Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen... Wiederholung in Zeitlupe (17) – Der „Fußballkrieg“ (KW 28)

Jeden Sonntag wollen wir in dieser neuen Serie einen Blick in die Vergangenheit werfen: Wir spielen sozusagen einen Zuckerpass in den Rückraum und widmen uns kurz und bündig legendären Toren, Spielen, Fußballpersönlichkeiten, Ereignissen auf oder neben dem Platz und vielem mehr. Wir wollen Momente, Begebenheiten, Biografien im Stile von Zeitlupenwiederholungen aus dem TV nochmals Revue passieren lassen. Diesen Sonntag reisen wir zurück zum 14. Juli 1969, als Ausschreitungen bei einem WM-Qualispiel zum Beginn eines zweitägigen Krieges in Zentralamerika führten …

Echter Zweikampf, echte Schüsse

Schon öfters wurden in dieser Serie Ereignisse beschrieben, die weit über den sportlichen Aspekt des Fußballs hinausgingen. Heute wollen wir uns an etwas schier Unglaubliches zurückerinnern: Den vom 14. bis zum 18. Juli 1969 andauernden „Fußballkrieg“ zwischen Honduras und El Salvador. Spoiler vorab: Natürlich war der Fußball nur unmittelbarer Auslöser der militärischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Ländern, des Pudels wahrer Kern waren Streitigkeiten um rund 300.000 bettelarme Salvadorianer, die nach Honduras emigriert waren und aufgrund einer Agrarreform enteignet und zurück in ihr Heimatland geschickt werden sollten.

Schon im Juni 1969 schürten die politischen Entscheidungsträger beider Länder die schwellenden Konflikte zwischen den Nachbarstaaten. Nationalismus machte sich breit. „Wir spürten schon beim ersten Spiel in Honduras am 8. Juni, dass es um mehr ging. Es war ein Hass zu spüren, der über die sportliche Rivalität hinausging. Es ging gegen uns als Salvadorianer.“, erinnert sich Mauricio „Pipo“ Rodríguez, der später den den Krieg „auslösenden“ Treffer erzielen sollte. Drei Spiele sollten gespielt werden um zu entscheiden, wer als Repräsentant der Nord- und Zentralamerika-Gruppe zur WM-Endrunde 1970 nach Mexiko fahren dürfe. Es kam zu Ausschreitungen: Fans griffen Spieler an, die Mannschaften konnten nur mit militärischer Hilfe zu den Spielstätten eskortiert werden, Autos wurden angezündet, Menschen verletzt. Nachdem oben erwähnter Rodríguez El Salvador am 26. Juni 1969 zur WM geschossen hatte, eskaliert die Gewalt. Und zwar auf der vom Staat legitimierten Art und Weise: Krieg.

Am Abend des 14. Juli flogen Bomber auf den Flughafen von Honduras Hauptstadt Tegucigalpa, während zeitgleich salvadorische Truppe die Grenze überschritten. Honduras versuchte mit Vergeltungsschlägen die Besatzung zu verhindern, doch diese Bemühungen blieben erfolglos. Der Krieg dauerte vier Tage. Es gab rund 9.000 Opfer, von denen ein Drittel starb, der Rest wurde verletzt. Im, durch Vermittlung der Organisation Amerikanischer Staaten ausgehandelten, Friedensabkommen wurde schließlich ein Waffenstillstand vereinbart. Zusätzlich mussten sämtliche Einwanderer aus El Salvador Honduras verlassen. El Salvador hatte auf allen Ebenen verloren: Aus Mexiko musste man nach der ersten WM-Runde mit null Punkten und null Toren abreisen, an Honduras mussten Reparationen gezahlt werden, die innerstaatlichen Konflikte nahmen durch die Rückeinwanderung der Migranten immens zu. Paramilitärische Gruppen kämpften um die Vorherrschaft im Land bis es nach elf Jahren Militärdiktatur zu einem blutigen Bürgerkrieg kam. Bis heute weist das nur on 21.041 km² große Land eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit auf. Fußball ist in El Salvador kein großes Thema.

Marie Samstag, abseits.at

Marie Samstag