Lobes: „Ich wüsste niemanden, der so besorgt um seine Mannschaft ist, wie unser Dombi!“ Der Trainer vereint Fachkenntnis mit psychologischem Einfühlungsvermögen und Vertrauen auf die noch junge Sportmedizin. Er unterstützt seine Spieler mit Geld, finanziert ihnen Operationen, ist nicht nur Trainer, sondern Manager, Physiotherapeut und Mentalbetreuer in Personalunion: „Er besorgte nebenbei auch noch das Management, führte die Geschäfte und massierte die Wadln seiner Kicker.“ Trotz allem ist der kleine Österreicher kein Fußballbesessener und sinniert in den Münchner Biergärten gerne über Themen abseits des runden Leders. Er betrachtet das Leben unter vielen Gesichtspunkten und wird während seiner Zeit in München eine der beliebtesten Persönlichkeiten der Stadt. Nur ein Jahr nach dem großen Triumph in Nürnberg, werden Dombi und der FC Bayern jedoch jäh aus ihrem Meistertraum aufgeweckt: Sportlich stürzen die Bayern in der Folgesaison regelrecht ab. Politisch kommt es noch schlimmer, denn ein gewisser Adolf H. wird 1933 zum deutschen Reichskanzler ernannt. Im Mai spricht Reichssportführer Tschammer von Osten aus, was viele befürchtet haben: „Dass es dem jüdischen Turner und Sportler im neuen Deutschland nicht möglich ist, eine führende oder mitbestimmende Stellung einzunehmen, hat er unterdessen selbst eingesehen.“ Präsident Kurt Landauer trennt sich schon im März schweren Herzens von seinem Verein. Dombi will nicht weglaufen, obwohl sich die Presse mehr und mehr gegen ihn stellt. Seine sportliche und menschliche Kompetenz ist im nationalsozialistischen Deutschland von heute auf morgen nicht mehr erwünscht. Als die Zeitschrift Fußball seine Aufstellung „kopflos“ nennt, nimmt er schließlich den Hut. In den nächsten Wochen verabschiedet er sich von seinen Spielern. Für einen ist er bis zum Schluss da: Oskar Rohr, ein Mannheimer Fußballtalent, hatte Dombi 1930 anlässlich seines Kurzengagements beim VfR Mannheim zu den Bayern gelockt. Dort hatte sich Rohr zu einem der torgefährlichsten Stürmer Deutschlands entwickelt und mit einem Elfmetertreffer im Meisterschaftsfinale seinen Teil zum Sieg beigetragen. Bereits als 19-jähriger beruft ihn ein gewisser Otto Nerz in die Nationalmannschaft ein. Im Frühling ’33 kuriert Rohr, der „Bubi“ gerufen wird, gerade eine Verletzung aus und absolviert die anschließende Reha gemeinsam mit Dombi. In wenigen Wochen wollen sie Deutschland in Richtung Ausland verlassen: Dombi als Cheftrainer, Rohr als bezahlter Profispieler.
Der 7. Juni 1934 ist für Dombi kein gewöhnlicher Tag: Seine Landsleute, die favorisierten Österreicher, werden bei der WM in Italien von Deutschland mit 3:2 besiegt und reisen somit als undankbarer Vierter ab, obwohl sie zu Beginn des Turniers zu den Titelaspiranten gezählt hatten. Für Otto Nerz bedeutet dieser Sieg jedoch den Durchbruch als Trainer. Während Dombi gemeinsam mit seinem Zögling Rohr bereits vor einem Jahr in die Schweiz zu Grasshoppers Zürich gewechselt ist, steigt Otto Nerz zum bekanntesten Fußballtrainer des Landes auf. Die Philosophien der beiden Übungsleiter könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Dombi vom Scheiberlspiel, von Hogans Wiener Schule geprägt ist, baut Nerz auf Kampfgeist, körperliche Fitness und strenge Ordnung. Exemplarisch, dass sich der deutsche Fußball ebenso wie die deutsche Gesellschaft jener Jahre weg von gesitteter Eleganz und Freiheit hin zu brutaler Angriffstaktik, missverstandenem Gehorsam, Einheitsbrei und dem Führerprinzip wendet.
Oskar Rohr wird in Deutschland Verrat vorgeworfen. Geldgierig sei der talentierte Stürmer, weil er im Ausland unbedingt von seinem Sport leben wolle, anstatt in Deutschland als Amateur zu kicken. Rohrs Nationalmannschaftskarriere ist damit vorbei. Über seinen Chef, Richard „Little Dombi“ Kohn, dagegen verliert niemand mehr ein Wort. Es ist als hätte es den ersten Meistermacher der Bayern nie gegeben.
Hier geht es weiter zu Teil 2!
Marie Samstag, abseits.at
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