Viele kennen Betroffene oder fühlten sich selbst schon ausgebrannt, doch wieviele sprechen darüber? Im Zuge des Projekts „Kopfsache“ werden Fälle und Lösungsansätze vorgestellt, Interviews... Projektstart: Kopfsache – Auszeit für Körper und Geist
Viele kennen Betroffene oder fühlten sich selbst schon ausgebrannt, doch wieviele sprechen darüber? Im Zuge des Projekts „Kopfsache“ werden Fälle und Lösungsansätze vorgestellt, Interviews gemacht und vielleicht wird auch der eine oder andere zum Nachdenken angeregt.

Vier Fußballportale wollen mit dem Projekt „Kopfsache“ Aufmerksamkeit erregen und für Aufklärung sorgen. 90minuten.at, abseits.at, fanreport.at und regionalliga.at nehmen sich gemeinsam den Themengebieten Burnout/Depression im Fußballsport an und werden in nächster Zeit Experten, Schiedsrichter, Trainer und Spieler zu Wort kommen lassen. Burnout und Depression stellen trotz etlicher Vorfälle nach wie vor ein Tabuthema dar. Viele sind betroffen, doch sie müssen aufgrund des enormen Leistungsdrucks dazu schweigen.

Definition Burnout laut Wikipedia: Ein Burnout-Syndrom bzw. Ausgebranntsein ist ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit.
Reduzierte Leistungsfähigkeit fällt natürlich besonders im Sport rasch auf. Man probiert, den Zustand zu verdrängen, zu überspielen, und manövriert sich dadurch immer stärker in den Teufelskreis hinein. Wir werden dieses Thema öffentlich thematisieren und möchten damit besonders die Aufmerksamkeit von Verantwortlichen und Betroffenen erregen. Lösungsansätze und Heilungsmethoden sollen vorgestellt, Burnout und Depression dadurch für alle etwas verständlicher und leichter zu akzeptieren werden.

Ein weiteres Ziel von „Kopfsache“ ist es, auf dem Fußballplatz und in den Medien für ein Umdenken zu sorgen. Jeder Spieler, Trainer, Schiedsrichter hat Respekt verdient.

Zum Start unserer Berichterstattung eine Auflistung jener Fälle, die in den vergangenen Jahren bekannt wurden:

Als einer der ersten hielt Sebastian Deisler dem übermächtigen Druck nicht mehr stand. Der Mittelfeldspieler galt als einer der begnadetsten Spieler um die Jahrtausendwende, sein Weg ging von Borussia Mönchengladbach über Hertha BSC Berlin zum FC Bayern München steil nach oben. Im Jahr 2003 setzte Deisler aufgrund von Depressionen aus, 2007 zog er endgültig einen Schlussstrich unter seine bewegte Karriere – mit 27 Jahren. 2009 erschien seine Biographie „Sebastian Deisler. Zurück ins Leben“, in der er sein Erlebtes verarbeitete.

Mit Thomas Broich scheiterte ein weiterer Shootingstar am Kampf mit dem deutschen Profifußball. Viele Erstligisten wurden Anfang 2000 auf den talentierten Spielmacher aufmerksam, als er mit Wacker Burghausen große Erfolge und den Aufstieg in die Zweite Liga feierte. 2004 wechselte „Mozart“ zu Borussia Mönchengladbach, 2006 ging es zum 1. FC Köln, wo er erneut richtig aufblühte. Für Broich bröckelte die angeblich heile Welt des Fußballprofis zusehends, der Spaß und der Biss kamen ihm abhanden. Lange spielte er die aufgetragene Rolle, 2010 wagte er nach langer depressiver Phase einen Neuanfang in Australien. Weit weg von Europa holte er mit Brisbane Roar die australische Meisterschaft und fand sein Glück wieder. Aljoscha Pause begleitete Broich über viele Jahre und verfilmte in „Tom meets Zizou“ die Karriere des beinahe von der harten Fußballwelt Zerrissenen.

Aktueller ist der Fall von Hannover 96-Ersatzkeeper Markus Miller. Wegen eines Burn-out-Syndroms trat der 29-jährige im Herbst die Flucht nach vorne an, begab sich in therapeutische Behandlung und pausierte für über zwei Monate, um sich völlig zu erholen. Diese Woche feierte er in der Europa League ein Comeback für den deutschen Bundesligisten. Ein weiteres Beispiel zu diesem Thema ist die Geschichte von Jan Simak. Der dribbelstarke Tscheche machte sich ebenfalls in der deutschen Bundesliga bei Hannover 96, Bayer Leverkusen, in Stuttgart und in Mainz einen Namen, ehe er sich aufgrund von Depressionen und Alkoholproblemen in Behandlung begab und aus dem Rampenlicht verschwand.

Doch der Leistungsdruck forderte bisher nicht nur bei den Spielern selbst, sondern auch bei den Trainern ihre Opfer. Ende September 2011 schockte Ralf Rangnick seinen Verein Schalke 04 und die ganze Fußballwelt mit seinem plötzlichen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen. Der „Fußballprofessor“ betreute zuvor den SSV Ulm, VfB Stuttgart, Hannover 96 und Hoffenheim. Nach Jahren im Profibereich war der 53-jährige nicht mehr in der Lage, die Kraft und Energie aufzubringen, um seiner Mannschaft die nötigen Impulse geben zu können. Aufgrund des Erschöpfungssydroms gab er schweren Herzens seinen Rücktritt als Trainer der Gelsenkirchener bekannt und zog sich danach vollständig aus der Öffentlichkeit zurück.
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In Österreich kam es zuletzt ebenfalls zu ähnlichen Fällen. Wacker Innsbrucks Iñaki Bea litt Ende Oktober diesen Jahres unter persönlichen Problemen und bekam von seinem Klub eine Auszeit genehmigt, um sich erholen zu können. Der Spanier war zuvor mit einigen negativen Schlagzeilen konfrontiert gewesen, die sich in einer abschließenden Entgleisung den eigenen Fans gegenüber manifestierte. Nach Überwindung seines mentalen Loches kehrte Bea kurze Zeit später in den Kader der Tiroler zurück.
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Ein weiteres Opfer des Profigeschäftes wurde Klaus Salmutter. Die Leistungsgesellschaft forderte beim 27-jährigen im Sommer 2011 ihren Tribut. Sein Verein Sturm Graz entsprach dem Wunsch von Salmutter auf Unterbrechung seiner Fußballkarriere – offiziell aus privaten Gründen. Der Vertrag wurde aufgelöst, Salmutter kann aber zu Sturm Graz zurückkehren, wenn er sich den Aufgaben wieder gewachsen fühlt.

Wahre Tragödien ereigneten sich am 10. November 2009 und am 27. November 2011. Der deutsche Nationaltorhüter Robert Enke und der walisische Nationaltrainer Gary Speed nahmen sich das Leben.

Robert Enke
Enke starb an einem Bahnübergang in Neustadt am Rübenberge im Ortsteil Eilvese – im Alter von 32 Jahren. Der verheiratete Fußballprofi hinterließ eine Frau und ein adoptiertes Kind. Seine leibliche Tochter war im Alter von drei Jahren an einem angeborenen Herzfehler gestorben. Robert Enke wusste seine Depressionen geschickt vor der Öffentlichkeit zu verbergen, über das wahre Ausmaß seiner Erkrankung wusste auch sein Verein Hannover 96 nicht Bescheid. Fußballdeutschland reagierte geschockt auf den Suizid des Torhüters, sein freiwilliges Ableben brachte Bestürzung und Trauer über das ganze Land.

Gary Speed
Zwei Jahre später beginn auch der walisische Nationaltrainer Gary Speed Selbstmord. Der 42-jährige wurde in seinem Haus erhängt aufgefunden. Speed hinterließ seine Frau und zwei Söhne. Der Profi-Fußballer war als Aktiver eine fixe Größe mit über 500 Spielen in der Premier League. Mit Leeds United gewann der Waliser die Meisterschaft, seine weiteren Stationen waren Everton, Newcastle, Bolton und Sheffield United. Insgesamt trug Sped 85 Mal das walisische Nationaltrikot, ehe er im Dezember 2010 das Amt des Nationaltrainers von John Toshack übernahm. Aus ungeklärter Ursache entschied Gary Speed am 27. November 2011 sich das Leben zu nehmen.
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Babak Rafati
Nicht nur Fußballer, auch Schiedsrichter sind von den Begleiterscheinungen des Geschäftes mit dem runden Leder nicht gefeit. Ende November 2011 wurde die deutsche Bundesliga durch den Selbstmordversuch von Babak Rafati geschockt. Der 41-jährige war für das Spiel zwischen dem 1. FC Köln und FSV Mainz 05 eingeteilt, versuchte sich aber zwei Stunden vor Beginn in seinem Hotelzimmer das Leben zu nehmen. Seine Kollegen fanden Rafati rechtzeitig, sodass der Referee gerettet werden konnte. Rafati hat in den letzten sieben Jahren über 100 Bundesligaspiele geleitet. Seit 2008 steht er auch auf der FIFA-Liste. Von den Bundesligaprofis wurde Babak Rafati allerdings mehrmals zum schlechtesten Schiedsrichter der Liga gewählt.

Erschienene Artikel von 90minuten.at zu diesem Thema:
Die letzte Bastion der Machos
Ried: Die Arbeit mit einer Psychologin ist für unsere Jugendspieler Pflicht
Wir haben ganz sicher schon bewusst auf den besten Spieler verzichtet
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Ein gemeinsames Projekt von www.90minuten.at www.abseits.at www.fanreport.at www.regionalliga.at

Daniel Mandl Chefredakteur

Gründer von abseits.at und austriansoccerboard.at | Geboren 1984 in Wien | Liebt Fußball seit dem Kindesalter, lernte schon als "Gschropp" sämtliche Kicker und ihre Statistiken auswendig | Steht auf ausgefallene Reisen und lernt in seiner Freizeit neue Sprachen

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