10 gegen 11 – wie ändert sich das Spiel mit einem Mann weniger?
Taktik & Theorie 10.Februar.2012 Alexander Semeliker 3
Beinahe so selbstverständlich wie Tore gehören Ausschlüsse mittlerweile zum Fußball dazu. Bereits 24 Mal wurde in der bisherigen Spielzeit der österreichischen Bundesliga ein Spieler vorzeitig vom Platz gestellt, damit gab es sieben Feldverweise mehr als Elfmeter. Doch was ändert sich am Spielgeschehen wenn statt 22 nur mehr 21 Spieler dem Ball hinterherjagen? Welche Konsequenzen hat es für die Defensive? Welche für die Offensive? Wie spielt man mit einem Mann weniger oder mehr?
Der Hauptgrund warum eine Mannschaft dezimiert wird ist ein Feldverweis. Ein weiterer, beliebter Auslöser dafür ist, dass sich ein Spieler verletzt und das betroffene Team bereits drei Mal gewechselt hat. Wie auch immer dieses Szenario zustande kommt, es stellt im Allgemeinen einen Nachteil für die leidtragende Mannschaft dar. Kann dieser im Kinderfußball noch leicht kompensiert werden, ist er im Erwachsenenbereich ein nicht unwesentlicher Faktor – wenn die andere Mannschaft ihr Spiel clever anlegt. Dabei ist in erster Linie entscheidend welches Team einen Spieler vorgeben muss. Als Ausgangspunkt betrachten wir folgendes Konstrukt:
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Beide Mannschaften treten im gängigen 4-2-3-1-System auf. Zunächst verliert das rote Team einen Mann um in der Folge die Unterschiede zwischen dem Fall eines Vorsprungs und jenem eines Rückstandes herauszuarbeiten.
Die defensive Ordnung bleibt gleich
Ein bewährter Schritt nach Verlieren eines eigenen Spielers ist es einen offensiven Akteur, in aller Regel einen Stürmer, zu opfern und durch eine Auswechslung mit einem defensiv gelernten zu ersetzen. Vor allem bei Ausschlüssen von Verteidigern ist dies ein probates Mittel. Weiters besteht die Möglichkeit Spieler sukzessive zurückzuziehen. Festzuhalten ist dabei allerdings, dass sich am defensiven Verbund zunächst nichts ändert.
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In der Hälfte der Roten gibt es somit kein Überzahlverhältnis zugunsten des blauen Teams, der Druck auf die ballführende Mannschaft bleibt gleich. Der einzige Vorteil, den sie hat ist, dass die Verteidiger im Spielaufbau mehr Zeit haben und diesen sauberer aufziehen können. Bereits hier erkennt man, dass es wesentlich ist wie es um den Spielstand bestellt ist.
Offensive Außen und schnelle Spielverlagerungen
Angenommen, Team „Blau“ läuft einem Rückstand hinterher und muss dementsprechend offensiv agieren. Ziel ist es die Viererkette des Gegners weit nach hinten zu ziehen. Das erreicht man zum Beispiel durch extrem hohes Stellen der Angriffsreihe oder bewusste Abseitsstellungen. Eine weitere Möglichkeit ist, zentrale defensive Mittelfeldspieler ebenfalls nach vorne zwischen die Linien zu beordern. Dadurch ergeben sich krasse Gegensätze in den beiden Spielfeldhälften. In der einen ist eine hohe Dichte an Spielern und somit auch enorm hoher Druck, während die andere völlig frei von diesem ist. Ziel ist es nun die Freiheiten, die man dort hat in noch mehr Druck umzumünzen. Die geschieht dadurch, dass man versucht die beiden Außenverteidiger extrem weit vor zu ziehen – jedoch nur soweit, dass sie im Ballbesitz noch eine offene Stellung haben, das heißt mit den Schultern zum gegnerischen Tor stehen. Der Schlüssel zum Knacken der tiefstehenden Abwehr sind also die Außenverteidiger, über die man in der Folge mit möglichst schnellen Spielverlagerungen den Gegner ermüden will.
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Im Idealfall erfolgt der Seitenwechsel nicht über drei sondern zwei Stationen, dadurch muss das Team „Rot“ selbstverständlich mehr Kraft für die Verschiebebewegung aufbringen. Unterbinden kann man dies nur schwer, da eben vorne ein zweiter Mann fehlt um das Spiel so lenken, dass es sich in einer Seite festsetzt. Die Kunst ist es den Ball solange hin und her laufen zu lassen bis die offene Stellung beziehungsweise der Abstand zum verteidigenden Spieler so groß ist, dass man auf dieser Seite durchbrechen und von der Seite für Gefahr sorgen kann.
Das Verhalten im Rückstand
Wie man sieht passiert dieses Zurückdrängen nur, weil vorne kein Druck auf den Ball ausgeübt werden kann. Wenn man also als dezimierte Truppe im Rückstand ist und auf schnelle Balleroberungen aus ist, muss man zwangsläufig Risiko gehen. So opfert man gemeinhin einen Defensivspieler und agiert in der Abwehr mit einer Dreierkette. Dafür setzt man vorne auf einen laufstarken Spieler, der das Pressing intensivieren soll. Es wird versucht das Spiel in eine Richtung zu lenken, den Gegner auf einer Seite einzuengen und somit zum Ballverlust zu nötigen. Während der Ball in der Abwehrreihe hin und her läuft gilt es die Passwege in eine Richtung zuzustellen. Dies wird so realisiert, dass zum Beispiel der ballferne Stürmer in den Raum zwischen den beiden Innenverteidigern schiebt und sein Partner zum Ball hin Druck ausübt. Damit wird ein Seitenwechsel so gut wie unmöglich. Wichtig ist, dass die gesamte Mannschaft hoch steht um nicht Gefahr zu laufen, dass der Druck, der durch das Pressing entsteht, durch einen einfachen Haken des Ballführenden gelöst wird.
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Dem Verteidiger bleibt also nur noch die Möglichkeit eines langen Balls oder ein Pass zum nahen Außenverteidiger, den dann jedoch das rote Team weiter anpressen will. Die Schwachstelle ist in obigem Bild allerdings ebenfalls sichtbar. Wenn es die blaue Mannschaft schafft sich aus der Umklammerung zu befreien und einen Wechselpass zu spielen, ist man dort extrem offen. Gewinnt man den Ball, sieht man aber auch, dass man mit vier bis fünf Spielern sofort Zug zum Tor aufnehmen kann und somit torgefährlich werden kann.
axl, abseits.at
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Alexander Semeliker
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