Nach dem Fall Mesut Özil im vergangen Jahr, entbrannte in Deutschland erneut eine Debatte um das vermeintliche Fehlverhalten türkischstämmiger Nationalspieler. Ein Kommentar zu einem... Kommentar: Die Like-Affäre rund um Gündogan und Can

Nach dem Fall Mesut Özil im vergangen Jahr, entbrannte in Deutschland erneut eine Debatte um das vermeintliche Fehlverhalten türkischstämmiger Nationalspieler. Ein Kommentar zu einem komplexen und schwierigen Thema.

Bei Vorverurteilungen ist die Öffentlichkeit immer schnell dabei. So auch bei den Likes von Ilkay Gündogan und Emre Can auf Instagram für ein Foto des türkischen Nationalspieler Cenk Tosun. Es zeigt Tosun wie er und andere Mitspieler einen Treffer in einem Qualifikationsspiel per Salut feiern. Der militärische Gruß gilt der türkischen Armee, die in Nordsyrien gerade einmarschiert ist.

Gündogan und Can sagten bei Bekanntwerden unisono, sie wollten kein politisches Statement setzen, sondern nur einen Kumpel (Tosun) für sein Tor beglückwünschen. Das kann man nun glauben oder nicht. In die Köpfe der beiden deutschen Nationalspieler kann niemand reinschauen. Daher sind Behauptungen, Gündogan und Can wären Befürworter des Krieges in Syrien und ihre Aussagen nur schlechte Ausreden, auch haltlos. Die Glaubwürdigkeit der Statements wurde bereits von deutschen Politikern angezweifelt.

Was aber auch richtig ist: das Verhalten der Profis zeichnet ein geradezu groteskes Maß an Naivität aus. Beide hatten ja gesehen, welche Auswüchse der Fall Mesut Özil im vergangenen Jahr annahm. Vor allem von Gündogan konnte eigentlich mehr Sensibilität  erwartet werden, war er doch ebenfalls auf dem Foto von Özil mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sehen und musste sich danach einige Vorwürfe und Pfiffe gefallen lassen.

Gündogan und Can sind Spieler der deutschen Nationalmannschaft und damit Personen des öffentlichen Lebens. Ihre Likes auf den sozialen Netzwerken können Millionen von Followern sehen. Damit geht auch ein Maß an Verantwortung einher. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, wem und wofür sie ein Herzchen spenden. Der nächste Shitstorm ist eben nicht weit entfernt.

Ihre Sorglosigkeit in diesem Fall kann und muss man ihnen vorwerfen dürfen. Jedoch sollte die Öffentlichkeit – und damit auch deutsche Politiker – ebenso akzeptieren, dass beide sich zu dem Fall geäußert haben und jegliche politischen Implikationen verneinen. Ihre Likes haben sie mittlerweile zudem entfernt.

Doch leider werden die Debatten um dieses Thema damit wohl nicht verstummen. Die Identifikation von Gündogan und Can mit Deutschland und seinen Werten wird wieder in Frage gestellt werden. Das ist so sicher wie die Leiche in einer Tatort-Sendung.

Ohne den Bogen zu weit spannen zu wollen, eine etwas heuchlerische Diskussion, da Deutschland u.a. Waffen an zweifelhafte Regime liefert und Erdogan zumindest insoweit hofiert, als das er doch bitte keine Flüchtlinge nach Europa durchlassen soll. Aber lassen wir das.

So ekelhaft wie vorhersehbar werden auch wieder einige Kommentare im Internet sein, die vor Rassismus triefen und Gündogan sowie Can das Deutschsein absprechen. Aber auch seriöse Medien schwafeln gerne von Bekenntnissen zu Deutschland etc. Sowohl Gündogan als auch Can sind freie Menschen, die sich zu gar nichts bekennen müssen.

Es gebietet aber allein schon der Hausverstand, vielleicht kein Bild zu goutieren, das politische Statements beinhaltet und Krieg befürwortet, aus welchem Grund auch immer es entstanden oder wer darauf zu sehen ist. Gerade wenn es keine Verbindungen der eigenen Person mit Politik geben soll.

Ja, Gündogan und Can haben sich schrecklich naiv verhalten. Vielleicht kann man es einfach mal dabei belassen. Es wird wohl ein frommer Wunsch bleiben. Denn mit Nachsicht hat es die Öffentlichkeit eben nicht so.

cialis kaufen