Bastian Schweinsteigers Rolle beim FC Bayern im Allgemeinen – und im Speziellen gegen Frankfurt (1.Halbzeit)
Taktik & Theorie 25.August.2013 Tobias Robl 0
Im zweiten Saisonspiel trafen die Bayern auf Frankfurt und gewannen 1:0. Der Schlüssel gegen deren Pressingformation: der zentrale Aufbauspieler Bastian Schweinsteiger.
Allgemeines
Die Frankfurter traten mit einem 4-4-1-1 gegen den Ball an und bauten ihre Pressinglinie noch in der Hälfte der Bayern auf, ohne jedoch besonders aggressiv anzugreifen. Zu Beginn verschoben sie weit zum Flügel, sodass sich immer wieder 4-3-3-Stellungen ergaben, die dann bei den entgegengesetzten Verschiebebewegungen zu 4-4-2-Stellungen wurden. Gegen diese Defensivformation setze Bayern im Aufbauspiel die bekannte Dreierkette bzw. das Aufbaudreieck aus Dante, Schweinsteiger und Boateng. Im Aufbau spielten Kroos und Shaqiri Achterrollen und Lahm, bzw. Alaba waren dafür zuständig – wenn nötig – Höhe und Breite zu geben, fanden sich aber auch oft in den Halbräumen wieder.
Wie Bayern das Frankfurter Pressing bespielt
Um die Mannorientierung der Frankfurter Stümer auf Bayerns Innenverteidiger aufzulösen, fiel zu Beginn des Spiels immer wieder Schweinsteiger zwischen Dante und Boateng. Er tat dies dann immer leicht nach rechts versetzt um die Stürmer der Eintracht auf diese Seite zu locken, denn das Ziel der Bayern war, die formative Lücke neben den Stürmern und vor den beiden Viererketten zu bespielen und von dort aus zwischen die Linien zu kommen. Diese Räume wurden dann von Dante, der dafür der passendere Spieler als Boateng ist, immer wieder mit Ball am Fuß angelaufen. Um Dante dann abzusichern, blieb Schweinsteiger auch gegen den Ball auf seiner Position in der Innenverteidigung.
Aber es gab noch eine zweite Angriffsmöglichkeit, die die Bayern versuchten, aber wegen der vielen 3-3-Stellungen, die die Frankfurter zu Beginn vor allem am linken Flügel kreierten, nicht spielen konnten: Hier versuchten sie mit Schweinsteiger, Shaqiri, Ribery und Alaba massive Überladungen zu schaffen, und so kombinierend zwischen die Linien zu kommen. Dabei es immer wieder Schweinsteiger, der das Spiel nach vorne tragen sollte und den Fixpunkt der Kombinationen am Flügel darstellte. Stand Schweinsteiger maximal breit mit Ball am Fuß, war immer wieder zu beobachten, dass Alaba in die Mitte zog, um den Passweg am Flügel zu öffnen und die Mitte zu überladen.
Doch es war keineswegs so, dass Schweinsteiger immer tief spielte. War die Eintracht noch nicht in der genauen Pressingformation hielt er den hohen Sechserraum um dort von einem der beiden Innenverteidiger angespielt zu werden. Das tat er auch, wenn einer der beiden Innenverteidiger den Ball gegen die kompakte Pressingformation hatte, aber nur so lange, bis der Ball im ersten Drittel der Bayern am Flügel war. Dann nämlich war er bedingt durch die Position der Frankfurter Stürmer und deren Deckungsschatten nicht anspielbar. Außerdem konnte er dann durch Abkippen Pressingsituationen, die ihren Ursprung am Flügel haben, vermeiden und Druck von Dante oder Boateng nehmen.
Im Endeffekt kann man also sagen, dass das ständige Abkippen Schweinsteigers letztlich daher rührt,
dass es in der Bundesliga, und natürlich auch auf europäischer Ebene fast keine Mannschaften mehr gibt, die kein gutes Pressing spielen. Dennoch nehmen viele Trainer den Nachteil eines unterbesetzten Zentrums in Kauf, oder lösen dieses Problem anders (inverse Außenverteidiger, Stichwort „falsche Neun“), weil sonst das gegnerische Pressing nicht konstruktiv umspielt werden kann.
Schweinsteigers Rolle als alleiniger Sechser gegen den Ball
Die Vorteile die sich für Bayern durch dieses System gegen den Ball im speziellen zwischen den beiden Viererketten ergeben sind, dass Schweinsteiger durch seine Stellung Passwegeauf den oder die Stürmer abschirmen kann, und dass der kritische Zwischenlinienraum vor der Abwehr besser geschlossen werden kann. Das ermöglicht prinzipiell eher die beiden Achter ins Pressing miteinzubinden, hat aber zur Folge, dass die Halbräume bzw. die Flügel beim Überspielen der vorderen Pressinglinien nicht so gut verteidigt werden können. Der Sechser kann zwar leitend agieren und das Spiel aus dem Zentrum auf die Flügel drängen, aber kaum Druck auf den Ball und Gegner machen.
Verschiebt Bayern aus der 4-1-4-1-Grundordnung in ihr häufig genutztes 4-1-3-2, dann muss Schweinsteiger den ganzen Raum vor der Abwehr alleine besetzen. Dafür kann Bayern aber sehr kompakt und aggressiv pressen. Schweinsteiger hat in solchen Situationen dann eher eine tiefere Grundstellung, man kann also fast sagen, dass das Bayern-Pressing diese Saison nicht die mannschaftliche Kompaktheit des letzten Jahres hat, sondern eher zweigeteilt ist.
Schweinsteiger nimmt diese tiefe Stellung aus zwei Gründen ein: Der erste ist, dass die tiefe Stellung es ihm ermöglicht, bei Bedarf in die Innenverteidigung zurückzufallen, sodass sich eine Fünferkette bildet. Das hat den Sinn, dass ein Herausrutschen der beiden eigentlichen Innenverteidiger besser abgesichert ist. Diese können dann die Spieler nach außen leiten, die den Ball nach Überspielen des Bayern-Pressings erhalten. Dort können dann Innen- und Außenverteidiger gemeinsam attackieren und versuchen den Ball wieder zu gewinnen.
Ein ähnliches Verhalten zeigt Schweinsteiger auch bei langen Bällen des Gegners: Er fällt in die Innenverteidigung zurück und ein anderer Innenverteidiger kann ins Kopfballduell gehen, oder den Angreifer solange verfolgen, bis er vom Rückwärtspressing der Bayern-Angreifer aufgefressen wird, ohne dass das Risiko besteht, dass in die verwaisten Räume des herausrückenden Innenverteidigers Bälle gespielt werden.
Anders ist Schweinsteigers Rolle allerdings, wenn Bayern ein situatives Gegenpressing spielt. Dann ist aber auch die Gefahr geringer, dass Bayern wirklich konstruktiv durch die ersten ein oder zwei Pässe überspielt wird, weil der Druck auf Ball und Gegner sehr groß ist.
Die Außenverteidiger rücken dann in die hohen Halbräume ein und bilden mit Schweinsteiger eine Dreierkette, sodass sich mit den Innenverteidigern ein 2-3 gegen den Ball ergibt. Aus dieser Formation haben die Außenverteidiger einen recht großen Zugriff auf Bälle, die auf die Außen gespielt werden. Das Zentrum ist durch die Positionierung der Spieler ja sowieso verschlossen. Wird Bayerns erste Pressinglinie überspielt, verhält sich Schweinsteiger und die Abwehr wieder so, wie oben bereits beschrieben: Es bildet sich eine Fünferkette, es wird versucht den Raum zum Tor und Gegner zu verringern und einer der Innenverteidiger rutscht steuernd und leitend aus dem flachen Verbund heraus.
Fazit
Man erkennt also, dass Schweinsteiger sicherlich der Schlüsselspieler der Bayern ist. Mit ihm steht und fällt das Münchner Spiel. Er gibt dem Spiel die Struktur im ersten Drittel, und spielt eine höchst anspruchsvolle Rolle gegen den Ball. Die Tatsache, dass dieser Artikel nur das Augenmerk auf die erste Halbzeit der Bayern gegen Frankfurt legt und ein bisschen allgemeine Beschreibungen zu Schweinsteiger liefert, zeigt, wie viel man noch über so einen Spieler schreiben könnte, was aber den Rahmen eines solchen Artikels sprengen würde.
Tobias Robl, abseits.at
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Tobias Robl
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