Warum auch Profifußballer nur Menschen sind – Zwischen Freund und Feind
Gesellschaft & Ethik 20.Juli.2012 Michael Prügl 2
Der gemeine selbsternannte Fußballexperte/Teamchef/Topstürmer vor dem Fernseher stellt sein Lieblingsteam meist nach einem Prinzip auf: „Der spielt gut, der ist im Team. Der spielt nicht so gut, der ist draußen!“ Doch wie so oft im Leben kommt es auch im Fußball nicht nur auf Talent und Können an, sondern gilt es wesentlich mehr Aspekte zu beachten: Freundschaften und Feindschaften zwischen Spielern, das Umfeld, der Trainer, das System… Auch wenn man eine noch so talentierte Elf auf den Platz schickt, wenn nicht alles passt, wird daraus auch kein Winning-Team. Inwiefern beeinflusst ein gutes oder schlechtes Verhältnis zwischen zwei Spielern das Geschehnis auf dem Platz?
Zuerst ist zu sagen, dass es sich bei Fußballern nicht um Maschinen oder Roboter, sondern um einfache Menschen handelt. Genauso einfach gestrickt wie alle anderen, Gefühle und Emotionen inklusive. Oft spricht man bei einer eingespielten Truppe vom genauen Kennen der Laufwege des jeweils anderen Spielers, eine Art von blindem Vertrauen. Eine erfolgreiche Mannschaft muss sich zumindest soweit im Griff haben und verstehen, dass man es schafft auf dem Platz miteinander auszukommen. Besser ist es natürlich, wenn die Spieler auch abseits des Platzes miteinander auskommen, eine Freundschaft zwischen zwei Spielern kann von enormem Vorteil für ein Team sein. Bestes Beispiel: Die Freundschaft zwischen Österreichs talentiertestem Kicker David Alaba und Frankreichs Antreiber Franck Ribéry. Der Franzose ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Personen für Alabas Karriere. In gewisser Weise ist er auch ein Sprungbrett, denn was wäre Alaba wohl ohne „französische“ Unterstützung?
Was wäre wenn…
Als David Alaba mit 16 Jahren zum FC Bayern kam, hatte er riesengroßes Potential. Daran hat sich nichts geändert, allerdings ist der mittlerweile 20-Jährige Stammspieler beim FC Bayern München, mit dem er heuer Vizemeister wurde, im Finale des deutschen Pokals und der Champions League stand. Einen gewissen Anteil am Erfolg des Österreichers trägt mit Sicherheit Franck Ribéry, denn seit Alaba auf der linken Abwehrseite hinter dem Franzosen spielt, zeigt er starke und konstante Leistungen. Mit Ribéry hat der Jungstar immer einen Anspielpartner, durch die Freundschaft der beiden kennen sie ihre jeweiligen Laufwege genauestens und bereiten so jeder Abwehrreihe Probleme. Zudem hält der kampfstarke Franzose Alaba auch den Rücken frei und hilft hinten aus, sollte es zu einem Gegenangriff kommen. Das neue „Traumpaar“ des FCB versteht sich auch privat und so hat Alaba in Ribéry auch einen Ansprechpartner, der die Erfahrung von 31 Champions-League- und 129 Bundesligaspielen mitbringt. Ohne Ribéry wäre Alaba aufgrund seiner unglaublichen Schnelligkeit, seines Spielverständnisses und seiner Einstellung wohl ähnlich durchgestartet, möglicherweise aber nicht so schnell. Auch wenn sowohl Ex-Trainer Louis Van Gaal und der aktuelle Bayern-Coach Jupp Heynckes viel vom Österreicher gehalten haben, in Ribéry hatte Alaba immer einen Rückhalt und Fürsprecher. Die beiden Freunde sind das beste Beispiel dafür, dass es im Fußball nicht ausschließlich auf Talent ankommt, sondern auch die Voraussetzungen stimmen müssen.
Die Kehrseite der Medaille
Natürlich geht das Ganze auch andersrum. Was wenn sich zwei Spieler ganz und gar nicht ausstehen können? Kann die Mannschaft trotzdem erfolgreich sein? Die Antwort lautet Jein. Eine Zeit lang ist es mit Sicherheit möglich, dass die Mannschaft Erfolg hat, obwohl sich zwei Spieler ganz und gar nicht verstehen, allerdings auch nur, wenn die beiden betroffenen Spieler sich zurückhalten können und irgendwie miteinander auskommen. Irgendwann kommt meist trotzdem der Punkt, an dem es nicht mehr weiter geht. Es kommt zu einem Streit, in dem möglicherweise die ganze Mannschaft auseinanderbricht.
Beispiele für gescheiterte Feindschaften innerhalb von Fußballteams gibt es mehr als genug. Aktuell zum Beispiel Stefan Maierhofer und der Neo-Ex-Salzburger Leonardo. Die beiden gerieten sich immer wieder in die Haare, Leonardo bescheinigte Maierhofer fehlendes Talent, spielte ihm im Training keine Bälle mehr zu. Das Problem zwischen den beiden ist einfach: Beide sind extrem exzentrische Spieler, beide stehen immer im Mittelpunkt. Leonardo eher mit seinen fußballerischen Gustostückerl, falls er welche zeigte, Maierhofer nicht nur als Torjäger, sondern auch als Showman und Provokateur. Trotz der Streitigkeiten, bei denen mehrmals die Fetzen flogen, blieb Leonardo lange Zeit im Kader der Bullen, es wurde immer wieder versucht die Probleme in den Griff zu bekommen. Hauptverantwortlich dafür, dass Leonardo mehr als eine Chance bekam war Ex-Trainer Ricardo Moniz. Nachdem der Brasilianer in einem Interview Maierhofer mehrmals beleidigte, war unter Neo-Trainer Roger Schmidt allerdings Schluss mit lustig: Leonardo wurde aussortiert.
Solche Geschichten wie jene zwischen Leonardo und Stefan Maierhofer sind keine Seltenheit: Im Fußball treffen sich immer wieder die verschiedensten Charaktere, da kann es schnell zu Meinungsverschiedenheiten kommen. Allerdings sollte ein Fußballprofi, der zigtausend Euro im Monat verdient, damit klar kommen und zumindest auf dem Platz professionell mit seinen Mitspielern umgehen. Das funktioniert natürlich nur, wenn man ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung und Intelligenz mitbringt, dass dies nicht immer der Fall ist, zeigten schon vor sieben Jahren Kieran Dyer und Lee Bowyer, als sich die beiden Newcastle-Profis mitten“ frameborder=“0″ allowfullscreen> auf dem Platz eine Prügelei lieferten. Auch wenn die Beiden später behaupteten, sie wären gute Freunde, ganz glaubhaft klingt dass nach diesen Schlägen nicht.
Zu einer ähnlichen Situation hätte es vielleicht auch bei der Europameisterschaft kommen können, wenn John Terry und Rio Ferdinand für die englische Nationalmannschaft nominiert worden wären. Terry, der Rio Ferdinands Bruder Anton angeblich rassistisch beschimpft hatte, musste sich deshalb auch vor Gericht rechtfertigen. Trotzdem fuhr Terry zur EM und Rio Ferdinand musste vor dem Fernseher zusehen, worüber er sich auch öffentlich brüskierte, vor allem als sich mit Gary Cahill ein Innenverteidiger verletzte und Trainer Roy Hodgson nicht Ferdinand sondern den unerfahrenen Martin Kelly von Liverpool nachnominierte. Dadurch dass er sich für Terry entschied, war die Nicht-Berücksichtigung von Ferdinand mit Sicherheit der einzig richtige Schritt – nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn Rio nachnominiert worden wäre…
Emotion
Fußball verspricht Emotionen und wo Emotionen sind gibt es auch immer Freunde und Feinde. So einfach ist es also auch als Trainer gar nicht, die richtigen elf Spieler aufzustellen, wenn diese nicht die Professionalität besitzen, sich für 90 Minuten zu verstehen. Auf der anderen Seite zeigt der Fußball auch immer wieder, wie eine Freundschaft zwischen Spielern einen Unterschied machen kann. Das blinde Verständnis und Vertrauen, welches im Optimalfall zwischen allen elf Spielern einer Mannschaft herrschen sollte, ist immens wichtig für das Spiel.
Michael Prügl, abseits.at
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