Der Ehrenrat hat sein Urteil im Fall Clemens Tönnies gefällt. Die fast schon lächerlich geringe Strafe und deren Begründung sendet nicht nur ein fatales Signal an die Fußballwelt – sondern die gesamte Gesellschaft. Ein Kommentar.
Es war Donald Trump, der einst sagte, er könne auch auf offener Straße jemanden erschießen und es würde ihn keine einzige Wählerstimme kosten. Ob er damit recht hat oder nicht, finden wir besser nie heraus. Dennoch macht es aktuell tatsächlich den Anschein, reiche weiße Männer können sich jede Art von Entgleisung leisten, ohne dass sie die entsprechenden Konsequenzen fürchten müssen.
Nun ist Clemens Tönnies nicht der Präsident der USA, dennoch ist der Aufsichtsratschef die allesbestimmende Figur beim FC Schalke 04. Daher sollte gerade er die Werte des Vereins nach außen repräsentieren. Mit seinen rassistischen Äußerungen bei einer Unternehmerveranstaltung vor gut zwei Wochen hat er diese mit Füßen getreten.
Nicht nur Fans des Vereins waren ob der Aussagen schockiert, Rücktrittsforderungen machten, vor allem online, sofort die Runde. Der Schalker Ehrenrat hatte keine andere Wahl, als sich mit dem Fall Tönnies zu beschäftigen.
Letzte Woche fällte das Gremium dann sein Urteil. Und es fällt so aus, wie man es angesichts der Position von Tönnies im Verein befürchten musste: nämlich äußerst milde. Tönnies muss sein Amt für drei Monate ruhen lassen. Danach steht ihm die Möglichkeit offen, auf seinen Posten zurückzukehren.
Damit hat Tönnies die Wahl, ob er weiter macht – oder eben nicht. Eine Wahl, die ihm in dieser Form nicht hätte gestattet werden dürfen. Es kommt sogar noch besser. Der Ehrenrat kam in seinem Urteil zu dem Schluss, die Äußerungen über das Paarungsverhalten der Menschen in Afrika seien nicht rassistisch. Tönnies ist lediglich vorzuwerfen, dass er gegen das in der Vereinssatzung sowie im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen habe.
Um es polemisch zu formulieren: Alle Ausgaben für Anti-Rassismus-Kampagnen kann sich der S04 in Zukunft sparen. Denn glaubwürdig ist der Verein in diesem Punkt nicht mehr. Natürlich hat sich Tönnies entschuldigt – aber eben nur bei seinem Verein und dessen Fans. Kein Wort richtete er dabei an die Betroffenen.
Zu Recht hagelte es in den letzten Tagen Kritik an dem Urteil des Ehrenrats. „Clemens Tönnies kann so nicht mehr das Gesicht von Schalke sein“, sagte u.a. Manfred Beck von der Schalker Fan-Initiative. Ex-Schalker Hans Sarpei ist ebenfalls wenig einverstanden: „Der Ehrenrat des FC Schalke 04 hat eine Entscheidung getroffen, die aufgrund der Satzung im Ermessensspielraum liegt, in der Argumentation jedoch nicht überzeugen kann.“
Für Sarpei gehört ebenfalls dazu, „dass sich Herr Tönnies noch einmal klar und deutlich gegenüber den Afrikanern in Deutschland und in Afrika öffentlich entschuldigt.“ Ja, das wäre das Mindeste. Und falls Tönnies auch nur einen Funken Anstand und über ein gewisses Maß an Selbstreflexion verfügt, sollte er von selbst zurücktreten.
Denn der Schalke schafft es offensichtlich nicht selbst, sich von seinem mächtigsten Mann zu trennen. Damit sendet der Verein ein fatales Signal an den Fußball und die gesamte Gesellschaft: reiche weiße Männer kommen scheinbar wirklich mit allem durch.
Ral, abseits.at
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